LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4783 11.01.2019 Datum des Originals: 09.01.2019/Ausgegeben: 16.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1842 vom 17. Dezember 2018 der Abgeordneten Volkan Baran und Thomas Kutschaty SPD Drucksache 17/4621 Nach der Abschaffung verbindlicher Regeln in der Landesbauordnung durch die schwarz-gelbe Landesregierung - wie steht es um die Schaffung von Wohnungen für Menschen in NRW, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der 2016 verabschiedeten Bauordnung, die mittlerweile von der Landesregierung durch das „Baurechtsmodernisierungsgesetz“ ersetzt wurde, war vorgesehen, dass in „Gebäuden mit mehr als acht Wohnungen eine, in Gebäuden mit mehr als 15 Wohnungen zwei uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein müssen.“ Diese Regelung wurde gegen den Widerstand der Behindertenverbände ersatzlos gestrichen. Umstritten war dabei insbesondere die Frage, welcher Bedarf an rollstuhlgerechten Wohnungen in NRW besteht, während unstreitig im Bestand keine oder kaum Wohnungen vorhanden sind, die uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sind. Statt einer verbindlichen Quote will das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Nordrhein-Westfalen über Zielvereinbarungen mit Städten in Ballungsräumen und Universitätsstädten wie Köln, Bonn und Münster (…), die mit Wohnraumfördermitteln flankiert werden, erreichen, dass Wohnraum für Menschen im Rollstuhl entsteht. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1842 mit Schreiben vom 9. Januar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Schaffung bezahlbarer und rollstuhlgerechter Wohnungen steht im Fokus der Landesregierung. Ein wichtiger Baustein zur Zielerreichung sind attraktive Förderkonditionen, damit rollstuhlgerechte Wohnungen dort entstehen, wo sie auch gebraucht werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4783 2 Bauherrschaften, die sich dafür entscheiden, rollstuhlgerechten Wohnraum zu errichten, werden finanziell seit dem Förderjahr 2018 über ein neues Zusatzdarlehen unterstützt: Das Zusatzdarlehen berücksichtigt mit einer Pauschale von 4.000 Euro den baulichen Mehraufwand für den Standard DIN 18040-2 (R) gegenüber barrierefreien Mietwohnungen. Dieses Zusatzdarlehen wird für folgende weitere in der DIN-Norm nicht zwingend vorgegebene, aber für die Zielgruppe wünschenswerte Ausstattungsmerkmale erhöht: für jede Tür mit Nullschwelle zum Freibereich (Hauseingang, Terrasse, Balkon) pauschal um 1.000 Euro, für jede Tür in Wohnung und Gebäude mit elektrischer Bedienung pauschal um 1.500 Euro, für eine rollstuhlgerechte, unterfahrbare Einbauküche pauschal um 5.000 Euro. Auf das neue Zusatzdarlehen wird ein Tilgungsnachlass von bis zu 50 % gewährt. Bereits wie bisher wird der erhöhte Flächenbedarf für zusätzliche Bewegungsflächen in der Wohnung durch die Anerkennung erhöhter Wohnflächenobergrenzen gefördert. Neu ist, dass der erhöhte Flächenbedarf für einen Rollstuhlabstellplatz in der Wohnung durch Anerkennung einer planerisch begründeten Überschreitung der Wohnflächenobergrenze und damit durch eine entsprechende Erhöhung des Förderdarlehens gefördert wird. Damit liegt der zusätzliche Förderanreiz für den Bau von Wohnungen für Rollstuhlnutzerinnen und –nutzer einschließlich der optionalen Ausstattungsmerkmale und des erhöhten Flächenbedarfs für zusätzliche Bewegungsflächen bei Darlehensbeträgen in einer Größenordnung von bis zu 35.000 Euro und Tilgungsnachlässen von bis zu über 10.000 Euro (gerechnet für einen Beispielfall in der Mietenstufe 3). 1. Wie viele Wohnungen sind in NRW beantragt und genehmigt worden, die mindestens neun Wohneinheiten pro Gebäude umfassten? (Bitte aufschlüsseln nach Geschosswohnungsbau und Mietwohnungsbau.) 2. Wie viele Wohnungen sind in NRW beantragt und genehmigt worden, die mindestens sechzehn Wohneinheiten pro Gebäude umfassten? (Bitte aufschlüsseln nach Geschosswohnungsbau und Mietwohnungsbau.) 3. Wie hoch wäre dementsprechend der Anteil der in 2018 zu genehmigenden rollstuhlgerechten Wohnungen gewesen? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet: Statistische Daten zu den erfragten Wohneinheiten liegen bei IT.NRW in der erfragten Differenzierung nicht vor. IT.NRW erfasst erteilte Baugenehmigungen für Wohngebäude mit 1 bis 3, mit 4 bis 6, mit 7 bis 19 Wohnungen sowie mit mehr als 20 Wohnungen. Die genaue Anzahl der Wohngebäude mit mehr als 8 Wohneinheiten bzw. mehr als 15 Wohneinheiten lässt sich daher nicht ermitteln. Daraus folgt, dass auch die Anzahl der in 2018 zu genehmigenden rollstuhlgerechten Wohnungen nicht zu ermitteln ist. Bezogen auf das Jahr 2018 liegen der Landesregierung bisher nur die Zahlen der erteilten Baugenehmigungen bis Ende Oktober 2018 vor. Danach ergeben sich nach IT.NRW folgende Zahlen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4783 3 Geschosswohnungsbau: Wohngebäude mit 7 bis 19 Wohnungen: 1.099 Gebäude mit 11.474 Wohnungen. Wohngebäude mit 20 und mehr Wohnungen: 203 Gebäude mit 7.420 Wohnungen davon Mietwohnungsbau (Geschosswohnungsbau reduziert um Wohngebäude mit Eigentumswohnungen): Wohngebäude mit 7 bis 19 Wohnungen: 676 Gebäude mit 7.173 Wohnungen. Wohngebäude mit 20 und mehr Wohnungen: 139 Gebäude mit 4.831 Wohnungen Da statistisch die erforderliche Differenzierung, die im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage 3 aus der nicht in Kraft getretenen Landesbauordnung 2016 steht, nicht erfolgt, ist eine exakte Beantwortung nicht möglich. 4. Mit wie vielen Städten konnten bereits Zielvereinbarungen abgeschlossen werden? 5. Wie viele rollstuhlgerechte Wohnungen werden hierdurch entstehen? (Bitte aufschlüsseln nach Stadt, Anzahl der Wohnungen und voraussichtlichem Wohnungsbezug) Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet: Im Laufe des Jahres 2018 konnten mit den Städten Dortmund, Düsseldorf, Köln und Münster Zielvereinbarungen zur Gewährung eines Globalbudgets für die Wohnraumförderung abgeschlossen werden. Mit den Zielvereinbarungen verpflichten sich die Kommunen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um insgesamt mehr geförderte und somit bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Erstmals verpflichten sich die Kommunen gegenüber dem Land zur Schaffung von mehr rollstuhlgerechtem Wohnraum in den jeweiligen Städten beizutragen. So wird z. B. die Stadt Düsseldorf bei der Förderberatung verstärkt auf die Nutzung der verbesserten Förderkonditionen des Landes hinweisen, damit mehr rollstuhlgerechter Wohnraum in integrierten Lagen im Stadtgebiet entsteht und sie wird die Belange der Menschen mit Behinderung bei städtischen Grundstücksvergaben berücksichtigen.