LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4670 21.12.2018 Datum des Originals: 21.12.2018/Ausgegeben: 27.12.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1772 vom 29. November 2018 des Abgeordneten Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/4373 Kein Meisterbonus für alle: Sind nordrhein-westfälische Meister schlechtere Meister? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In 2016 haben in NRW rund 2100 Industriemeisterinnen und -meister sowie rund 3.700 Handwerksmeisterinnen und -meister die Meisterprüfung abgelegt. Dies ist eine großartige Leistung. In NRW erhalten Handwerksmeister ebenso wie staatlich geprüfte Industriemeister nach erfolgreichem Abschluss dennoch keinen sogenannten Meisterbonus. In derzeit neun anderen Bundesländern wird dieser Bonus in Höhe von 1000 bis 4000 Euro gezahlt. Der Meisterbonus stellt eine hohe Motivierung und auch eine Wertschätzung nach dem erfolgreichen Abschluss dar. Lediglich solche Handwerksmeisterinnen und -meister, die eine eigene Existenz gründen, können einen Bonus in Höhe von 7500 Euro beantragen. Die CDU/FDP-Koalition lehnt in ihrem Koalitionsvertrag eine Akademisierung von klassischen Ausbildungsberufen ab und verspricht, die berufliche Weiterbildung zu unterstützen und zu fördern. Dazu gehört auch die Meisterausbildung. Ferner heißt es: „Nordrhein-Westfalen steht in der Verantwortung, die besten Rahmenbedingungen für die Ausbildung der Fachkräfte von morgen, für die Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten und für die Qualifizierung von beschäftigungslosen Menschen zu schaffen.“ Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1772 mit Schreiben vom 21. Dezember 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Industrie, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Wie erklärt die Landesregierung – auch vor dem Hintergrund der Versprechungen im Koalitionsvertrag – die Tatsache, dass in NRW kein genereller Meisterbonus / LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4670 2 Meisterprämie bei bestandener Prüfung gezahlt wird, sondern nur auf Antrag eine relativ geringe „Gründungsprämie“ für Handwerksmeister und –meisterinnen? Die Meistergründungsprämie wurde bereits im Jahr 1995 aufgrund eines breiten Konsenses aller seinerzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeführt. Die Förderrichtlinie zur Meistergründungsprämie wurde bewusst so ausgestaltet, dass nur Handwerksmeister/-innen in den Genuss der Förderung kommen können. Es handelt sich also um eine Maßnahme der Handwerksförderung. Damit soll ein qualifiziertes Gründungsgeschehen im Handwerk sichergestellt werden. Zur Frage eines Meisterbonus/einer Meisterprämie siehe Antwort zu Frage 5. 2. Welchen Stellenwert haben nach Auffassung der Landesregierung die Meisterabschlüsse in der Industrie im Vergleich zum Handwerk? Für die Landesregierung sind die berufliche und die akademische Bildung gleichwertig. Seit langem setzt sich die Landesregierung auch für die Stärkung der höheren Berufsbildung und der Meisterqualifikation ein, unabhängig davon, ob es sich um Meisterinnen und Meister aus dem Handwerk, der Industrie oder auch aus der Land- und Forstwirtschaft handelt. Die berufliche Bildung ist für eine erfolgreiche Entwicklung unserer Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbar und eröffnet vielfältige Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten. Die Annahme des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) durch die Bildungsminister der EU im April 2008 bildete die Grundlage für die Entwicklung eines Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (DQR). In diesem werden Qualifikationen, die an Schulen, in der beruflichen Bildung oder an Hochschulen erworben worden sind, einer achtstufigen Skala zugeordnet. Auf diese Weise sollen Bildungsgänge und -abschlüsse aus Deutschland europaweit verständlicher werden, damit Lernende und Beschäftigte, die einen Bildungsgang oder eine Arbeitsstelle im Ausland aufnehmen bzw. antreten möchten, ihr Qualifikationsniveau besser darstellen können. Nach einer einjährigen Erprobungsphase wurde der DQR (Einführung, Matrix und Glossar) im März 2011 veröffentlicht. In der Folgezeit wurden verschiedene Qualifikationen, darunter die dualen Ausbildungsberufe, die Meisterqualifikation sowie Hochschulabschlüsse, den Niveaus des DQR zugeordnet. Perspektivisch sollen auch für non-formale Qualifikationen Zuordnungen vorgenommen werden. Bei der Einordnung von Ausbildungsabschlüssen in den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) haben Bund und Länder sowie Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter die berufliche Ausbildung entscheidend gestärkt. Im Stufenmodell ordneten sie Bachelor und sämtliche Meistertitel als gleichwertig ein (Stufe 6). 3. Wieso werden beide Meisterzweige unterschiedlich behandelt? Es ist keine Ungleichbehandlung zu erkennen, gerade weil die Meistergründungsprämie kein Bonus für eine bestandene Meisterprüfung, sondern für eine Betriebsgründung im Handwerk ist. Alle Industrie- und sonstigen Meister können andere Instrumente der Gründungsförderung in Anspruch nehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4670 3 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Umsetzung des im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Versprechens, die berufliche Weiterbildung zu unterstützen? Die Landesregierung unterstützt mit verschiedenen Instrumenten die berufliche Weiterbildung: Die Landesregierung baut den Bildungsscheck Nordrhein-Westfalen deutlich aus: Die aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung stehenden Fördermittel wurden im Jahr 2018 von fünf auf acht Millionen Euro erhöht. Bis zum Jahr 2020 steigt dieser Betrag auf bis zu 30 Millionen Euro pro Jahr an, um die berufliche Fort- und Weiterbildung der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Zudem wurde der Adressatenkreis der Förderung erweitert: Neben Beschäftigten in mittleren und kleineren Unternehmen und Berufsrückkehrenden können künftig auch Selbstständige einen Antrag stellen. Und: Die Landesregierung erleichtert den Zugang zum Förderprogramm, indem nun auch moderne E-Learning-Angebote unterstützt werden können, bei denen sich die Kursgruppe auf einer Lernplattform trifft. Die Bildungsschecks richten sich an Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen und setzen Anreize zum lebensbegleitenden Lernen. Im Rahmen des Programms erhalten Beschäftigte in mittelständischen Unternehmen, Berufsrückkehrende und künftig auch Selbstständige einen Zuschuss von 50 % auf berufliche Weiterbildungskosten (bis zu einem Maximalbetrag von 500 Euro). Das geförderte Weiterbildungsspektrum reicht von fachlichen Kompetenzen, über IT-Knowhow bis hin zu klassischen Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit, Führung und Konfliktmanagement. Seit dem Start des Programms im Jahr 2006 haben über 480.000 Bildungsschecks die berufliche Weiterbildung von Beschäftigten ermöglicht. 80.000 kleine und mittlere Betriebe profitierten davon. Eine kostenlose Beratung wird in 250 Beratungsstellen in ganz Nordrhein- Westfalen angeboten. Zur Unterstützung der beruflichen Weiterbildung zählt auch die Förderung der beruflichen Bildungsinfrastruktur durch Investitionen in die Modernisierung der überbetrieblichen Bildungsstätten. Überbetriebliche Berufsbildungsstätten (ÜBS) leisten einen zentralen Beitrag zur Qualitätssicherung in der beruflichen Ausbildung im Dualen System und in der beruflichen Fort- und Weiterbildung. Sie stellen eine flächendeckende Bildungsinfrastruktur auf hohem Niveau sicher. Für ÜBS stehen neben EFRE-Mitteln im Rahmen des Projektaufrufs Fachkräfte.NRW der Landesregierung auch Haushaltsmittel zur Verfügung. Die Mittel dafür wurden in 2018 von 2 auf 4 Mio. Euro pro Jahr verdoppelt. Für das Jahr 2019 sieht der Haushalt des zuständigen Arbeitsministeriums eine weitere Verdoppelung auf 8 Mio. Euro vor. Die Digitalisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung ist zentrale Voraussetzung für eine zukunftsfeste berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen. Um die digitale Ausstattung an Berufskollegs als schulischer Lernort der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu verbessern, hat die Landesregierung den Aufruf „Fachkräfte.NRW“ geöffnet, für den sich ab sofort öffentliche und freie Berufskollegs bewerben können. Für die Modernisierung der digitalen Infrastruktur stehen damit 10 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Viele Berufskollegs verfügen bereits über gute Digitalisierungskonzepte, da der Blick auf die berufliche Wirklichkeit und die dort eingesetzten Technologien selbstverständlich ist. Die Förderung ermöglicht nun, die Digitalisierung an den Berufskollegs weiter voranzutreiben und in die Modernisierung der Bildungsinfrastruktur, insbesondere die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4670 4 technischen Ausstattungen, zu investieren. Dadurch verbessert sich auch die Qualität der beruflichen Vorbereitung der Lernenden auf die Arbeitswelt. Die Investitionskosten in die digitale Ausstattung können zu 50 % aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert werden. Berufskollegs, die in strukturschwachen Regionen des Landes liegen, können zusätzlich 30 % aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ nach dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes erhalten. 5. Gibt es Pläne, eine generelle Meisterprämie in NRW einzuführen? Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen begrüßt die im Koalitionsvertrag des Bundes vereinbarten Ziele zur Erleichterung des beruflichen Aufstiegs. Diese sehen u.a. den Abbau finanzieller Hürden durch weitere Verbesserungen beim Unterhaltszuschuss, durch Meisterund Erfolgsboni sowie durch die Erstattung von Prüfungs- und Lehrgangsgebühren. Auch die Stärkung der digitalen Kompetenzen in der beruflichen Bildung wird als wichtiges Ziel benannt. Nach Auskunft des Bundesministerium für Bildung und Forschung werden sowohl die Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungs-gesetzes (AFBG, Aufstiegs-Bafög) als auch die Novelle des Berufsbildungsgesetzes (in dem die vereinbarten festen Fortbildungsstufen eingeführt werden sollen) im Wesentlichen im Laufe des Jahres 2019 durchgeführt und sollen zum 1.Januar 2020 in Kraft treten. Die Einführung eines landesspezifischen, übergangsweisen Meister-bonus hält die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr für sinnvoll. Vielmehr wird sie gegenüber der Bundesregierung regelmäßig auf eine zügige Umsetzung der Gesetzesvorhaben, insbesondere der Einführung eines Meisterbonus/einer Meisterprämie drängen.