LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4741 04.01.2019 Datum des Originals: 04.01.2019/Ausgegeben: 09.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1780 vom 30. November 2018 der Abgeordneten Serdar Yüksel, Carina Gödecke, Prof. Dr. Karsten Rudolph SPD Drucksache 17/4391 Versorgung und Transport von Mutter und Kind nach Notfallentbindung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund der angespannten Situation in der Geburtshilfe kommt es vermehrt vor, dass Mütter in Kliniken ohne Neugeborenenstation bzw. Neugeborenen-Intensivstation entbinden müssen. Treten während der Entbindung allerdings Komplikationen auf, müssen die Säuglinge daher oft in ein anderes Krankenhaus verlegt werden, um dort die bestmögliche Versorgung auf einer entsprechenden Neugeborenenstation zu erhalten. Viele Mütter lassen sich daraufhin ebenfalls verlegen, um möglichst schnell wieder in der Nähe ihres Kindes zu sein. In der Regel übernimmt die jeweilige Krankenkasse die Kosten für den Transport der Mutter und die Verlegung nicht, da diese als Wahlleistungen deklariert werden. Zudem kann nicht immer gewährleistet werden, dass auch für die Mutter eine Unterbringung im Krankenhaus mit Neugeborenenstation möglich ist. Mangels eines Anspruchs der Mutter auf gemeinschaftliche Verlegung erfolgen hier Trennungen von Mutter und Kind in der kritischen Frühphase, beziehungsweise entstehen durch die Verlegung hohe Kosten für den Transport. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1780 mit Schreiben vom 4. Januar 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landesregierung ist eine gute und verlässliche geburtshilfliche Versorgung von Mutter und Kind ein wichtiges Anliegen. Je nach Risiko-einschätzung benötigen Mütter und Kinder vor, während und nach der Geburt unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte geburtshilfliche Versorgung. Gemäß der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen (QFR-RL) werden Schwangere gemäß festgelegter Aufnahme- und Zuweisungskriterien in Einrichtungen der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4741 2 Versorgungs-stufe I - IV aufgenommen und versorgt. Dabei soll eine Trennung von Mutter und Kind, wenn irgendwie möglich, vermieden werden. Zur Vermeidung von Verlegungen nach der Geburt werden Schwangere vor der Aufnahme oder bei einer Veränderung des Zustands nach Aufnahme bereits vor der Geburt in eine Einrichtung mit höherer perinatologischer Versorgungsstufe verlegt. Nachgeburtliche Neugeborenen-transporte und mögliche Trennungen von Mutter und Kind nach der Geburt werden damit auf unvorhersehbare Notfälle beschränkt. 1. Wie stellt sich die Versorgung mit Neugeborenenstationen bzw. Neugeborenen- Intensivstationen in Nordrhein-Westfalen dar? Der Bereich der Neugeborenenversorgung wird in Nordrhein-Westfalen entsprechend des aktuell noch gültigen Krankenhausplans Nordrhein-Westfalen 2015 nicht gesondert ausgewiesen. Deshalb sind die angefragten Daten nicht aus den Feststellungsbescheiden zu entnehmen. Um dennoch Daten bereitstellen zu können, wurde eine Abfrage über die Bezirksregierungen durchgeführt. Aufgrund der kurzen zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit ist die Rückmeldung eventuell nicht vollständig. In Nordrhein-Westfalen gibt es insgesamt 146 Krankenhäuser mit geburtshilflichen Stationen. Diese führen jeweils eine Neugeborenen-station oder eine Neugeborenen-Intensivstation. Die Versorgung mit Neugeborenenstationen bzw. Neugeborenen-Intensivstationen stellt sich in den einzelnen Regierungsbezirken wie folgt dar (Stand: 30. November 2018): Regierungsbezirk Arnsberg: 24 Neugeborenenstationen und 8 Neugeborenen-Intensivstationen Regierungsbezirk Detmold: 9 Neugeborenenstationen und 5 Neugeborenen-Intensivstationen Regierungsbezirk Düsseldorf: 43 Neugeborenenstationen Es ist nicht bekannt, wie viele dieser Neugeborenenstationen auch eine Neugeborenen- Intensivstation umfassen. Regierungsbezirk Köln: 27 Neugeborenenstationen und 8 Neugeborenen-Intensivstationen Regierungsbezirk Münster: 12 Neugeborenenstationen und 10 Neugeborenen-Intensivstationen. Betrachtet man die Verteilung der klinischen Geburten auf die Versorgungsstufen zeigt sich, dass in Nordrhein-Westfalen 38,9 % der Geburten in Kliniken der höchsten Versorgungsstufe stattfinden, 7,3 % in Einrichtungen der Versorgungsstufe II, 8,6 % der Versorgungsstufe III und 45,1 % in Einrichtungen der Versorgungsstufe IV (Vergleiche QS-NRW 2018 - Jahresauswertung 2017 Geburtshilfe – 16/1. BQS-Institut, Seite 72). Im Jahr 2017 gab es in Nordrhein-Westfalen 19.915 Verlegungen (11,6 % aller Geburten) von Neugeborenen in eine Kinderklinik. Die häufigsten Gründe für eine Verlegung waren u.a. Störungen im Zusammenhang mit kurzer Schwangerschaftsdauer, geringem Geburtsgewicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4741 3 oder Atemnot (Vergleiche QS-NRW 2018 - Jahres-auswertung 2017 Geburtshilfe – 16/1. BQS- Institut, Seite 71). Wie viele der Verlegungen dabei innerhalb eines Krankenhauses oder in ein benachbartes Krankenhaus stattgefunden haben, ist der Landes-regierung nicht bekannt. 2. Wie schätzt die Landesregierung vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Kassenleistungen die Situation von Müttern ein, die aufgrund von Entbindungskomplikationen in andere Krankenhäuser verlegt werden wollen? Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 60 SGB V i. V. Kranken-transport-RL) umfassen die Ansprüche der Versicherten Fahrkosten im Zusammenhang mit Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen, wenn diese aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig sind. Bei Verlegungsfahrten in ein anderes Krankenhaus haben die Kranken-kassen ebenfalls die Fahrkosten abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung zu übernehmen, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist (vgl. § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Für die Übernahme der Kosten eines Krankentransports durch die Krankenkassen muss der Krankenhausarzt unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit, eine Verlegung aus medizinischen Gründen verordnen (vgl. Landesvertrag über Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Die Situation der notfallmäßigen Verlegung eines Kindes kurz nach der Geburt in eine perinatologische Versorgungseinrichtung ist eine belastende Situation für die Mutter. Der Wunsch der Mutter beim Kind zu sein und auch verlegt zu werden, ist - auch unter dem Aspekt des Aufbaus einer frühen Mutter-Kind-Beziehung - verständlich. Unabhängig davon muss die medizinische Notwendigkeit geprüft und verordnet werden. Dabei können u.a. auch mögliche psychische und soziale Aspekte eine Verlegung im Einzelfall rechtfertigen. Die der Aufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen unterliegende AOK Rheinland/Hamburg und die AOK NordWest prüfen in derartigen Fällen wohlwollend das Vorliegen medizinischer Gründe auch im Hinblick auf psychische und soziale Aspekte, die eine Kostenübernahme für den Transport dieser Mütter begründen können. Nach Informationen der beiden AOK‘en sind dort bisher keine Einzelfälle bekannt, in denen die Fahrkosten nicht getragen wurden. Bei einer Verlegung von Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 g stellt sich die Lage wie folgt dar: Die Qualitätssicherungs-Richt-linie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) des Gemeinsamen Bundesaus-schusses bestimmt die Etablierung eines Stufenkonzepts für Kliniken und legt die Mindestanforderungen an die Struktur-und Prozessqualität bei der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen fest. Zusätzlich werden auch die Aufnahme und Verlegungsfahrten geregelt. Bei bestehender medizinischer Notwendigkeit der Verlegung des Frühgeborenen werden gem. § 5 Abs. 6 der Qualitätssicherungs-Richtlinie auch die Kosten der Verlegung für die Mutter übernommen. Dies wird geprüft und im Einzelfall entsprechend entschieden. Für Väter und Mütter ohne eigene Behandlungsnotwendigkeit umfassen die Leistungen der Krankenkassen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten (hier des Kindes) sowie die Erstattung eines ggf. entstehenden Verdienstausfalls der Begleitperson (vgl. §11 Abs. 3 SGB V). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4741 4 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um Mütter zu unterstützen, die aufgrund von Komplikationen nach der Geburt von ihren Kindern getrennt stationär behandelt werden müssen? 4. Wie unterstützt die Landesregierung die betroffenen Mütter bei den auftretenden Verlegungskosten, die größtenteils nicht von den Krankenkassen übernommen werden? Auf Grund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. Erkenntnisse, die ein Handeln erforderlich machen, liegen der Landesregierung bislang nicht vor.