LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4785 11.01.2019 Datum des Originals: 11.01.2019/Ausgegeben: 16.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1819 vom 13. Dezember 2018 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/4587 Spätaussiedler in Nordrhein-Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In NRW leben derzeit über 700.000 Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, welche dort als deutsche Ethnie in größeren Zahlen seit Katharina der Großen lebten und nun in die Heimat ihrer Ahnen und Vorfahren nach Deutschland zurückgekehrt sind. Die Spätaussiedler haben sich überwiegend positiv in die Zivilgesellschaft und in die Arbeitswelt integriert, was sich darin niederschlägt, dass über Spätaussiedler kaum berichtet wird – sie sind überwiegend auffallend unauffällig. Das hohe Ausmaß der Integration und Assimilation schlägt sich nieder in zahlreichen bikulturellen Eheschließungen. Reiner K., Direktor des "Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung“, sagte diesbezüglich gegenüber Tagesschau.de: „An der Quote der bi-kulturellen Eheschließungen sieht man, dass sie sich stark mit der einheimischen Bevölkerung vermischen. Von der zweiten Generation der bereits hier geborenen Verheirateten sind 67 Prozent eine Ehe mit Einheimischen eingegangen - das ist sehr viel. Ihr Migrationshintergrund wird so über kurz oder lang verloren gehen. Und Heiraten mit der einheimischen Bevölkerung sind der beste Weg dahin.“1 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1819 mit Schreiben vom 11. Januar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1 https://www.tagesschau.de/inland/aussiedlerinterview100.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4785 2 Vorbemerkung der Landesregierung Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen dienen weitgehend die vom Kompetenzzentrum für Integration (Dezernat 36 der Bezirksregierung Arnsberg) – vormals Landesstelle Unna-Massen - bei der Einreise und Verteilung der Spätaussiedler / Aussiedler auf die nordrhein-westfälischen Kommunen erhobenen Daten. Das Kompetenzzentrum für Integration ist nach dem Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW für die Verteilung und Zuweisung u.a. der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion einschließlich ihrer Ehegatten und Abkömmlinge sowie ihrer nichtdeutschen Familienangehörigen (§ 13 Absatz 1 i.V.m. § 11 Nr. 1 und Nr. 2 Teilhabe- und Integrationsgesetz) zuständig. Da die Daten in der Regel bei Einreise und Zuweisung des nachgefragten Personenkreises erhoben worden sind bzw. werden und somit etwaige Fortzüge außer Betracht bleiben, spiegeln die ermittelten Daten die tatsächlich aufhältigen Personen nicht zwangsläufig wider. Das Datenmaterial des Bundesverwaltungsamtes wurde bezogen auf die Antragszahlen herangezogen. 1. Wie viele Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion (einschließlich nicht deutscher Ehegatten und Nachkommen) leben heute (Stand 2018) in NRW? (bitte nach Herkunftsland und BVFG-Status aufschlüsseln) Genaue Angaben über die Anzahl der aktuell in Nordrhein-Westfalen lebenden Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, vergleichbar etwa mit den für die Gruppe der Ausländer zur Verfügung stehenden Daten im Ausländerzentralregister (AZR), liegen nicht vor. Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler werden aufenthaltsrechtlich unter die Gruppe der Deutschen subsumiert. Informationen über die Anzahl der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler liefert der Mikrozensus, die jährlich durchgeführte 1%-Bevölkerungsbefragung. Danach lebten 2016 712.000 Aussiedlerinnen und Aussiedler sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler in Nordrhein-Westfalen. Eine Aufschlüsselung nach Herkunftsland und BVFG- Status erfolgt im Mikrozensus nicht. In der Anlage 1 werden für den Zeitraum von 2010 bis 2018 die Nordrhein-Westfalen zugewiesenen Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus den unterschiedlichen Herkunftsländern (Nachfolgestaaten) der ehemaligen Sowjetunion auf der Datenbasis des Kompetenzzentrums für Integration aufgeschlüsselt dargestellt. Das Kompetenzzentrum für Integration nimmt ab 2017 neben einer Aufschlüsselung nach Herkunftsländern der ehemaligen Sowjetunion auch eine solche nach dem BVFG-Status vor. Diese Daten können der Anlage 2 entnommen werden. Hierbei wird eine Differenzierung nach § 11 Nr. 1 und Nr. 2 Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW vorgenommen. Dabei umfasst §11 Nr. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler (§ 4 Absatz 1 und 2 BVFG) und deren Familienangehörige (§ 7 Absatz 2 BVFG); § 11 Nr. 2 Teilhabe- und Integrationsgesetz bezieht sich auf die nicht deutschen Personen, die mit einem / einer Spätausgesiedelten im Aufnahmeverfahren eingereist, vom Bundesverwaltungsamt registriert und verteilt worden sind bzw. werden. 2. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung bezüglich der voraussichtlichen, prognostizierten Aufnahmezahlen von Spätaussiedler für das laufende Jahr und für die Folgejahre in NRW? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4785 3 Die Aufnahmezahlen der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion haben sich von 482 Personen im Jahr 2010 auf 1.494 Personen (Stand:31.12.2018) erhöht. Wie sich der weitere Zuzug in den kommenden Jahren entwickeln wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, deren Wirkungen unterschiedlich ausfallen können. 3. Wie verteilen sich derzeit die Spätaussiedler aktuell auf die Landeskreise und kreisfreien Städte in NRW? (bitte auflisten für alle Landkreise und kreisfreien Städte und die Siedlungsschwerpunkte benennen) Die Verteilung der zugezogenen Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie Aussiedlerinnen und Aussiedler auf die Landkreise und kreisfreien Städte für die Jahre 1989 bis zum 31.12.2018 ist der als Anlage 3 beigefügten Tabelle zu entnehmen. Aus den Zuweisungen von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern sowie Aussiedlerinnen und Aussiedlern lässt sich erkennen, dass die Siedlungsschwerpunkte insbesondere in Ostwestfalen-Lippe (Kreis Lippe, Kreis Minden-Lübbecke, Kreis Gütersloh, Kreis Paderborn) und im Oberbergischen Kreis / Rhein-Sieg-Kreis liegen. Bei den kreisfreien Städten verzeichnen Köln, Dortmund und Bielefeld die höchsten Zuweisungszahlen. 4. Wie hat sich die Arbeitslosenquote unter den Spätaussiedlern in NRW in den letzten 10 Jahren entwickelt? (bitte nach Altersstruktur und Geschlecht differenzieren) Im Zeitraum 2007-2017 ist ein Rückgang der Arbeitslosenquote sowohl bei den Spätaussiedlern als auch bei den Spätaussiedlerinnen zu verzeichnen. Bei den Spätaussiedlern sinkt die Arbeitslosenquote in diesem Zeitraum nach Angaben von IT NRW von 9,9% auf 4,6%, bei den Spätaussiedlerinnen von 8,5% auf rund 3,5%. Die Erwerbslosenquote der Jüngeren (unter 35 Jahren) ist in diesem Zeitraum von 10,1% auf rund 4,9% gesunken, die der Älteren von 8,8% auf 3,8%. 5. Welche Probleme tauchen bezüglich der Anerkennung beruflicher Qualifikationen bzw. von Schul- und Berufsabschlüssen ankommender Spätaussiedler auf? Seit Einführung des Berufsqualifizierungsfeststellungsgesetzes (BQFG) auf Bundesebene 2012 und in Nordrhein-Westfalen 2013 haben Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler die Wahl: Sie können für berufliche Abschlüsse, die sie in den Aussiedlungsgebieten erworben haben, wie bisher das Verfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz (§ 10 BVFG) oder das neue Gleichwertigkeitsverfahren nach dem BQFG anstreben. Je nach persönlichem Profil können Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler entscheiden, welches Verfahren für sie voraussichtlich positiver ablaufen wird. In der amtlichen Statistik zum BQFG werden die Antragstellerinnen und Antragsteller nach ihrer Staatsangehörigkeit erfasst, nicht aber nach ihrer Volkszugehörigkeit. Spezielle Probleme der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, die nicht auch für Antragstellerinnen und Antragsteller aus anderen Staaten der Europäischen Union oder aus Drittstaaten auftreten, sind nicht bekannt. Anlage 1 Übersicht der zugewanderten Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion von 2010 bis 2018 Herkunftsländer 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamt Russland 319 272 259 308 692 614 593 734 748 4.539 Kasachstan 102 135 55 145 401 397 501 550 514 2.800 Kirgisistan 22 25 50 38 31 58 44 10 21 299 Tadschikistan 7 0 0 0 2 3 0 0 0 12 Usbekistan 5 0 0 1 5 7 8 15 1 42 Ukraine 22 11 9 25 91 171 161 124 155 769 Sonstige1 5 9 1 11 16 39 48 71 55 255 Gesamt 482 452 374 528 1.238 1.289 1.355 1504 1494 8.716 1 Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, Weißrussland Anlage 2 Zugewanderte Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion in 2017 und 2018 Herkunftsländer der ehemaligen Sowjetunion Personen in 2017 (Stand: 31.12.2017) Rechtsgrundlage nach § 11 Nr. 1 Teilhabe - und Integrationsgesetz NRW1 Rechtsgrundlage nach § 11 Nr. 2 Teilhabe - und Integrationsgesetz NRW2 Personen in 2018 (Stand: 31.12.2018) Rechtsgrundlage nach § 11 Nr. 1 Teilhabe - und Integrationsgesetz NRW Rechtsgrundlage nach § 11 Nr. 2 Teilhabe - und Integrationsgesetz NRW Russland 734 586 148 748 637 111 Kasachstan 550 442 108 514 394 120 Ukraine 124 101 23 155 121 34 Weißrussland 18 14 4 32 19 13 Armenien 15 12 3 8 7 1 Moldawien 33 30 3 7 5 2 Aserbaidschan ./. ./. ./. 4 3 1 Georgien 5 3 2 4 3 1 Kirgisistan 10 8 2 21 18 3 Usbekistan 15 10 5 1 1 ./. Gesamt 1504 1206 298 1494 1208 286 1 § 11 Nr. 1 Teilhabe- und Integrationsgesetz umfasst Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler (§ 4 Abs. 1 und 2 BVFG) und deren Familienangehörige (§ 7 Abs. 2 BVFG). 2 § 11 Nr. 2 Teilhabe- und Integrationsgesetz bezieht sich auf die nicht deutschen Personen, die mit einem / einer Spätausgesiedelten im Aufnahmeverfahren eingereist, vom Bundesverwaltungsamt registriert und verteilt worden sind bzw. werden. Anlage 3 Verteilung der Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler auf die Landkreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum vom 01.01.1989 bis zum 31.12.2018 Kreisfreien Städte Zuweisungen Landkreise Zuweisungen Bochum 8.911 Ennepe-Ruhr-Kreis 12.535 Dortmund 16.583 Hochsauerlandkreis 15.338 Hagen 6.519 Märkischer Kreis 23.727 Hamm 8.736 Kreis Olpe 5.456 Herne 4.698 Kreis Siegen-Wittgenstein 16.124 Bielefeld 15.876 Kreis Soest 19.052 Duisburg 12.507 Kreis Unna 19.250 Düsseldorf 14.960 Kreis Gütersloh 21.802 Essen 12.241 Kreis Herford 17.625 Krefeld 8.041 Kreis Höxter 10.907 Mönchengladbach 7.203 Kreis Lippe 24.631 Mülheim an der Ruhr 3.961 Kreis Minden-Lübbecke 23.616 Oberhausen 3.997 Kreis Paderborn 21.131 Remscheid 4.239 Kreis Kleve 7.261 Solingen 4.304 Kreis Mettmann 15.925 Wuppertal 10.163 Rhein-Kreis Neuss 15.349 Aachen 7.908 Kreis Viersen 7.040 Bonn 9.778 Kreis Wesel 11.656 Köln 21.839 Kreis Aachen/ Städteregion Aachen 5.987 Leverkusen 5.751 Kreis Düren 8.822 Bottrop 3.292 Kreis Euskirchen 7.930 Gelsenkirchen 6.694 Kreis Heinsberg 9.340 Münster 10.187 Oberbergischer Kreis 19.964 Rhein-Erft-Kreis 11.709 Rhein-Sieg-Kreis 28.006 Rheinisch-Bergischer Kreis 7.995 Kreis Borken 8.053 Kreis Coesfeld 8.484 Kreis Recklinghausen 19.194 Kreis Steinfurt 20.868 Kreis Warendorf 17.219 Gesamtsumme 208.388 461.996 Leere Seite Leere Seite Leere Seite