LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4510 06.12.2018 Datum des Originals: 06.12.2018/Ausgegeben: 11.12.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1715 vom 15. November 2018 des Abgeordneten Frank Sundermann SPD Drucksache 17/4241 Fachhochschule – wird die Kohleregion Ibbenbüren von der Landesregierung berücksichtigt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als Antwort auf die Entwicklungen des Strukturwandels in Nordrhein-Westfalen sowie um der gestiegenen Zahl der Studierenden gerecht zu werden, schuf das Land in den Jahren zwischen 2009 und 2015 drei neue Fachhochschulen (sowie eine Fachhochschule für Gesundheitsberufe) und baute zudem acht bereits bestehende Fachhochschulen aus. In einem Bericht in der Sitzung des Wissenschaftsausschusses am 12. September 2018 erklärt das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft auf Anfragen der SPD- Landtagsfraktion, dass gegenwärtig keine weiteren neuen Standorte für Fachhochschulen seitens der Landesregierung geplant seien. Darüber hinaus, so gibt der Bericht zu verstehen, würde die aktuelle Finanzlage des Landes keine weitere Schaffung von Fachhochschulstandorten in NRW erlauben. So solle sich nun eine von der Landeswissenschaftskonferenz eingerichtete Arbeitsgruppe mit diesem Thema beschäftigen. Trotzdem benennt das Ministerium gleichzeitig drei Kriterien für die Gestaltung eines Auswahlprozesses für neue Standorte, wie sie für das weitere Vorgehen, welches von besagter Arbeitsgruppe gestaltet werden soll, von „zentraler Bedeutung“ seien. Dies seien neben der landeshochschulpolitischen Bedeutung auch die Bedeutung für die Region sowie die Finanzierung. In der Antwort (Drucksache 17/1702) auf die Kleine Anfrage 517 beschreibt die Landesregierung, dass Neugründungen von Fachhochschulen, wie im Jahr 2009, den vom Rückzug des Steinkohlebergbaus besonders betroffenen Regionen eine sehr konkrete und nachhaltig wirksame Zukunftsperspektive mit erheblichen positiven Sekundäreffekten biete. Mehr noch: In einer Rede in einer Plenarsitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen erklärte der damalige Wissenschafts- und heutige Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (u.a. heute zuständig für den erfolgreichen Strukturwandel) am 30. Januar 2009: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4510 2 „Durch die Vorgaben des Wettbewerbs und die hervorragenden Bewerbungen aus den Regionen erreichen wir (…) zudem, dass die vom Rückzug des subventionierten Steinkohlebergbaus betroffenen Regionen eine sehr konkrete und eine sehr nachhaltig wirksame Zukunftsperspektive erhalten.“ Das Kohlerevier Ibbenbüren steht vor denselben Herausforderungen wie das Ruhrgebiet, in dem es zu mehreren Fachhochschulgründungen gekommen ist. Der Bergbau hat die Region nachhaltig geprägt. Mit Ablaufen dieses Jahres endet das Kapitel des Steinkohlebergbaus in der Region endgültig. Dann schließen die letzten beiden Schachtanlagen Oeynhausen und Am Nordschacht. Zwar wird der Rückzug aus der Grube einige Jahre dauern, so dass die Standorte der RAG Anthrazit Ibbenbüren GmbH nicht sofort wegfallen, doch befinden sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bereits in einem laufenden Prozess der sogenannten „Kohlekonversion“, um den Strukturwandel zu gestalten und das entstehende Vakuum der einstigen Kohleförderung zu füllen. Hierbei geht es vor allem um eine künftige innovative Nutzung der Areale für eine zukunftsweisende Struktur der Region. Der gesamte Prozess setzt dabei auf eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und geschieht unter Einbezug sachverständiger Immobilien- und Planungsbüros. Derzeit beschäftigt sich zudem die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ mit den Herausforderungen des Strukturwandels u.a. in der Region des Rheinischen Reviers. Im Zuge dessen hat die Landesregierung ihrerseits Ideen und Forderungen für die weitere Entwicklung des Reviers formuliert, so z. B. die Schaffung von Fachhochschulen. Jüngst konnte man den Medien entnehmen, dass die EU-Kommission derzeit die Gründung von 20 Europa-Universitäten fördert. Die Landesregierung strebt nun an, eine solche Fachhochschule zwischen Venlo und Nettetal zu schaffen. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 1715 mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Gab (oder gibt) es seitens der Landesregierung Überlegungen und Planungen, einen Hochschulstandort oder Teilstandort in der Kohleregion Ibbenbüren zu gründen? 2. Bewertet die Landesregierung die strukturpolitische Bedeutung einer möglichen Hochschule in der Kohleregion Ibbenbüren so, wie sie es für die Standorte im Ruhrgebiet und im Rheinischen Revier sieht? 3. Sieht die Landesregierung ähnliche bzw. nicht ähnliche Voraussetzungen und Notwendigkeiten wie im Rheinischen Revier? 4. Warum sieht die Landesregierung ähnliche bzw. nicht ähnliche Voraussetzungen und Notwendigkeiten für die Kohleregion Ibbenbüren? Die Fragen 1 bis 4 werden zusammen beantwortet. Nordrhein-Westfalen verfügt über ein dichtes und vielfältiges Netz von Hochschulen in staatlicher und privater Trägerschaft. Überlegungen zur Errichtung einer neuen Hochschule LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4510 3 oder eines weiteren Hochschulstandortes werden in erster Linie unter bildungspolitischen Perspektiven zu treffen sein. Dabei können natürlich auch allgemeine strukturpolitische Überlegungen eine Rolle spielen. An alle Kommunen und Regionen Nordrhein-Westfalens werden insoweit gleiche Bewertungsmaßstäbe angelegt. Die Hochschulen können darüber hinaus selbständig Studienorte errichten; dazu benötigen sie das Einvernehmen des Ministeriums. Bei den in diesen Zusammenhängen anzustellenden Prüfungen werden Anforderungen aus der Region an den Ausbau von bestimmten Fachqualifikationen und zur Entwicklung innovativer Studienangebote eine Rolle spielen. Darüber hinaus ist zu bewerten, wie Innovation, Bedarf und finanzielles Engagement aus der Region miteinander in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Bezogen auf die Kohleregion Ibbenbüren wird auch hinsichtlich der möglichen Errichtung von Studienorten berücksichtigt werden müssen, dass sich etwa 35 km von Ibbenbüren entfernt der Standort Steinfurt der Fachhochschule Münster befindet. 5. Wurde seitens der Landesregierung eine Bewertung der Euregio-Region mit einem Standort in der Kohleregion Ibbenbüren für die von der EU-Kommission geförderte Gründung von Europa-Universitäten geprüft? Bei dem von der Europäischen Kommission ausgeschriebenen Förderprogramm "Europäische Hochschulen" handelt es sich um ein Pilotprojekt, mit dem unterschiedliche Kooperationsmodelle zwischen bereits existierenden Hochschulen entwickelt und getestet werden sollen. Das Programm und die Größenordnung der bereitstehenden Mittel zielen nicht auf die Gründung einer neuen Hochschule ab.