LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4601 14.12.2018 Datum des Originals: 13.12.2018/Ausgegeben: 19.12.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1716 vom 16. November 2018 des Abgeordneten Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/4242 Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aus meteorologischer Reflexion war das nun zu Ende gehende Jahr 2018 ein Superlativ. Der lang anhaltende Niederschlagsmangel in Verbindung mit der damit einhergehenden eklatanten Verdunstung ließ die Flüsse bundesweit auf rekordverdächtige wie lang anhaltende Niedrigstände fallen. Wo gewöhnlich das Wasser stand, gaben Gewässer vielerorts ihre längst vergessen erschienene, wahrlich explosive Vergangenheit preis. Vornehmlich aus dem 2. Weltkrieg stammende Kampfmittel und sonstige unheilvolle Hinterlassenschaften aus dieser Zeit führten in einigen Bundesländern zu einem deutlichen Anstieg solcher Funde bzw. zu vermehrten Einsätzen der für Sicherheit und Beseitigung zuständigen Organisationen vor Ort. Experten stufen Kampfmittel – von einfacher Infanteriemunition über Tarnnebelbehälter bis hin zur Luftmine - auch nach Jahrzehnten im Wasser als potenziell gefährlich ein. Sedimente und Verkrustungen können das gefährliche Innere auch bei starker Durchrostung verbergen. Zufälliges, wie fahrlässiges Bewegen oder gar das vorsätzliche Aufsuchen und das Mitnehmen von Sprengkörpern durch Minderjährige und illegale Militariasammler sei stets eine unkalkulierbare Gefahrenquelle. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1716 mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Ist es im Betrachtungszeitraum von 2014 bis 2018 zu spürbar mehr Kampfmittelfunden und –beseitigungen NRW-weit gekommen als sonst registriert wurden? 2. Welche Kampfmittel wurden im Zeitraum von 2014 bis 2018 jeweils in den fünf einzelnen Regierungsbezirken von Nordrhein-Westfalen gefunden und beseitigt? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4601 2 Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die statistischen Angaben zu Kampfmittelfunden in den Jahren 2014 bis 2018 sind in der Anlage beigefügt. Die Zahl der aufgefundenen Kampfmittel ist im Betrachtungszeitraum anhaltend hoch. Sie variiert lediglich in einzelnen Munitionsarten und den Brutto- bzw. Nettomasseangaben. Dies ist aber bedingt durch die Variationsbreite der aufgefundenen Kampfmittel. Eindeutige Trends lassen sich daher aus den vorliegenden Daten nicht ableiten. 3. Welche regierungsseitigen Vorkehrungen haben Sie im noch laufenden Jahr getroffen, um gerade an den großen nordrhein-westfälischen Fließgewässern der durch Niedrigwasser steigenden potenzieller Gefahr mittels ausreichender räumlicher Absicherung und den Umständen nach notwendigen Evakuierungen vorzubeugen? Ein signifikant höheres Aufkommen an Kampfmitteln im Bereich von Gewässern im Zusammenhang mit fallenden Wasserständen durch die anhaltende Trockenheit wurde in Nordrhein-Westfalen nicht festgestellt. Lediglich am Rhein gab es temporär in der Zeit vom September bis Oktober 2018 eine erkennbare Erhöhung des Fundaufkommens. Zusätzlich gab es noch einzelne Funde in z. B. Weser, Ems, Lippe und verschiedenen Kleingewässern. Da durch den Rhein als starkes Fließgewässer ständig Schrott und gelegentlich auch Kampfmittel angeschwemmt werden, ist an den Rheinufern grundsätzlich immer - selbst nach einer präventiven Absuche - mit Kampfmitteln zu rechnen. Dies ist den für die Gefahrenabwehr zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden bekannt. Da der Anteil der niedrigwasserbedingten Zufallsfunde sich als relativ gering darstellt, besteht hier derzeit kein besonderer Handlungsbedarf. Eine zusätzliche Sensibilisierung der Bevölkerung erfolgte durch die Presseberichterstattung und die entsprechende Begleitung der Bezirksregierungen. 4. Sehen Sie infolge der prognostizierten klimatischen Veränderungen Handlungsbedarf bei der finanziellen, organisatorischen, personellen und technischen Ausstattung der für das Aufspüren, dem Sichern, für das eventuelle Evakuieren und der Beseitigung von Kampfmitteln beteiligten bzw. zuständigen Organisationen? Die finanzielle, organisatorische, personelle und technische Ausstattung der beiden Kampfmittelbeseitigungsdienste unterliegt einer regelmäßigen Überprüfung. Wie in der Antwort zur Frage 3 dargestellt, besteht derzeit kein erhöhter Handlungsbedarf. 5. Welche zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz von Leib und Leben haben Sie sowohl zur Sensibilisierung als auch für die Eigensicherung insbesondere von Berufstätigen und Kundschaft von Schifffahrt, Fischerei, Wassersport und für die Bediensteten bei der Wasserschutzpolizei vorgesehen? Im Rahmen des Arbeitsschutzes und der Anwendung der Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften hat eine Sensibilisierung hinsichtlich berufsbedingter Gefahren zu erfolgen. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 3 verwiesen. Anlage Kampfmittelfunde 2014 - 2018 zur Kleinen Anfrage 1716 des Abgeordneten Jürgen Berghahn der Fraktion der SPD „Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit“, LT-Drs. 17/4242 Seite 1 Kampfmittelfunde in 2018 (Fundmenge bis zum 30.09.2018 - vorläufige Zahlen) Anzahl Bruttomasse [kg] Nettoexplosivstoffmasse [kg] Bomben (alle Arten) 2.138 61.342,20 30.290,30 Granaten 6.429 20.583,43 2.254,42 Minen 25 150,00 100,00 Handgranaten u. ä. 312 302,90 101,34 Sprengmittel u. ä. 565 123,60 103,63 Infanteriemunition 1 1.009,10 100,91 Munitionsteile 1 4.886,04 244,30 Gesamt 9.469 88.397,26 33.194,91 Aufgeteilt nach Bezirksregierungen Bereich Bereich NRW BR Arnsberg BR Detmold BR Münster BR Düsseldorf BR Köln Bomben (alle Arten) 931 84 739 178 206 2.138 Granaten 86 29 1.941 1.060 3.313 6.429 Minen 1 2 3 10 9 25 Handgranaten u. ä. 20 5 11 63 213 312 Sprengmittel u. ä. 34 5 113 107 306 565 Infanteriemunition Munitionsteile Gesamt 1.072 125 2.807 1.418 4.047 9.469 1 Bei Infanteriemunition und Munitionsteilen werden keine Stückzahlen sondern nur Massen erfasst. Anlage Kampfmittelfunde 2014 - 2018 zur Kleinen Anfrage 1716 des Abgeordneten Jürgen Berghahn der Fraktion der SPD „Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit“, LT-Drs. 17/4242 Seite 2 Kampfmittelfunde in 2017 Anzahl Bruttomasse [kg] Nettoexplosivstoffmasse [kg] Bomben (alle Arten) 1.946 85.962,00 35.758,70 Granaten 5.090 31.267,12 2.913,84 Minen 132 784,00 513,80 Handgranaten u. ä. 511 584,50 212,76 Sprengmittel u. ä. 1.259 248,05 200,35 Infanteriemunition 1 1.786,75 178,68 Munitionsteile 1 10.848,60 542,43 Gesamt 8.938 131.481,02 40.320,56 Aufgeteilt nach Bezirksregierungen Bereich Bereich NRW BR Arnsberg BR Detmold BR Münster BR Düsseldorf BR Köln Bomben (alle Arten) 144 43 80 316 1.363 1.946 Granaten 106 83 234 807 3.860 5.090 Minen 0 3 0 4 125 132 Handgranaten u. ä. 21 15 6 124 345 511 Sprengmittel u. ä. 41 15 658 194 352 1.259 Infanteriemunition 1 Munitionsteile 1 Gesamt 312 159 978 1.445 6.045 8.938 Anlage Kampfmittelfunde 2014 - 2018 zur Kleinen Anfrage 1716 des Abgeordneten Jürgen Berghahn der Fraktion der SPD „Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit“, LT-Drs. 17/4242 Seite 3 Kampfmittelfunde in 2016 Anzahl Bruttomasse [kg] Nettoexplosivstoffmasse [kg] Bomben (alle Arten) 1.392 61.927,80 28.919,40 Granaten 7.965 28.298,16 2.808,06 Minen 64 291,20 114,00 Handgranaten u. ä. 834 635,00 225,40 Sprengmittel u. ä. 1.800 748,50 637,75 Infanteriemunition 1 3.023,02 302,30 Munitionsteile1 16.739,05 836,95 Gesamt 12.055 111.662,73 33.843,86 Aufgeteilt nach Bezirksregierungen Bereich Bereich NRW BR Arnsberg BR Detmold BR Münster BR Düsseldorf BR Köln Bomben (alle Arten) 123 44 110 740 375 1.392 Granaten 252 134 124 2.896 4.559 7.965 Minen 0 2 3 13 46 64 Handgranaten u. ä. 32 19 73 247 463 834 Sprengmittel u. ä. 69 12 77 971 671 1.800 Infanteriemunition 1 Munitionsteile 1 Gesamt 476 211 387 4.867 6.114 12.055 Anlage Kampfmittelfunde 2014 - 2018 zur Kleinen Anfrage 1716 des Abgeordneten Jürgen Berghahn der Fraktion der SPD „Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit“, LT-Drs. 17/4242 Seite 4 Kampfmittelfunde in 2015 Anzahl Bruttomasse [kg] Nettoexplosivstoffmasse [kg] Bomben (alle Arten) 1.098 72.888,60 35.014,60 Granaten 5.217 30.786,86 3.479,16 Minen 119 653,20 390,80 Handgranaten u. ä. 814 819,20 296,25 Sprengmittel u. ä. 2.398 1.714,15 1.678,79 Infanteriemunition 1 1.805,00 180,50 Munitionsteile 1 8.752,00 437,60 Gesamt 9.646 117.419,01 41.477,70 Aufgeteilt nach Bezirksregierungen Bereich Bereich NRW BR Arnsberg BR Detmold BR Münster BR Düsseldorf BR Köln Bomben (alle Arten) 164 60 90 290 494 1.098 Granaten 402 39 127 797 3.852 5.217 Minen 0 3 1 6 109 119 Handgranaten u. ä. 27 3 12 213 559 814 Sprengmittel u. ä. 14 44 123 70 2.147 2.398 Infanteriemunition 1 Munitionsteile 1 Gesamt 607 149 353 1.376 7.161 9.646 Anlage Kampfmittelfunde 2014 - 2018 zur Kleinen Anfrage 1716 des Abgeordneten Jürgen Berghahn der Fraktion der SPD „Niedrigwasser und das explosive Erbe der deutschen Vergangenheit“, LT-Drs. 17/4242 Seite 5 Kampfmittelfunde in 2014 Anzahl Bruttomasse [kg] Nettoexplosivstoffmasse [kg] Bomben (alle Arten) 927 62.177,20 30.573,90 Granaten 7.059 25.332,02 2.687,32 Minen 148 536,00 137,60 Handgranaten u. ä. 1.024 1.028,70 344,42 Sprengmittel u. ä. 938 276,90 239,54 Infanteriemunition 1 1.925,00 192,50 Munitionsteile 1 14.822,50 741,13 Gesamt 10.096 106.098,32 34.916,41 Aufgeteilt nach Bezirksregierungen Bereich Bereich NRW BR Arnsberg BR Detmold BR Münster BR Düsseldorf BR Köln Bomben (alle Arten) 108 115 50 287 367 927 Granaten 1.518 185 54 1.288 4.014 7.059 Minen 11 5 0 10 122 148 Handgranaten u. ä. 165 15 22 128 694 1.024 Sprengmittel u. ä. 108 12 163 251 404 938 Infanteriemunition 1 Munitionsteile 1 Gesamt 1.910 332 289 1.964 5.601 10.096