LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4838 15.01.2019 Datum des Originals: 15.01.2019/Ausgegeben: 18.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1846 vom 18. Dezember 2018 der Abgeordneten Alexander Langguth, Frank Neppe und Marcus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/4628 Sexueller Missbrauch von Kindern Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kinder können auf ihrem Weg ins Erwachsensein besonderen Gefahren ausgesetzt sein. Der § 176 StGB befasst sich mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern. In den vergangenen zehn Jahren wurden insgesamt fast 30.000 Opfer in Nordrhein-Westfalen festgestellt.1 Die Landesregierung geht von einem „extrem hohen Dunkelfeld“ aus.2 Nach Ansicht der Landesregierung sind nur wenige Täter den Betroffenen völlig unbekannt und die meisten Täter kommen aus dem Umfeld ihrer Opfer beziehungsweise haben zu ihnen eine enge soziale Beziehung.3 Gemäß polizeilicher Kriminalstatistik von 2017 lagen in 43,6 % der Fälle keine Beziehung und in 10,5 % der Fälle nur eine flüchtige Bekanntschaft zwischen dem Täter und dem Opfer vor. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1846 mit Schreiben vom 15. Januar 2019 im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und der Ministerin für Schule und Bildung namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Als Datenbasis zur Beantwortung der Fragen 1, 3 und 4 dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. 1 Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen 2017 2 Drucksache 17/4265 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1576 3 Drucksache 17/4265 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1576 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4838 2 1. Wie hat sich die Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung laut Statistik in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Die Entwicklung der Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung der vergangenen zehn Jahre ist in Anlage 1 dargestellt. Sie ist, bedingt durch Veränderungen der Erfassungskriterien zum 01.01.2011 und 01.01.2014, nicht in jedem Detail vergleichbar. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung aus Dunkelfeldforschungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern in NRW vor? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse aus Dunkelfeldstudien zum sexuellen Missbrauch von Kindern in Nordrhein-Westfalen vor. 3. In wie vielen Fällen des sexuellen Missbrauchs und der Misshandlung von Kindern in den vergangenen zehn Jahren wurde als Tatörtlichkeit eine Schule 1.-13. Klasse erfasst? Die Anzahl der polizeilich bekannt gewordenen Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß §§ 176, 176a, 176b Strafgesetzbuch (StGB) sowie die Fallzahlen Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 StGB mit der Tatörtlichkeit „Schule 1. - 13. Klasse“ sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. 4. In wie vielen Fällen des sexuellen Missbrauchs und der Misshandlung von Kindern in den vergangenen zehn Jahren wurde als Tatörtlichkeit ein Jugendheim erfasst? Die Tatörtlichkeit Jugendheim wird seit 01.01.2011 in der Rubrik „Jugendzentrum/Jugendheim“ erfasst, entsprechende Fallzahlen ergeben sich aus der folgenden Übersicht. 2008 90 5 2009 99 12 2010 104 16 2011 117 19 2012 80 14 2013 114 16 2014 113 9 2015 76 10 2016 95 11 2017 78 7 Misshandlung von Schutzbefohlenen § 225 StGB Jahr Sexueller Missbrauch von Kindern §§ 176, 176a, 176b StGB LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4838 3 5. Welche Erkenntnisse konnte die Landesregierung im Expertenworkshop „Gewalt im schulischen Kontext“ am 11.10.2018 im Ministerium für Schule und Bildung bezüglich des Schutzes vor sexuellem Missbrauch gewinnen? Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, in und im Umfeld von Schulen ausdrücklich und nachhaltig für die Werte unseres demokratischen und freiheitlichen Rechtsstaats und gegen jede Form von Gewalt einzutreten. Dies gilt auch für sexuelle Gewalt. Die Teilnehmenden des Expertenworkshops stellten zur Thematik des sexuellen Missbrauchs fest, dass die konsequente Umsetzung der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ des „Unabhängigen Beauftragten zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ (UBSKM) einen wesentlichen Beitrag für des Schutz von Kindern und Jugendlichen darstellt. Die Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ verfolgt das Ziel, Schulen im Umgang mit der Thematik „Sexuelle Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen" zu unterstützen und in der Entwicklung eigener Schutzkonzepte zu begleiten. Die Schulleitungen, Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte sollen bestärkt werden, Unsicherheiten ab- und Handlungskompetenz aufzubauen. Die Handreichung „Sexualisierte Gewalt“ der Bezirksregierung Arnsberg und der Notfallordner „Hinsehen und Handeln“ des Ministeriums für Schule und Bildung unterstützen Schulleitungen, Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte zusätzlich in ihrer Handlungskompetenz. Nach übereinstimmender Ansicht der teilnehmenden Expertinnen und Experten ist sexualisierte Sprachgewalt ein ernst zu nehmendes Thema, bei dem Schule ein wichtiger Impulsgeber ist, dieser Erscheinung entgegenzutreten. Um Schulen bzw. die Lehrkräfte weiter zu unterstützen, sich systematisch für Demokratie, Respekt und gegen Gewalt zu engagieren, wird die Landesregierung ein Gesamtkonzept im ersten Quartal des Jahres 2019 vorlegen. 2011 6 0 2012 32 5 2013 32 7 2014 24 11 2015 25 5 2016 28 9 2017 31 8 Misshandlung von Schutzbefohlenen § 225 StGB Jahr Sexueller Missbrauch von Kindern §§ 176, 176a, 176b StGB Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 1846 (100) (110) 111 112 113 114 (120) 121 122 125 126 127 128 190 (600) 610 620 630 700 800 900 2008* 3 380 656 4 2 2 652 5** 1** 337** 59** 106 144 925 236 1 297 264 2009* 3 084 636 7 4 3 629 1** 1** 361** 59** 60 147 868 242 1 152 182 2010* 3 208 669 3 1 2 666 20** 1** 331** 68** 69 177 915 255 1 197 170 2011* 3 292 764 12 2 6 4 752 428 63 5 105 151 998 268 1 078 180 2012* 3 081 709 10 6 4 699 404 68 8 2 82 135 900 267 928 270 2013* 3 080 690 15 1 7 7 675 373 71 3 3 72 153 870 259 1 092 164 2014 2 847 574 17 7 10 557 292 65 1 65 134 986 62 645 279 72 1 120 95 2015 2 523 559 15 9 6 544 295 62 3 1 63 1 119 889 70 553 266 74 929 72 2016 2 679 502 25 14 11 477 245 50 56 126 919 72 537 310 89 1 080 89 2017 2 803 547 23 1 1 8 13 524 287 34 54 1 148 877 82 500 295 74 1 221 84 ** Zahlen ab 01.01.2011 nicht vergleichbar, da sich die Bewertungsrichtung für die formale Beziehung zwischen Opfer und TV geändert hat. Quelle: PKS NRW insgesamt davon Ehepartner eingetr.Le benspartn erschaft Partner nicht ehel. Lebensge meinscha ften ehem. Partners chaften Kinder Enkel davon Geschwister Schwiegereltern ,- sohn, - tochter sonstige Angehörige §11 Abs.1 insgesamt enge Freunds chaft Bekanntschaft / Freundschaft flüchtige Bekanntschaft Formelle soziale Bez. in Instit./ Organi. keine Beziehung ungeklärt * Zahlen ab 01.01.2014 nicht mehr vergleichbar, da andere Erfassungskriterien vorhanden waren Land Nordrhein-Westfalen Sexueller Missbrauch von Kindern §§ 176, 176a, 176b StGB - Anzahl der Opfer (Tatverdächtigen-Opfer-Beziehung) Jahr Anzahl der Opfer Verwandtschaft Informelle soziale Beziehungen Sonstige Eltern Großeltern Partnerschaft Familie insgesamt ins-gesamt davon Leere Seite