LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4821 15.01.2019 Datum des Originals: 15.01.2019/Ausgegeben: 18.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1828 vom 13. Dezember 2018 des Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer SPD Drucksache 17/4600 Sonne, Mond und Sterne. Ab wann wird ergänzende Kinderbetreuung in ganz Nordrhein-Westfalen möglich? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Etwa 40 Prozent der Alleinerziehenden in Nordrhein-Westfalen sind auf staatliche Hilfe angewiesen - und das, obwohl viele gerne arbeiten würden. Was fehlt sind flexible Betreuungsangebote, die außerhalb der regulären Betreuungszeiten liegen. Doch nur mit einer verlässlichen Kinderbetreuung kann es alleinerziehenden Eltern gelingen, ihre Existenz und die ihrer Kinder ohne staatliche Transferleistungen zu sichern. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) hat im Rahmen des Modellprojekts „Sonne, Mond & Sterne“ Alleinerziehenden in Essen eine familiennahe Betreuung ihrer Kinder zu Hause außerhalb der regulären Betreuungszeiten angeboten. Die vorliegende Evaluation bestätigt: Bei fast allen Teilnehmerinnen, die bei Aufnahme in das Projekt Transferleistungen erhielten, haben sich diese verringert oder sind ganz entfallen. Genau solche Angebote braucht das gesamte Land: Mit wenig Geld können Familien genau dort entlastet werden, wo ansonsten aufgrund von Unvereinbarkeit und finanzieller Abhängigkeit Perspektivlosigkeit herrscht. Petitionen, dieses flexible und familiennahe Betreuungsangebot auszuweiten, gibt es schon für 13 Kommunen, Tendenz steigend. Wiederholte Anträge der SPD-Landtagsfraktion, dieses Modell in Kommunen unterschiedlicher Größenordnung und mit Beschäftigten in unterschiedlichen Qualifikations- und Vergütungssystemen zu erproben, um das Konzept letztlich im KiBiz zu verankern, wurden von der schwarz-gelben Landesregierung durchgängig abgelehnt. Bisher arbeiten die Betreuungspersonen ehrenamtlich mit einer Aufwandsentschädigung von elf Euro pro Stunde (wöchentlich waren in Essen durchschnittlich sechs Betreuungsstunden nötig). In der Debatte zum Haushalt 2019 sah der Minister Anträge auf ergänzende Kinderbetreuung als unnötig an, da die Randzeitenbetreuung im Rahmen der Kibiz-Revision angegangen werden würde. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4821 2 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1828 mit Schreiben vom 15. Januar 2019 im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung arbeitet derzeit an einer Reform des Kinderbildungsgesetzes. Ziel ist, zu einer dauerhaft auskömmlichen Finanzierung der Kindertagesbetreuung in Nordrhein- Westfalen zu kommen und die Qualität zu verbessern. Mit dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf will die Landesregierung Eltern dabei unterstützen, ihrem Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungsauftrag nachzukommen und dabei gleichzeitig berufliche Ziele weiterverfolgen zu können. Die Flexibilität der Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen soll weiter erhöht werden. Ferner sollen bedarfsgerechte Betreuungsangebote in den sog. Randzeiten sowie bei Schicht- und Nachtarbeit geschaffen werden. Soweit Betreuungsbedarfe von Eltern über Regelangebote der Kindertageseinrichtungen hinausgehen, bietet sich auch ergänzende Kindertagespflege an. Alternative Unterstützungsmodelle für Eltern sollen gefördert werden, um den Lebenswirklichkeiten von Familien in Nordrhein-Westfalen gerecht zu werden. 1. Inwieweit plant die Landesregierung, das Modellprojekt „Sonne, Mond & Sterne“ in die Regelfinanzierung des KiBiz zu übernehmen? 2. Sofern das Konzept „Sonne, Mond & Sterne“ durch das Land ausgeweitet werden soll: Wie viele Alleinerziehende sollen darüber landesweit erreicht werden? Die Fragen 1 und 2 werden zusammengefasst beantwortet. Die Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuungsangebote, die die Landesregierung mit großem Engagement und erheblichen Landesmitteln voranbringt, verfolgt das Ziel, die Familien durch Betreuungsangebote zu unterstützen und die Kinder in ihrer frühkindlichen Entwicklung zu fördern. Dabei ist nicht geplant, einzelne Modellprojekte, die u. a. auch eine Finanzierung über § 16a SGB II einbeziehen, gesondert in die Regelfinanzierung aufzunehmen oder als Einzelförderung mit Haushaltsmitteln des Landes zu hinterlegen. Das Thema der sog. Randzeitenbetreuung soll vielmehr im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit in den Blick genommen werden. Im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanung sollen Betreuungsbedarfe unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Elternwünsche beachtet und entsprechende Betreuungsangebote vorgehalten werden. Die Landesregierung respektiert die Verantwortung der örtlichen Jugendämter. Spezifische und stark individualisierte Bedarfe lassen sich mitunter nicht in den üblichen institutionalisierten Formen der Kindertagesbetreuung und allein durch die Ausweitung der Öffnungszeiten darstellen. Deshalb sehen Konzepte in Jugendämtern bereits heute Kooperationen von institutionellen Betreuungseinrichtungen mit Kindertagespflege und erweiterten Formen für besondere Bedarfe vor. 3. Inwieweit kann nach dem Willen der Landesregierung das Qualifikationsprofil der Betreuungspersonen in Randzeiten von denen in Kernzeiten abweichen? 4. Welche Vergütungssysteme sind für die Betreuung in Randzeiten vorgesehen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4821 3 Die Fragen 3 und 4 werden zusammengefasst beantwortet. Auch in der sog. Randzeitenbetreuung muss die Qualifikation des Personals am Kindeswohl ausgerichtet sein und dem Förderauftrag entsprechen. Diese Orientierung gilt für den gesamten täglichen Entwicklungszeitraum eines Kindes und ist - abgesehen von Nachtzeiten - unabhängig von der Tageszeit und dem zeitlichen Gesamtbetreuungsumfang. Fragen zur Vergütung sind in diesem Kontext zu sehen und ergeben sich im Rahmen der jeweiligen Arbeitsverhältnisse bzw. Betreuungsverträge. 5. Mit welchen anderen Maßnahmen fördert die Landesregierung die Möglichkeit Alleinerziehender auf Teilhabe am Erwerbsleben? Einen entscheidenden Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten Beschäftigungsmodelle, die eine flexible Gestaltung von Arbeitszeit und -ort gewähren. Teilzeit, vollzeitnahe Teilzeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten sowie haushaltsnahe Dienstleistungen und eine familienbewusste Unternehmenskultur ermöglichen insbesondere alleinerziehenden Müttern und Vätern eine Teilhabe am Erwerbsleben. Hierzu steht die Landesregierung im Rahmen von Kongressen, Foren, Diskussionsrunden und Projekten in regelmäßigem Dialog mit der Wirtschaft. Beispielhaft zu nennen sind u. a. die Jahreskongresse zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Entwicklung von Tandemprojekten mit kleinen und mittelständischen Betrieben sowie die Business-Talks in Kooperation mit nordrhein-westfälischen Unternehmen.