LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5001 05.02.2019 Datum des Originals: 05.02.2019/Ausgegeben: 08.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1876 vom 9. Januar 2019 der Abgeordneten Sarah Philipp SPD Drucksache 17/4763 Macht die Landesregierung aus Datenschutz jetzt Tatenschutz? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung musste in der Antwort auf die Kleine Anfrage (Drucksache 17/3597) des Abgeordneten Sven Wolf vom 12. September letzten Jahres einräumen, dass im Rahmen der Salafismusprävention am 19. April 2018 ein Workshop der Unterarbeitsgruppe „Eltern“ stattgefunden hat, an dem zumindest eine Person teilgenommen hat, bei der tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht von verfassungsfeindlichen Bestrebungen oder Tätigkeiten vorgelegen haben. Weitergehende Auskünfte lehnte die Landesregierung unter dem pauschalen Hinweis auf den Datenschutz der auffällig gewordenen Person ab. Diese Argumentation ist rechtsirrig. Insbesondere verletzt sie das Auskunftsrecht des Parlaments gegenüber der Landesregierung. Nach bislang unbestätigten Informationen soll es sich bei der Person um einen Angehörigen der Muslimbruderschaft handeln. Diese Organisation wird darüber hinaus nahezu bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein- Westfalen 2017 steht zur Muslimbruderschaft u. a.: „Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit Ziel der MB ist die Umgestaltung der Länder mit islamischer Mehrheitsbevölkerung in Staaten mit islamistischem Regierungssystem auf der Grundlage der Scharia sowie der islamischen Rechts- und Lebensordnung. Gewalt wird zur Durchsetzung dieses Ziels nicht ausgeschlossen. Sie ist aber kein vorrangiges Mittel. Die MB lehnt demokratische Staatssysteme ab, beziehungsweise akzeptiert sie nur als Übergangslösung. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz erfolgt aufgrund der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Gedanken der Völkerverständigung auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 VSG NRW.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5001 2 Darüber hinaus wird die Ditib von der Landesregierung mit der Muslimbruderschaft in Verbindung gebracht. Aus dem NRW-Innenministerium hieß es auf Anfrage der Presse am 7. Januar, die Türkei unterstütze die vom Verfassungsschutz in Bund und Land beobachtete Muslimbruderschaft. Angesichts des „Abhängigkeitsverhältnisses“ der Ditib von Ankara „gehen wir davon aus, dass es keine Berührungsängste der Ditib gegenüber der Muslimbruderschaft gibt“, sagte eine Sprecherin in Düsseldorf. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1876 mit Schreiben vom 5. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1. Hat am Workshop am 19. April 2018 eine Person teilgenommen, die im Verdacht steht, Angehörige oder Angehöriger der Muslimbruderschaft zu sein? An dem Workshop am 19. April 2018 hat eine Person teilgenommen, bei der von einem Näheverhältnis zur Muslimbruderschaft, nicht jedoch von einer Mitgliedschaft ausgegangen werden kann. 2. Wenn ja: Auf welcher Rechtsgrundlage hat die Landesregierung diese Information dem Parlament verschwiegen? Die Landesregierung achtet das Fragerecht der Abgeordneten. Dementsprechend beantwortet sie die ihr gestellten Fragen präzise, wahrheitsgemäß und vollständig unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung. Nach diesen Maßgaben hat die Landesregierung dem Parlament und damit auch der Öffentlichkeit auf die seinerzeit in der Kleinen Anfrage 1208 aufgeworfenen Fragen 2 und 3 zutreffend und erschöpfend geantwortet. Beide Fragen richteten sich auf einen „Treffer“, die mit ja beantwortet wurden. Nach einer Zugehörigkeit des Workshop-Teilnehmers zu einer extremistischen Organisation ist nicht gefragt worden. 3. Weist dieser Fall auch einen Bezug zur Ditib auf, gleich welcher Art? Dazu, dass dieser Fall einen Bezug zur Ditib aufweist, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Warum hat die Landesregierung zumindest die oben genannte Kleine Anfrage nicht zum Anlass genommen, über den Fall im Einklang mit den Bestimmungen des Datenschutzes zu informieren? Über die Beantwortung der Kleinen Anfrage 1208 hinaus gab es für die Landesregierung keinen Anlass, den Fall zum Gegenstand einer Berichterstattung zu machen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5001 3 5. Wann sind Angehörige der Landesregierung und/oder Staatssekretärinnen und Staatssekretäre über den Fall informiert worden? (Bitte jeden Fall einzeln auflisten.) Über diesen konkreten Einzelfall sind der Minister und der Staatssekretär des Ministeriums des Innern Nordrhein-Westfalen sowie der Minister, der Staatssekretär und die Staatssekretärin des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen nicht informiert worden. Es erfolgen laufend generelle Informationen über relevante Sachverhalte wie etwa zu den Versuchen der Einflussnahme der Muslimbruderschaft auf Politik und Gesellschaft oder die Einflussnahme der türkischen Regierung auf die Ditib.