LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4736 03.01.2019 Datum des Originals: 03.01.2019/Ausgegeben: 08.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1786 vom 3. Dezember 2018 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/4421 Wie viel Abwärme aus Braunkohlekraftwerken wird in NRW genutzt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für eine ehrliche Debatte über die Herausforderungen eines Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung muss neben der Bedeutung dieses Energieträgers für die Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen, auch über die Auswirkungen auf die Wärmeversorgung in unserem Bundesland gesprochen werden. Diese darf dabei aber nicht überbewertet werden, denn ein Großteil der Braunkohlekohlekraftwerke verfügt nicht über eine optimale Auskopplung der anfallenden Wärmepotenziale. Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie machte am 23. August 2018 im Deutschlandfunk folgende Aussage: "Hier ist es notwendig, dass der Braunkohle Tagebau sich auch entwickeln muss, damit die Kraftwerke arbeiten können, von denen die Energieversorgung bei Strom, aber auch bei Wärme, in diesem Land zentral abhängig sind“1. Laut Zahlen der Bundesnetzagentur (BNetzA) haben die in Betrieb befindlichen Braunkohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen eine elektrische Gesamtleistung von fast 11.000 Megawatt (MW). Die genutzte thermische Leistung aller Braunkohlekraftwerke betrug nach Daten von Energiestatistik.NRW im Jahr 2013 jedoch nur 1.950 MW. Neuere Daten sind bisher nicht veröffentlicht. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1786 mit Schreiben vom 3. Januar 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1 https://www.deutschlandfunk.de/streit-um-hambacher-forst-bund-droht-mit-ausstieg-ausder .1766.de.html?dram:article_id=426225 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4736 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Bedeutung der Braunkohle für den Wärmemarkt erschließt sich nicht nur über ihren Einsatz als Brennstoff in Kraftwerken mit Wärmeauskopplung zur leitungsgebundenen Wärmeversorgung, sondern auch über den Einsatz von Veredelungsprodukten überwiegend im dezentralen Energiemarkt. So wurden von den in 2017 im Rheinischen Revier geförderten 91,2 Mio. t Braunkohle rund 80,7 Mio. t in der Strom- und Fernwärmeerzeugung eingesetzt und 10,2 Mio. t in der Veredelung (incl. Selbstverbrauch)1. [1] DEBRIV Bundesverband Braunkohle „Braunkohle in Deutschland – Daten und Fakten 2017“; Stand März 2018) Die Veredelungsprodukte Briketts, Braunkohlenstaub, Wirbelschichtkohle und Koks werden dann weit überwiegend in industriellen und häuslichen Feuerungen eingesetzt. 1. Über jeweils wie viel thermische und elektrische Leistung verfügen die in NRW in Betrieb befindlichen Kraftwerke, die überwiegend mit dem Rohstoff Braunkohle betrieben werden? (Bitte je Kraftwerksblock und insgesamt für die Jahre 2014 bis 2018 angeben) Die nachfolgende Tabelle weist in Betrieb befindliche Braunkohlekraftwerke in Nordrhein- Westfalen aus, bei denen Wärmeauskopplung stattfindet. Berücksichtigt werden dabei Erzeugungsanlagen ≥ 10 Megawatt (MW) Netto-Nennleistung gemäß der Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur (BNetzA; Stand 19.11.2018), die angibt, ob ein Kraftwerksblock Wärme auskoppelt. Die Kraftwerksliste des Umweltbundesamtes (UBA)2 wiederum enthält Angaben zur thermischen Wärmeauskopplungskapazität (in MW „Fernwärmeleistung“) für Kraftwerke mit einer elektrischen Leistung über 100 MW. Es liegen aber keine Angaben dazu vor, in welchem Umfang diese Auskopplungsmöglichkeit genutzt wird. Blockscharfe Daten zu abgegebenen Wärmemengen (in Terrawattstunden TWh) wurden daher dem KWK- Evaluierungsbericht3 aus dem Jahre 2018 entnommen. [2] Umweltbundesamt: „Kraftwerke in Deutschland ab 100 Megawatt elektrischer Leistung“ (UBA Kraftwerksdatenbank; Stand 2018) [3] Bericht „Evaluierung der Kraft-Wärme-Kopplung – Analysen zur Entwicklung der Kraft- Wärme-Kopplung in einem Energiesystem mit hohem Anteil erneuerbarer Energien“, Auftraggeber Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, erstellt durch prognos et al., Berlin 15. August 2018 (Quellen: BNetzA, EUTL, Destatis, Eigene Berechnungen Öko-Institut) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4736 3 Betreiber/ Kraftwerksname Block Netto- Nennleistun g [MW] BNetzA Fernwä rmeleistun g [MW] aus [2] Ausgekoppelte Wärme [TWhth] aus [3] RWE Power Niederaußem G 628 245 0,1 Neurath D 607 4,5 0,1 E 604 4,5 Bemerkung: Seit 10/2017 Fernwärmeanbindung an KW Neurath zur Sicherstellung KWK-Versorgung nach Überführung Frimmersdorf Blöcke P+Q in die Sicherheitsbereitschaft (01.10.17). Weisweiler G 663 91,5 0,4 H 656 91,5 Fortuna Nord 15 k.A 0,7 Veredelun g) Frechen/Wachtberg 176 251 1,3 (Veredelu ng) Ville/Berrenrath 98 k.A. 0,5 (Veredelu ng) Martinswerk GmbH Kraftwerk K1/ TG1 10 k.A. 0,5 Kraftwerk K2/ TG2 10 k.A. Venator Germany GmbH HKW Sacht -leben 27,5 k.A. 0,4 Papierfabrik Schoellershammer H. A. Schoeller Söhne GmbH & Co KG Kesse l 4 9,3 k.A. 0,2 Pfeifer&Langen GmbH Werk Euskirchen Kesse l 4/6 14,5 k.A. 0,2 Pfeifer&Langen GmbH Werk Jülich Kesse l 5 23,2 120 0,3 Rhein-Energie AG HKW Merkenich Block 6 75,3 168 0,3 Smurfit Kappa Zülpich K06 19,5 k.A. 0,4 Ausgekoppelte Wärmeenergie gesamt: 5,4 TWh Eine zeitliche Aufschlüsselung der in der Tabelle aufgeführten Daten ist wegen fehlender Verfügbarkeit nicht möglich. In diesem Zusammenhang ist jedoch festzustellen, dass die KWK- Nettowärmeerzeugung auf Basis Braunkohle im zeitlichen Verlauf vergleichsweise nur wenig variiert (siehe Antwort zu Frage 2) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4736 4 2. Welchen Anteil an der Fernwärme hatte die Wärme aus Braunkohlekraftwerken für die Jahre 2014 bis 2018? (Bitte getrennt für die einzelnen Jahre und Anteil am Fernwärmeaufkommen und am Fernwärmeverbrauch angeben) Nachfolgend wird die Nettowärmeerzeugung (in TWh) in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Basis des Energieträgers Braunkohle in Bezug zur gesamten KWK-Nettowärmeerzeugung tabellarisch dargestellt. Die Daten (vorliegend bis zum Jahr 2016 einschließlich) wurden vom Umweltbundesamt für Deutschland insgesamt erhoben und weisen aus, dass die KWK- Nettowärmeerzeugung auf Basis Braunkohle im zeitlichen Verlauf vergleichsweise nur wenig variiert. Jahr KWK- Nettowärmeerzeugung Braunkohle [TWh] KWK- Nettowärmeerzeugung gesamt [TWh] Prozentuale Anteil Braunkohle an gesamter KWK- Nettowärmeerzeugung [%] 2016 18,0 223,8 8% 2015 18,0 216,6 8,3% 2014 17,5 208,3 8,4% Zum Vergleich: 2010-2014 17,4 – 18,9 203,4 – 216,6 8,2% – 8,4% Quelle: Homepage Umweltbundesamt (Datenquellen: Statistisches Bundesamt, Öko-Institut, UBA), Stand: 11/2017 Für den Einsatz des Brennstoffes Braunkohle (in Petajoule) bei der Strom- und Wärmeerzeugung in Heizkraftwerken können folgende Daten – ebenfalls vorliegend bis zum Jahre 2016 einschließlich - für Nordrhein-Westfalen und Deutschland insgesamt angegeben werden: Jahr Brennstoffeinsatz für die Strom- und Wärmeerzeugung in Heizkraftwerken einschließlich Fremdbezug [in Petajoule] Deutschland Brennstoffeinsatz gesamt [in Petajoule PJ] 1 PJ = 0,278 TWh Anteil Braunkohle am Brennstoffeinsatz 2016 442,4 12% 2015 417,7 13% 2014 400,3 12% Nordrhein-Westfalen Brennstoffeinsatz gesamt [in Petajoule] Anteil Braunkohle am Brennstoffeinsatz 2016 87,37 7% 2015 75,77 8% 2014 72,61 6% Quellen: AGFW (Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V.), AGFW Hauptbericht 2016 (August 2017), AGFW Hauptbericht 2015, AGFW Hauptbericht 2014 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4736 5 3. Wie viele Haushalte sind aktuell an eine leitungsgebundene Wärmeversorgung aus Braunkohlekraftwerken angeschlossen? Zur Beantwortung der Frage, wie viele Haushalte aktuell an eine leitungsgebundene Wärmeversorgung aus Braunkohlekraftwerken angeschlossen sind, liegen keine Daten vor. Die Anzahl der Hausübergabestationen in Nordrhein-Westfalen im Fernwärmenetz wird vom Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V. (AGFW- Hauptbericht 2016) mit 106.250 (für Wassernetze) und rund 1.400 (für Dampfnetze) angegeben. 4. Inwiefern unterstützt die Landesregierung leitungsgebundene Wärmeversorgung und welche Ziele hat sie sich diesbezüglich gesetzt? Die Landesregierung sieht die Bedeutung des Wärmemarktes zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Sie bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag zu dem geplanten Ausbau der Fernwärmeschienen an Rhein und Ruhr, um das Potenzial für eine effiziente Wärmeversorgung aus KWK und industrieller Abwärme zu heben und will hocheffiziente und klimafreundliche KWK-Anlagen als wesentliches Element für den erfolgreichen Neustart der Energiewende unterstützen.