LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5019 07.02.2019 Datum des Originals: 07.02.2019/Ausgegeben: 12.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1900 vom 15. Januar 2019 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/4852 Wie kann die Geburtsstation im Maria-Hilf Krankenhaus in Bergheim geöffnet bleiben? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den örtlichen Tageszeitungen wurde berichtet, dass es beabsichtigt sei, die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe des Maria-Hilf Krankenhauses in Bergheim im März 2019 zu schließen. Als Gründe werden eine schlechte Kosten- und Ertragslage, sinkende Geburtenzahlen und eine schwieriger werdende Personalgewinnung genannt. Die Stadt Bergheim und der Rhein-Erft-Kreis gehören zum Ballungsraum der Stadt Köln. Die Städte und Gemeinden im Kreis sind daher eine Zuzugsregion. Für jedes Krankenhaus ist zudem eine Geburtsstation ein wichtiger Bestandteil im Angebot der medizinischen Leistungen. Mit dem positiven Geburtserlebnis wird außerdem eine langfristige Bindung zum Krankenhaus aufgebaut. Der Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1900 mit Schreiben vom 7. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Welche konkreten Unterstützungsmöglichkeiten kann die Landesregierung der Leitung des Maria-Hilf Krankenhauses in Bergheim anbieten, damit die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe weiterbetrieben werden kann? Bei der geplanten Schließung der Geburtshilfe des Maria-Hilf Kranken-hauses in Bergheim handelt es sich um eine unternehmerische Ent-scheidung des Krankenhausträgers. Jeder Krankenhausträger kann eigenständig über die Schließung eines Versorgungsangebots entscheiden , allerdings muss die Versorgung geprüft und durch benach-barte Krankenhäuser gesichert bleiben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5019 2 Dies gilt auch für die Schließung der Geburtsstation im Maria-Hilf Krankenhaus in Bergheim. Im Rahmen dieser Prüfung werden insbesondere die bedarfsgerechte Versorgung, Leistungsfähigkeit/ Strukturqualität, Wirtschaftlichkeit und Erreichbarkeit bewertet. Wenn die geburtshilfliche Abteilung des Maria-Hilf Krankenhauses schließt, gibt es im Umkreis weiterhin folgende geburtshilfliche Abteilungen: St. Katharinen-Hospital in Frechen (22 km /22 Min. entfernt, z.Zt. vorübergehend geschlossen) Kreiskrankenhaus Grevenbroich (22 km/28 Min. entfernt) Krankenhaus Düren (27 km/30 Min. entfernt) St. Marien-Hospital Düren (28 km/27 Min. entfernt) St. Elisabeth-Krankenhaus Hohenlind (27,5 km/30 Min. entfernt) Universitätsklinikum Köln (28,6 km/33 Min. entfernt) Ev. Krankenhaus Weyertal (29 km/34 Min. entfernt) Marienenhospital Brühl in Köln-Longerich (33 km/33 Min. entfernt) Heilig-Geist-Krankenhaus Köln-Longerich (36 km/35 Min. entfernt) Krankenhaus der Augustinerinnen Köln (39 km/38 Min. entfernt). Alle aufgeführten Krankenhäuser sind in der Lage, die Geburten des Maria-Hilf Krankenhauses in Bergheim zu übernehmen. Sofern die Versorgung der Bevölkerung gesichert ist, gibt es keine rechtliche Möglichkeit, eine Schließung zu untersagen. Nach dem derzeitigen Informationsstand bestehen aus krankenhausplanerischer Sicht daher keine Handlungsmöglichkeiten. Die Geburtenzahlen im Maria-Hilf Krankenhaus sind seit Jahren rückläufig; waren es in 2016 noch 582 Geburten, konnten in 2018 nur noch 487 Geburten verzeichnet werden. Darüber hinaus haben Personalengpässe im letzten Jahr dazu geführt, dass der Betrieb der geburtshilflichen Abteilung zeitweise eingestellt werden musste. Der Träger hat somit die Entscheidung getroffen, den Betrieb im Frühjahr dieses Jahres dauerhaft einzustellen. 2. Wie stellt die Landesregierung einen ortsnahen Notfall-Begleitbedarf bei Hausgeburten in der Region sicher? In dem rettungsdienstlichen Zuständigkeitsbereich des Rhein-Erft-Kreises erfolgt nach dortigem Bericht die geburtshilfliche Versorgung durch die Krankenhäuser in Bergheim, Brühl und Frechen. Aufgrund der verbleibenden Kapazitäten werden rettungsdienstlich zunächst keine schwerwiegenden Auswirkungen erwartet. Gleichwohl sind - wie grundsätzlich bei Wegfall klinischer Versorgungs-kapazitäten - ggf. längere Anfahrtszeiten für den Rettungsdienst zur nächsten geeigneten Klinik zu erwarten, was eine längere Bindung von Rettungsmitteln für solche Einsätze bedeutet, womit u.U. eine Anpassung der Vorhaltung erforderlich sein könnte. Wichtig ist daher auch, dass der rettungsdienstliche Träger von Klinikseite in die dortigen Planungen engmaschig eingebunden wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5019 3 3. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung ergreifen, um Geburtsstationen im ländlichen Raum auch in der Zukunft als Angebot eines umfassenden medizinischen Angebots von Krankenhäusern zu sichern? 5. Mit welchen politischen Initiativen will die Landes-regierung die Finanzierung der Geburtshilfe auch für kleinere Krankenhäuser sicherstellen? Auf Grund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 5 gemeinsam beantwortet. Unterstützung für den Erhalt von basisversorgungsrelevanten bzw. bedarfsnotwendigen Leistungsangeboten, insbesondere im ländlichen Raum, können auf Grundlage der Regelungen zur Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 136c Abs. 3 SGB V gewährt werden. Die Zuschläge dienen der Sicherstellung einer für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Vorhaltung von Leistungen. Sie werden gezahlt, wenn ein Krankenhaus diese Leistungen aufgrund des geringen Versorgungsbedarfs nicht aus den Mitteln des Entgeltsystems für Krankenhäuser (Fallpauschalen und Zusatzentgelte) kostendeckend finanzieren kann. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im April 2018 beschlossen, dass auch die Geburtshilfe zukünftig im Sinne der Sicherstellungsregelungen zu den basisversorgungsrelevanten Leistungen eines Krankenhauses zählt. Damit können ab Januar 2019, unter Voraussetzung bestimmter Qualitätsstandards, auch Sicher-stellungszuschläge für die Vorhaltung einer Fachabteilung für Geburts-hilfe oder Gynäkologie und Geburtshilfe vereinbart werden. Zuschlagsfähig ist in diesem Fall dann zudem die Vorhaltung einer Fachabteilung Kinder- und Jugendmedizin. So können mit dem Sicher-stellungszuschlag Defizite aufgrund eines geringen Versorgungs-bedarfs ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang gilt eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe als gefährdet, wenn durch die Schließung des betreffenden Krankenhauses in dünn besiedelten Gebieten Pkw-Fahrzeiten von mehr als 40 Minuten notwendig sind, um bis zum nächstgelegenen geeigneten Krankenhaus zu gelangen. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) hat der Gesetzgeber eine zusätzliche Unterstützungsmöglichkeit für Krankenhäuser geschaffen. Ab dem Jahr 2020 können bedarfsnotwendige Kranken-häuser eine zusätzliche pauschale Förderung i.H.v. 400.000 € erhalten. Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene erstellen dazu jährlich eine Liste der Krankenhäuser, die den vom G-BA vorgegebenen Kriterien des Sicherstellungszuschlages entsprechen. Schließlich sei noch auf die Pauschalförderung des Landes hinge-wiesen, die jährlich den Krankenhäusern im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln gewährt wird. Die Pauschalförderung umfasst die Baupauschale für die Errichtung von Krankenhäusern (Neubau, Umbau, Erweiterungsbau) sowie die Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mehr als 15 Jahren. Mit diesen Mitteln können die Krankenhäuser ihren investiven Aufgaben nachgehen und z.B. im Bereich der Geburtshilfe investieren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5019 4 Zur zukünftigen Verbesserung der Versorgungssituation in Nordrhein-Westfalen erarbeitet die Landesregierung derzeit den Entwurf eines neuen Krankenhausplans. Dazu wurde im Sommer letzten Jahres ein Gutachten in Auftrag gegeben, das im Sommer 2019 vorliegen soll. Das Gutachten wird die aktuelle Versorgungsstruktur erfassen. Dabei wird die regionale (partielle) Unter- und Überversorgung ermittelt und eine Prognose sowie Handlungsempfehlungen für die Krankenhaus-planung bis zum Jahr 2030 abgegeben. Das Gutachten wird in seinen Analysen die Geburtshilfe miteinbeziehen. Neben Fördermöglichkeiten für Krankenhäuser sind für die Gewinnung von ausreichend Personal im Kreißsaal u.a. attraktive Arbeits-bedingungen und eine gute Betreuungssituation für die werdenden Mütter wichtig. Ob das Versorgungsmodell „Hebammengeleiteter Kreißsaal“ für Nordrhein-Westfalen als ein sicheres und gutes Modell zur Förderung der physiologischen Geburt sowie zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit von Hebammen und Entbindungspflegern dienen kann, wird derzeit in einer durch das Land geförderten Studie durch die Universitätsklinik Bonn untersucht. Die Ergebnisse werden im Sommer 2019 erwartet. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die gezielte Stärkung der gesundheitlichen Familien-Infrastruktur auch als Beitrag zur Stärkung des Strukturwandels der Kommunen im Rheinischen Revier? Im September 2018 hat die Zukunftsagentur Rheinisches Revier Eckpunkte eines Wirtschaftsund Strukturprogramms „Das Rheinische Zukunftsrevier“ vorgelegt und damit einen Anstoß für Projekte und Maßnahmen der Transformation des Reviers gegeben. Auf dieser Grundlage hat das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in Abstimmung mit den regional Verantwortlichen ein erstes Programm mit kurz-, mittel- und langfristig umzusetzenden Maßnahmen entwickelt. Für die entsprechenden Maßnahmen und Projekte muss der Bund auskömmliche Mittel bereitstellen, um den Transformationsprozess langfristig zu unterstützen. Die Landesregierung wird weiterhin im engen Dialog mit den Verantwortlichen in der Region Maßnahmen und Instrumente für den Strukturwandel erarbeiten.