LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4595 14.12.2018 Datum des Originals: 13.12.2018/Ausgegeben: 19.12.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1741 vom 19. November 2018 des Abgeordneten Frank Sundermann SPD Drucksache 17/4276 Soziokulturelle Zentren Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zwischen dem Verband der Hotel- und Gaststätten und Gewerkschaft Nahrung-Genuss- Gaststätten (NGG) wurde ein Tarifvertrag verhandelt. Es wurde bei der Landesregierung beantragt, diesen Tarifvertrag allgemeinverbindlich zu erklären. Betroffen von diesem neuen Tarifvertrag sind auch soziokulturelle Zentren, die einen gemeinnützigen Zweck verfolgen und in der Regel ein gastronomisches Angebot haben. Die Bezahlung der unteren Entgeltgruppen liegt nun aufgrund des Tarifvertrags über dem Mindestlohn, was grundsätzlich sehr zu begrüßen ist. Doch die soziokulturellen Zentren sind hierdurch finanziell offenbar signifikant betroffen, so dass dies zu Mehrbelastungen führt, obwohl die Zentren den Gastronomiebetrieb nutzen, um ihre gemeinnützige Arbeit mitzufinanzieren. Gleichzeitig werden die sogenannten „Big Player“ der Systemgastronomie, wie bspw. McDonald’s, BurgerKing und ExtraBlatt, von diesen Regelungen ausgenommen. Diese müssen sich in der Folge nicht an die Tarifbindung halten, während die gemeinnützigen Zentren betroffen sind. Dies trifft umso mehr zu, als das der Tarifvertrag auch für 2017 rückwirkend für gültig erklärt werden soll. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1741 mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4595 2 1. Wie schätzt die Landesregierung die oben beschriebene Situation ein? Die Landesregierung befürwortet ausdrücklich die mit dem Tarif-autonomie-Stärkungsgesetz umgesetzten Gesetzesänderungen zur Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen und begrüßt gemein-same Anträge der Tarifvertragsparteien auf Allgemeinverbindlich-erklärung. Der Entgelttarifvertrag vom 20. April 2016 – in Kraft getreten am 1. Mai 2016 für das Gaststätten- und Hotelgewebe in Nordrhein-Westfalen, abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gast-stätten in Nordrhein-Westfalen und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Nordrhein-Westfalen e.V., erstmals kündbar mit einmonatiger Frist zum 31. Juli 2018, wurde auf Empfehlung des Tarifausschusses mit Wirkung vom 1. August 2016 vom Minister für Arbeit, Integration und Soziales am 20. September 2016 mit Einschränkungen für allgemeinverbindlich erklärt. Der Entgelttarifvertrag wurde fristgerecht zum 31. Juli 2018 gekündigt. Ein erneuter gemeinsamer Antrag der Tarifvertragsparteien auf Allgemeinverbindlicherklärung liegt dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales nicht vor. Die Allgemeinverbindlicherklärung vom 1. August 2016 umfasst fachlich alle Betriebe in Nordrhein-Westfalen, die gewerbsmäßig beherbergen und/oder Speisen und Getränke abgeben. Hierzu gehören auch z.B. Betriebe der Handelsgastronomie, der Gemeinschaftsverpflegung und der Caterer. Zum fachlichen Geltungsbereich gehören ebenfalls sonstige Dienstleister, die branchentypische Aufgaben des Gastgewerbes in Institutionen oder anderen Unternehmen übernehmen. Die soziokulturellen Zentren fallen somit unter den Geltungsbereich des Entgelttarifvertrags und unter die Allgemeinverbindlicherklärung vom 1. August 2016, soweit sie nicht einem anderen Entgelttarifvertrag in der Gastronomie über Verbandsmitgliedschaft unterfallen und diesen anwenden. 2. Warum werden für Systemgastronomen Ausnahmen geschaffen, jedoch für Einrichtungen, wie etwa soziokulturelle Zentren, welche mit der Gastronomie ihre gemeinnützige Arbeit mitfinanzieren, nicht? Die Allgemeinverbindlicherklärung vom 1. August 2016 erstreckt sich nicht auf Betriebe und Unternehmen, die dem jeweils gültigen, zwischen dem Bundesverband der Systemgastronomie e.V. (München) und der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten vereinbarten Entgelttarif-vertrag bzw. dem jeweils gültigen Spezialentgelttarifvertrag für die Mitgliedsunternehmen der Systemgastronomie der Landesverbände im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e.V., ebenfalls vereinbart mit der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten, unterfallen und diesen anwenden. McDonald´s und Burger King sind Mitglieder im Bundesverband der Systemgastronomie e.V. und unterfallen somit dem bundesweiten Entgelttarifvertrag für die Systemgastronomie und nicht dem Entgelt-tarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Nordrhein-West-falen. Die Ausnahme resultiert somit aus der Anwendung eines anderen Entgelttarifvertrages. Sie ist damit keine (willkürliche) privilegierende Ausnahme, sondern Ausdruck der Tarifautonomie. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4595 3 3. Wird die Landesregierung für soziokulturelle Zentren ebenfalls eine Ausnahme schaffen? Für die Landesregierung zeichnen sich faire Arbeitsbedingungen vor allem auch durch eine angemessene Entlohnung aus. Der beste Grad-messer für die Angemessenheit sind dabei die Vereinbarungen der Tarifpartner. Eine möglichst weitgehende Berücksichtigung von Tariflöhnen ist deshalb für die Landesregierung unter Wahrung der Tarif-autonomie ein wichtiges Ziel. Dies gilt auch und gerade für Arbeitgeber, deren Arbeit mit einer öffentlichen Förderung unterstützt wird. Unabhängig von der Tatsache, dass der relevante Tarifvertrag zum 31. Juli 2018 gekündigt wurde, widersprächen Ausnahmen von der Allgemeinverbindlichkeit gerade für Unternehmen im durch öffentliche Mittel bezuschussten sozialen Bereich den arbeits- und sozialpolitischen Zielsetzungen, die die Landesregierung u.a. im Hinblick auf die Stärkung der Sozialpartnerschaft und der Tarifbindung verfolgt. 4. Mit welchen konkreten Maßnahmen unterstützt die Landes-regierung soziokulturelle Leistungszentren im gesamten Land? Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen unterstützt die sozio-kulturellen Zentren aus Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft durch eine Institutionelle Förderung der Geschäftsstelle der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren Nordrhein-Westfalen e.V. sowie durch Projektmittel für sparten- und themenüber-greifende Vorhaben, für Maßnahmen mit dem Schwerpunkt Migration/ Flucht, für Kooperationen mit Kommunaltheatern sowie für Projekte der Kulturellen Bildung. Dazu fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft die Weiterentwicklung von künstlerischen Schwerpunkten in derzeit neun sozio-kulturellen Zentren für die Dauer von drei Jahren (2018 - 2020) mit insgesamt 960.000 Euro. Darüber hinaus stehen zahlreiche weitere Förderlinien und Programme der Landesregierung Nordrhein-Westfalen den soziokulturellen Zentren offen. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung zur Verbesserung der Situation von soziokulturellen Zentren? Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft beabsichtigt, die sozio-kulturellen Zentren in dieser Legislaturperiode, beginnend ab 2019, weiter zu stärken. Die soziokulturellen Zentren ermöglichen eine breite Teilhabe am kulturellen Leben. Damit sie ihre Arbeit kontinuierlich fortsetzen und innovativ weiterentwickeln können, werden Selbstorganisation und Qualitätsentwicklung gestärkt werden. Dazu werden bereits Gespräche mit der LAG Soziokultureller Zentren Nordrhein-Westfalen geführt.