LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 04.01.2019 Datum des Originals: 03.01.2019/Ausgegeben: 09.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1792 vom 4. Dezember 2018 der Abgeordneten Inge Blask SPD Drucksache 17/4428 Datenabfrage Verbraucherinsolvenzberatung Regierungsbezirk Münster Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland ist laut dem Schuldneratlas 2018 von Creditreform seit 2014 zum fünften Mal in Folge angestiegen. Zum Stichtag 1. Oktober 2018 wurde für Deutschland eine Überschuldungsquote von 10,04 Prozent gemessen. NRW liegt auf Platz 4 im Länderranking mit einer Überschuldungsquote von 11,7 Prozent. Auch im Langzeitvergleich 2004-2018 weist NRW die stärkste Zunahme von Überschuldungsfällen im Ländervergleich auf. Im Großstadt-Ranking sind die letzten drei Plätze mit den Ruhrgebiets-Städten Essen (14%), Dortmund (14,5%) und Duisburg (17%) belegt. Auch im Langzeit-Vergleich sieht man, wie schlecht es um die Ruhrgebietsstädte bestellt ist: Hier liegen mit Herne (18%, Zuwachs seit 2004: 5%) und Gelsenkirchen (18%, seit 2004: 4%) zwei unter den fünf Städten, die seit 2004 die höchsten Anstiege der Überschuldungsquote zu erleiden hatten. Angesichts dieser Tatsachen möchten wir das Thema mit Nachdruck auf die Agenda setzen. Gerne möchten wir unser Anliegen mit möglichst umfangreichen und detaillierten Zahlen untermauern. Vor diesem Hintergrund sind wir auf das Förderprogramm-Controlling der Verbraucher- Insolvenzberatung des Landes gestoßen. Über ein Eingabe-Tool, das von „d-nrw“ AöR verwaltet wird, müssen dort alle Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in NRW jährlich Daten und Kennzahlen zu den durchgeführten Beratungen weitergeben. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1792 mit Schreiben vom 3. Januar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 2 Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Verbraucherinsolvenzberatung im Rahmen freiwilliger Leistungen. Darüber hinaus regelt es im Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung (AG InsO) die Anerkennung der Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein- Westfalen. Vor diesem Hintergrund nehmen in Nordrhein-Westfalen alle 209 anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen am jährlichen Controlling teil. Die Förderung der Schuldnerberatungsstellen liegt in der Verantwortung der Kommunen. Daten der Schuldnerberatungsstellen liegen deshalb in aller Regel nicht vor. Die Daten zum Controlling im Bereich der Verbraucherinsolvenzberatung für das Jahr 2017 werden derzeit bearbeitet. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage erfolgt daher auf Datenbasis bis 2016. Das Controlling sieht keine Unterteilung in Regierungsbezirke vor. Vielmehr werden die Daten pro Kreis/kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen erhoben. Insofern erfolgt eine Beantwortung auf dieser Grundlage. 1. Wie viele Beratungen, unterteilt in Kurzberatungen, Schuldner- und Verbraucher- Insolvenzberatungen, werden jährlich vorgenommen (2007-2017)? Die Zahl der Beratungsfälle in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen ist von 2007 bis 2016 insgesamt von 182.531 auf 163.268 gesunken. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzberatungen, die die Beratungsfälle umfasst, die in ein Verbraucherinsolvenzverfahren führen können, sank im oben genannten Zeitraum von 45.825 auf 38.958. Die Zahl der Schuldnerberatungen in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen, die die Beratungsfälle beziffert, die nicht in eine Verbraucherinsolvenzberatung führen, ist von 46.651 auf 50.090 leicht gestiegen. Die Zahl der Kurzberatungen in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen nahm im gleichen Zeitraum von 90.055 auf 74.220 ab. Die Fachkraft-Vollzeitäquivalente in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen sind im o.a. Zeitraum von 448,7 auf 463,6 gestiegen. Dadurch sind die Wartezeiten bei der Neuaufnahme von Verbraucherinsolvenzberatungsfällen zurückgegangen. Konnte in 2007 45 % der Ratsuchenden innerhalb eines Monats ein erstes Beratungsgespräch angeboten werden, waren dies in 2016 bereits 54,2 %. Die jährliche Landesförderung für die Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein- Westfalen wurde 2018 von 5.561.700 Euro um 650.000 Euro auf 6.211.700 Euro erhöht. Die anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen haben folgende Daten für die Jahre 2007 bis 2016 im Einzelnen übermittelt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 3 2007 2008 2009 2010 2011 Gesamt 182.531 171.503 176.703 179.616 182.028 Verbraucherinsolvenzberatung 45.825 47.276 49.475 51.376 51.116 Schuldnerberatung 46.651 45.808 46.758 48.496 50.544 Information/ Kurzberatung 90.055 78.419 80.470 79.744 80.368 2012 2013 2014 2015 2016 Gesamt 177.072 177.461 173.653 166.042 163.268 Verbraucherinsolvenzberatung 46.762 46.813 45.031 42.193 38.958 Schuldnerberatung 49.632 49.607 48.753 49.444 50.090 Information/ Kurzberatung 80.678 81.041 79.869 74.405 74.220 2. Wie ist das regionale Verhältnis von Beraterinnen und Beratern zu Einwohnerzahlen und gibt es lokale Schwerpunkte (sprich hohe Inanspruchnahme)? Im Jahr 2016 lag die Versorgungsdichte in der anerkannten Verbraucherinsolvenzberatung bei rund drei Fachkraft-Vollzeitäquivalenten pro 100.000 Einwohner in Nordrhein-Westfalen. Eine Auswertung zu lokalen Schwerpunkten liegt nicht vor. Die Daten zu den einzelnen Kommunen bieten aber mögliche Erkenntnisse: Kommune Fachkraft Vollzeitäquivalente Fachkraft Vollzeitäquivalente pro 100.000 Einwohner (über 18 Jahre) Bielefeld 6,2 2,3 Bochum 10,6 3,4 Bonn 8,6 3,3 Bottrop 3,1 3,2 Dortmund 19,5 4 Duisburg 24,7 6,1 Düsseldorf 19,6 3,8 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 4 Kommune Fachkraft Vollzeitäquivalente Fachkraft Vollzeitäquivalente pro 100.000 Einwohner (über 18 Jahre) Essen 12,9 2,7 Gelsenkirchen 14,2 6,6 Hagen 4,3 2,7 Hamm 8 5,5 Herne 1,6 1,2 Köln 38,5 4,4 Krefeld 8 4,3 Leverkusen 4,2 3,1 Mönchengladbach 5,7 2,6 Mülheim 3,8 2,6 Münster 8,1 3,2 Oberhausen 4,1 2,3 Remscheid 2,5 2,7 Solingen 4 3 Wuppertal 11 3,8 Städteregion Aachen 18,1 3,9 Kreis Borken 9,1 3,1 Kreis Coesfeld 4,6 2,6 Kreis Düren 5,8 2,7 Ennepe-Ruhr-Kreis 6,9 2,5 Kreis Euskirchen 3,1 2 Kreis Gütersloh 8,1 2,8 Kreis Heinsberg 7 3,4 Kreis Herford 5,9 2,8 Hochsauerlandkreis 7,1 3,3 Kreis Höxter 2 1,7 Kreis Kleve 8,1 3,2 Kreis Lippe 5 1,8 Märkischer Kreis 8,1 2,4 Kreis Mettmann 15,4 3,9 Kreis Minden-Lübbecke 6,2 2,4 Oberbergischer Kreis 8,3 3,7 Kreis Olpe 2,1 1,9 Kreis Paderborn 7,9 3,2 Kreis Recklinghausen 17,6 3,4 Rhein-Erft-Kreis 5,9 1,6 Rhein-Sieg-Kreis 9,4 2 Rheinisch-Bergischer Kreis 6,4 2,8 Rhein-Kreis Neuss 13,8 3,8 Kreis Siegen-Wittgenstein 6,2 2,7 Kreis Soest 4,5 1,8 Kreis Steinfurth 10,7 3 Kreis Unna 7,4 2,3 Kreis Viersen 7,5 3 Kreis Warendorf 5,4 2,4 Kreis Wesel 7,1 1,9 NRW gesamt (Rundungsdifferenzen) 463,6 3,1 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 5 3. Wie sehen die soziodemografischen Parameter der zu Beratenden aus (Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Haushaltsgröße, Zahl der Kinder, Erwerbsstatus)? Im Jahr 2016 waren 53,1 % der Ratsuchenden in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen männlichen und 46,9 % weiblichen Geschlechts. 53 % der Ratsuchenden in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen waren zwischen 30 und 49 Jahre alt. Insgesamt ergibt sich folgende Altersstruktur: Der überwiegende Teil der Ratsuchenden in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen hat die deutsche Staatsangehörigkeit: Gesamt Deutsch 68,60% Deutsch mit Zuwanderungsgeschichte 10,10% Andere 10,50% Nicht-EU 9,30% Ungeklärt 0,30% Insgesamt war im Jahr 2016 mit 29,6 % der größte Anteil der Ratsuchenden in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen ledig: Gesamt Ledig 29,60% Verheiratet 24,40% Verwitwet 4,10% Geschieden 18,20% Getrennt lebend 12,20% Nichteheliche Lebensgemeinschaft 11,40% Daten zu Haushaltsgröße, Zahl der Kinder und zum Erwerbsstatus liegen nicht vor. Im Jahr 2016 gaben insgesamt 15.358 Schuldnerinnen und Schuldner in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen an, Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit zu erzielen. Gesamt <20 Jahre 0,90% 20-29 Jahre 16,50% 30-39 Jahre 26,20% 40-49 Jahre 26,40% 50-60 Jahre 19,40% >60 Jahre 10,20% LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4747 6 4. Welche Gründe wurden von den Beratungsnehmern als Auslöser ihrer Verschuldung angegeben? Der Landesregierung liegen hierzu keine Daten vor. 5. Wie hoch ist die durchschnittliche Verschuldung bei Beratungsnehmern anzusetzen? In 32,20 % der Verbraucherinsolvenzberatungsfälle in den anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen liegt eine Schuldenlast zwischen 10.000 und 25.000 Euro vor: Gesamt <10.000 € 23,10% 10.000-25.000 € 32,20% 25.000-50.000 € 24,90% 50.000-100.000 € 12,40% >100.000 € 6,80%