LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/468 29.08.2017 Datum des Originals: 29.08.2017/Ausgegeben: 01.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 166 vom 3. August 2017 der Abgeordneten Monika Düker und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/292 Mindereinnahmen des Landes durch die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Grunderwerbsteuer ist eine Landessteuer, ihr Aufkommen steht den Ländern zu. Das Land Nordrhein-Westfalen beteiligt seine Gemeinden und Gemeindeverbände in Höhe des Verbundsatzes an vier Siebteln der Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer. Die Beteiligung der Kommunen an diesem steuerlichen Aufkommen wurde nachdem sie von CDU und FDP abgeschafft wurde, durch SPD und GRÜNE wieder eingeführt. Zum 01.01.2015 hatte die Rot- GRÜNE Vorgängerregierung den Grunderwerbsteuerhebesatz um 1,5 Prozentpunkte auf 6,5 Prozent angehoben. Diese Erhöhung war Teil eines Maßnahmenpakets zur Sanierung des Landeshaushalts bestehend aus Konsolidierungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Verbesserung der Einnahmesituation des Landes. Insbesondere die FDP stand der Erhöhung ablehnend gegenüber. In einem Entschließungsantrag (Drs: 16/7643) der Fraktion hieß es: „Nordrhein-Westfalen darf auch im Standortwettbewerb der Bundesländer nicht noch mehr an der Steuerschraube drehen und trauriger bundesweiter Spitzenreiter bei der Steuerbelastung für die breite Mitte unserer Gesellschaft sein.“ Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP ist nun Folgendes zur Grunderwerbsteuer festgelegt: „In einem ersten Schritt werden wir eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Freibetrages bei der Grunderwerbsteuer für selbst genutztes Wohneigentum starten. In Nordrhein- Westfalen werden wir dann einen Freibetrag in Höhe von 250.000 Euro pro Person bei selbst genutztem Wohneigentum einführen. Kinder sollen darüber hinaus berücksichtigt werden.“ Darüber hinaus verspricht die neue Landesregierung im Koalitionsvertrag zur Umgehung der Grunderwerbsteuer durch sogenannte Share Deals aktiv zu werden. Bei Share Deals handelt es sich um einen Unternehmenskauf durch den Erwerb von Anteilen einer zum Verkauf stehenden Gesellschaft. Hierbei wird keine Grunderwerbsteuer fällig, wenn sich das LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/468 2 zivilrechtliche Eigentumsverhältnis nicht verändert und nur bis zu 95 Prozent der Anteile übertragen werden. Durch dieses Steuerschlupfloch profitieren vor allem große Marktteilnehmer, der öffentlichen Hand entgehen jedoch jährlich Millionenbeträge. Die Rot- GRÜNE Landesregierung hatte sich bereits für eine Absenkung der Beteiligungsgrenze eingesetzt. Derzeit erarbeitet die Finanzministerkonferenz einen Lösungsvorschlag zur Schließung des Steuerschlupflochs. Im Bundestag wurde jedoch ein Antrag der GRÜNEN Fraktion zur Schließung dieses Steuerschlupfloches durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 50 Prozent (18/8617) von der Großen Koalition in Berlin abgelehnt. Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 166 mit Schreiben vom 29. August 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung stellt fest, dass die Wohneigentumsquote in Deutschland trotz historisch niedriger Zinsen seit Jahren stagniert und im europäischen Vergleich extrem niedrig ist. Insbesondere Haushalten mit geringerem Einkommen und jungen Familien ist der Erwerb von Wohneigentum oftmals nicht möglich. Sie verfügen regelmäßig nur über eine geringe Kapitalausstattung und werden vor allem durch die im internationalen Vergleich hohen Erwerbsnebenkosten besonders belastet. Nach Überzeugung der Landesregierung ist Wohneigentum in der Hand von natürlichen Personen ein wesentlicher Baustein für eine gute Altersversorgung der Bevölkerung und damit förderungswürdig. Ein im Laufe des Erwerbslebens abbezahlter, der Eigennutzung dienender Wohnimmobilienbesitz trägt dazu bei, die Kosten für das Wohnen im Alter kalkulierbarer zu machen und einer eventuell in dieser Lebensphase drohenden Abhängigkeit von staatlichen Unterstützungsleistungen entgegen zu wirken. Zudem bedeutet ein Eigenheim gerade für Familien ein großes Stück Planungssicherheit, womit es zu einem gelingenden Familienleben einen wichtigen Beitrag leisten kann. Die Landesregierung hält es daher als Antwort auf die zweimalige Steuersatzerhöhung bei der Grunderwerbsteuer auf Initiative der Vorgängerregierung für geboten, die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Familien zukünftig bei der Schaffung von angemessenem Wohneigentum zu unterstützen. 1. In welcher Höhe würden für den Landeshaushalt Mindereinnahmen durch die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer anfallen? Bitte die Herleitung der Prognose darstellen. Es ist geplant, die Bundesregierung mittels einer Bundesratsinitiative aufzufordern, zeitnah einen Gesetzentwurf einzubringen, der auf der Grundlage vorstehender Überlegungen im bundesgesetzlich geregelten Grunderwerbsteuergesetz für Erwerbe von selbstgenutzten Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen und den Erwerb unbebauter Grundstücke zur Bebauung mit den genannten Gebäudearten durch natürliche Personen eine entsprechende Freibetragsregelung vorsieht. Die Landesregierung begrüßt, dass sich aus verschiedenen Wahlprogrammen und Länderkoalitionsverträgen ein breites gemeinsames Bestreben zur Förderung der Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junger Familien bei der Bildung von Wohneigentum ableiten lässt. Auch vor diesem Hintergrund hält die Landesregierung eine angemessene Beteiligung des Bundes an den durch die neue LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/468 3 Begünstigung entstehenden Mindereinnahmen der Länder für geboten. Die Höhe der Mindereinnahmen wird von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme und der Beteiligung des Bundes abhängen. 2. In welchen Etatpositionen plant die Landesregierung die durch die Freibeträge entstehenden Mindereinnahmen gegen zu finanzieren? Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Die Frage der Gegenfinanzierung stellt sich daher zurzeit nicht. 3. Aus welchen Gründen wären die notwendigen Kürzungen zur Gegenfinanzierung der zu erwartenden Mindereinnahmen aus Sicht der Landesregierung gerechtfertigt? Auf die Ausführungen zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Wie ist der Sachstand des Arbeitsprozesses der Finanzministerkonferenz zur Schließung des Steuerschlupflochs bei Share Deals? Die Landesregierung bringt sich aktiv in die Diskussion und den Prozess der Verhinderung von sogenannten „Share Deals“ auf Bundesebene ein, die nur das Ziel haben, Grunderwerbsteuer durch Großinvestoren zu umgehen. Die von den Finanzministerinnen und Finanzministern der Länder eingesetzte länderoffene Arbeitsgruppe Share Deals arbeitet intensiv an einer Lösung. 5. In welcher Höhe können Mehreinnahmen nach Schätzung der Landesregierung durch die Beseitigung der Möglichkeit zur Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Share Deals generiert werden? Die Höhe eventueller Mehreinnahmen wird von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme abhängen.