LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4865 18.01.2019 Datum des Originals: 18.01.2019/Ausgegeben: 23.01.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1870 vom 20. Dezember 2018 Verena Schäffer, Monika Düker und Stefan Engstfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/4667 Gewalttaten auf rechtsextremer Demonstration am 17. November in Düsseldorf Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für den 17. November 2018 hatten Rechtsextreme in Düsseldorf zu einer Demonstration aufgerufen. Während dieser Demonstration griffen Rechtsextreme Gegendemonstranten an. Auf den vom Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ) veröffentlichten Bildern ist zu sehen, dass die Mitglieder der rechtsextremen Düsseldorfer Gruppierung „Bruderschaft Deutschland“ auf Gegendemonstranten einschlagen. Außerdem ist zu sehen, dass aus der rechtsextremen Demonstration ein Gegenstand in Richtung der Gegendemonstranten und der Polizei geworfen wird, der einen Gegendemonstranten nur um wenige Meter verfehlt.1 Der Staatsschutz ermittelt hierzu noch. Medienberichten zufolge seien während dieses Demonstrationsgeschehens zwei Personen in Gewahrsam genommen worden. Zudem seien sieben Strafanzeigen gestellt worden.2 Die rechtsextreme Gruppierung „Bruderschaft Deutschland“ trat vormals auch unter der Bezeichnung „Bruderschaft Garath“ auf und ist eng verwoben mit der rechten Hooliganszene. Sie versucht offenbar, eine stärkere rechtsextreme Präsenz in Düsseldorf aufzubauen. Welche Gewaltbereitschaft von dieser Gruppierung ausgeht, zeigte sich auch während der Demonstrationen vom 17. November 2018. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2017 findet sie jedoch keine Erwähnung. Lediglich der Versuch von „Der III. Weg“ einen Stützpunkt in Düsseldorf aufzubauen, wird im aktuellen Verfassungsschutzbericht aufgeführt. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1870 mit Schreiben vom 18. Januar 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1 https://duesseldorf-stellt-sich-quer.de/ 2 https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/blaulicht/duesseldorf-staatsschutz-ermittelt-nachangeblichem -messerwurf-bei-rechtsextremen-demonstration_aid-34722089 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4865 2 1. Konnte der Werfer des Gegenstandes bzw. der Gegenstand auf der Demonstration vom 17. November 2018 identifiziert werden? Der Tatverdächtige konnte identifiziert und vernommen werden. Nach derzeitigem Ermittlungsstand handelte es sich bei dem von ihm geworfenen Gegenstand um ein Einwegfeuerzeug. 2. Wie ist der Ermittlungsstand zu den auf der Demonstration vom 17. November 2018 festgestellten Straf- und Gewalttaten? Im Zusammenhang mit der Demonstration vom 17. November 2018 wurden insgesamt elf Straftaten registriert. Sieben dieser Straftaten wurden bislang geklärt und die Vorgänge teilweise bereits der zuständigen Staatsanwaltschaft übergeben. 3. Welche Konsequenzen haben die Ereignisse vom 17. November 2018 für die rechtsextreme Szene, beispielsweise für die Erteilung von Auflagen bei zukünftigen Versammlungen? Die Polizei Nordrhein-Westfalen geht unabhängig von der Zugehörigkeit zu einem politischen Spektrum konsequent gegen Personen vor, die Straftaten aus einer Versammlung heraus begehen. Bei im Vorfeld angemeldeten Versammlungen prüfen die Kreispolizeibehörden als Versammlungsbehörden immer, ob zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung die Erteilung von Auflagen angezeigt ist. Polizeiliches Erfahrungswissen wird hierbei in die Bewertung mit einbezogen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zur rechtsextremen Szene in Düsseldorf, dabei insbesondere zur „Bruderschaft Deutschland“? Das rechtsextremistische Parteienspektrum zeichnete sich in den letzten Jahren in Düsseldorf durch ein niedriges Aktionspotenzial aus. Die Partei „Die Rechte“ gründete am 20. April 2013 (Geburtstag von Adolf Hitler) in Mettmann den Kreisverband „Die Rechte Düsseldorf/Mettmann/Solingen“. Bei den Gründungsmitgliedern handelt es sich um die ehemaligen Vorstandsmitglieder des NPD- Kreisverbandes Düsseldorf/Mettmann, denen der damalige Kurs der NPD zu gemäßigt war. Der Kreisverband hat seine Aktivitäten bereits im Laufe des Jahres 2015 wieder weitgehend eingestellt. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied tritt aber weiterhin gelegentlich auf rechtsextremistischen Veranstaltungen auf, zuletzt als Redner bei einem neonazistischen sogenannten „Trauermarsch“ in Remagen am 19. November 2018. Die NPD ist in den letzten Jahren in Düsseldorf nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Seine Webseite aktualisiert der Kreisverband seit 2016 nicht mehr. „Pro NRW“ war 2015 zuletzt in Düsseldorf aktiv. Der „III. Weg“ verteilte 2017 und 2018 mehrfach Flugblätter, in denen die Partei gegen Flüchtlinge agitierte. Außerdem führte man Heiligabend 2017 in Düsseldorf an verschiedenen Orten ein sogenanntes „Heldengedenken“ durch, mit dem revisionistische Geschichtsauffassungen symbolisch bestärkt werden sollen. Am 6. Januar 2018 fand in Mettman eine Veranstaltung statt, auf der sich die Partei Interessenten vorstellte. Dies sollte dem Ziel dienen, in Düsseldorf einen weiteren Stützpunkt zu gründen. Nach Angaben der Partei sollen ca. 30 Personen daran teilgenommen haben. Ob es nach dem Niedergang der Kreisverbände der anderen rechtsextremistischen Parteien nun dem „III. Weg“ gelingt, das LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4865 3 rechtsextremistische Potenzial in Düsseldorf zu einer handlungsfähigen Gruppierung zusammenzubringen, ist derzeit offen. Zwar existiert in Düsseldorf keine organisierte Neonazistruktur, allerdings ist mit Sven S. eine Führungsfigur der bundesweiten Neonaziszene in der Landeshauptstadt gemeldet. Er wurde am 05. Januar 2019 zum Co-Bundesvorsitzenden der Partei „DIE RECHTE“ gewählt. Außerdem betreibt er einen Blog unter dem Namen „Rhein-Rausch-Randale“. Auch die rechtsextremistische subkulturelle Szene weist in Düsseldorf derzeit keine organisierten Strukturen auf. Gleichwohl nehmen Szeneangehörige gelegentlich an Kundgebungen in Düsseldorf teil. Dazu zählen die Dügida-Veranstaltungen im Jahr 2015. Seitdem finden in Nordrhein-Westfalen immer wieder flüchtlingskritische bis flüchtlingsfeindliche Versammlungen mit einer Mischszene statt, zu der neben subkulturellen Rechtsextremisten auch Personen aus der Hooligan-, Rocker- und- Türsteherszene gehören und die zu ihren Kundgebungen Teilnehmer in dreistelliger Anzahl mobilisieren können. Mittlerweile haben sich aus dieser Mischszene auch einige Gruppierungen gebildet, wie z. B. die „Patrioten NRW“, „Mütter gegen Gewalt“, „Steeler Jungs“ und auch die „Bruderschaft Deutschland“. Mehr als 50 Personen können konkret als Angehörige der „Bruderschaft Deutschland“ zugeordnet werden. Der Altersdurchschnitt der ausschließlich männlichen Mitglieder liegt bei rund 35 Jahren. Die „Bruderschaft Deutschland“ ist Anfang/Mitte 2017 erstmalig mit T-Shirts mit der Aufschrift „Treue, Blut, Ehre“ in Düsseldorf Garath aufgetreten. Im Rahmen des in diesem Zusammenhang eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurden bei einer Durchsuchung insgesamt 31 Kleidungsstücke mit dieser Aufschrift sichergestellt. Einige Angehörige dieser Gruppierung nahmen am 20. September 2018 an einer Gedenkveranstaltung in Mönchengladbach für den durch Suizid verstorbenen Marcel K. teil. Der aus Bremen stammende Verstorbene war sowohl in der rechtsextremistischen als auch in der Hooliganszene aktiv und unterhielt verschiedene Kontakte nach Nordrhein-Westfalen. Ebenfalls nahmen Personen, die der „Bruderschaft Deutschland“ zugeordnet werden, an der Kundgebung gegen den Migrationspakt am 17. November 2018 in Düsseldorf teil. 5. Welche Verbindungen bestehen zwischen der „Bruderschaft Deutschland“ und anderen rechtsextremen Gruppierungen und Parteien? Sowohl die Teilnahme am sogenannten Trauermarsch für den verstorbenen Marcel K. am 20. September 2018 in Mönchengladbach als auch an der Versammlung gegen den Migrationspakt am 17. November 2018 zeigen, dass die „Bruderschaft Deutschland“ sich an Versammlungen beteiligt, an denen auch Rechtsextremisten aus verschiedenen Gruppierungen bzw. aus der subkulturellen rechtsextremistischen Szene vertreten sind. Solche Veranstaltungen dienen auch dazu, Kontakte zu knüpfen und sich zu vernetzen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die aus dem subkulturellen Rechtsextremismus stammenden Mitglieder der „Bruderschaft Deutschland“ über persönliche Kennverhältnisse in die Szene verfügen.