LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/469 30.08.2017 Datum des Originals: 29.08.2017/Ausgegeben: 04.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 134 vom 26. Juli 2017 der Abgeordneten Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/232 Präventionsprogramm Wegweiser Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Jahr 2014 ging das bis heute vorbildliche Wegweiser-Programm mit zunächst drei Beratungsstellen an den Start. Heute arbeiten bereits 13 Beratungsstellen erfolgreich daran, junge Menschen vom Einstieg in die neosalafistische Szene abzubringen. Bis zum Ende des Jahres 2016 gingen ca. 5.500 Anfragen bei Wegweiser ein, in über 1.800 konkreten Anfragen wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wegweiser beratend tätig und haben über 750 Informations- und Sensibilisierungsveranstaltungen durchgeführt. Bisher liegen uns jedoch keine nähren Statistiken zu den Eckdaten wie Geschlecht und Alter der Beratungsnehmerinnen und Beratungsnehmer vor. Diese Angaben sind jedoch für eine Analyse des Phänomens ebenso wie zur Identifizierung von möglichem Nachbesserungsbedarf im Wegweiser-Programm notwendig. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 134 mit Schreiben vom 29. August 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, der Ministerin für Schule und Bildung, dem Minister der Justiz, der Ministerin für Kultur und Wissenschaft sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Präventionsprogramm „Wegweiser – Gemeinsam gegen gewaltbereiten Salafismus“ startete 2014 zunächst als Modellvorhaben mit drei Beratungsstellen vor Ort (in Düsseldorf, Bochum und Bonn). Nachdem sich das aus den Erfahrungen dieser Anlaufstellen erwachsene Bedürfnis nach einer dezentral organisierten Beratungsinfrastruktur verfestigt hatte und das Interesse nach Beratungs- und Betreuungsleistungen sowie nach Aufklärungsarbeit stetig anstieg, wurde das Wegweiser-Programm nach einer ersten Ausbaustufe 2015 ab 2016 in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/469 2 eine Regelstruktur überführt. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden, auch mit Blick auf eine geplante wissenschaftliche Evaluation des Gesamtprogramms, weitergehende und differenzierte Daten bei den Wegweiser-Anlaufstellen abgefragt. Die im Rahmen dieser Kleinen Anfrage abgefragten detaillierten Daten stehen demzufolge nicht vollumfänglich zur Verfügung. 1. Wie viele Anfragen gingen bei den Wegweiser-Beratungsstellen seit ihrem Bestehen ein? (Bitte nach Jahren auflisten.) Die Anzahl der bei den Wegweiser-Beratungsstellen eingegangenen Anfragen (dazu zählen Beratungen des sozialen Umfelds sowie allgemeine Anfragen zu Informationsmaterialen, Fachvorträgen, Presseanfragen, usw.) zum Stichtag 30.06.2017 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Jahr Anzahl 2014/2015 3.617 2016 1.856 2017 (bis 30.06.) 2.656 8.129 insgesamt Aus diesen Anfragen heraus sind die in Frage 3 thematisierten sogenannten Betreuungsfälle entstanden. Außerdem wurden darüber hinaus über 1.200 Sensibilisierungsmaßnahmen (z. B. Veranstaltungen, Vorträge, Workshops, usw.) durchgeführt. 2. Über welchen Weg bzw. über welche Personen gingen die Anfragen bei den Wegweiser-Beratungsstellen seit ihrem Bestehen ein? (Bitte nach Jahren auflisten.) Die Wegweiser-Anlaufstellen sind vertraglich verpflichtet, entsprechende Daten für eine sich in Vorbereitung befindliche wissenschaftliche Evaluation vorzuhalten. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen diese Daten in der abgefragten detaillierten Form der Landesregierung nicht vor. Eine Abfrage bei den Wegweiser-Anlaufstellen war im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Nach den bisherigen Erfahrungen, auch durch die vom Ministerium des Innern betriebenen Wegweiser-Hotline, melden sich jedoch vor allem Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie das erweiterte persönliche Umfeld von sich möglicherweise radikalisierenden in der Regel jungen Heranwachsenden. 3. Wie viele Beratungsfälle wurden seit dem Bestehen der Wegweiser- Beratungsstellen aufgenommen? (Bitte nach Jahren, Geschlecht und Alter der Beratungsnehmerinnen und Beratungsnehmer aufschlüsseln.) Neben den in Frage 1 thematisierten Anfragen und Sensibilisierungsmaßnahmen richtet sich das Wegweiser-Programm als Bestandteil der Frühintervention konkret auch an die Menschen, die bereits mit der salafistischen Szene sympathisieren oder in diese abzurutschen drohen. Die Zahl dieser sogenannten Betreuungsfälle stellt sich wie folgt dar, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die einzelnen Fälle aufgrund der vielschichtigen Problemlagen sowie des unterschiedlichen Einbindungsgrads des Expertennetzwerks vor Ort (Jugendämter, Polizeibehörden, Familienberatungsstellen, Jobcenter, Moscheegemeinden, Schulen, usw.) einen weit divergierenden Betreuungsaufwand auslösen können: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/469 3 Bis zum 31.12.2016 wurden insgesamt 388 Personen in den Wegwei-ser-Beratungsstellen betreut. Hiervon waren 312 männlich und 76 weiblich. 77 Betreute waren Kinder unter 14 Jahre und 197 waren Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. Bis zum 30.06.2017 ist die Zahl der betreuten Personen auf insgesamt 507 angestiegen. Hiervon waren 409 männlich und 98 weiblich. 93 waren Kinder unter 14 Jahren und 285 waren Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren. 4. Wie viele der unter Frage 3 erfragten Beratungsfälle sind noch in Beratung, wurden erfolgreich abgeschlossen oder abgebrochen? (Bitte nach Jahren, Geschlecht und Alter der Beratungsnehmerinnen und Beratungsnehmer aufschlüsseln.) Bei der Beratungsarbeit der Wegweiser-Betreuerinnen und Betreuer handelt es sich um einen langfristigen Prozess, der auf Nachhaltigkeit angelegt ist. Dementsprechend laufen von den 507 Beratungsfällen 209 bereits seit einem längeren Zeitraum und dauern weiterhin an. In den 298 übrigen Fällen konnten durch die Beratung der Wegweiser-Anlaufstellen unter positiver Einbeziehung des Umfelds Betroffene in andere Hilfssysteme überführt sowie Perspektiven und kurzfristige Lösungsansätze aufgezeigt werden. Aber auch diese Fälle sind nicht vollends abgeschlossen. Zum einen bleiben die Betreuerinnen und Betreuer von Wegweiser weiterhin mit dem Umfeld in Kontakt, zum anderen ist es ihr Ziel, den Kontakt zu den Betroffenen selbst auch über den eigentlichen Beratungsvorgang aufrecht zu erhalten. Mit den Trägern der Wegweiser-Anlaufstellen ist vertraglich vereinbart, dass nur die Fallzahlen, aber nicht Dauer und Umfang der Beratung in den Einzelfällen quartalsmäßig der Landesregierung berichtet werden. Die Wegweiser-Beratungsstellen sind jedoch verpflichtet, die Daten für eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation vorzuhalten, die für 2018 vorgesehen ist. 5. Wie sehen die Pläne der Landesregierung für den Ausbau der Prävention, insbesondere des Wegweiser-Programms, aus? Der gesamte Bereich der Prävention hat für die Landesregierung eine hohe Bedeutung und soll in Zukunft weiter ausgebaut werden. Ergänzend zu den bereits tätigen 13 Anlaufstellen befinden sich derzeit fünf weitere Anlaufstellen im Aufbau. Im kommenden Jahr besteht die Planung, sieben weitere einzurichten, so dass Ende 2018 in insgesamt 25 Anlaufstellen Betreuerinnen und Betreuer tätig sein werden.