LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5031 08.02.2019 Datum des Originals: 05.02.2019/Ausgegeben: 13.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1873 vom 7. Januar 2019 des Abgeordneten Volkan Baran SPD Drucksache 17/4760 Warum will die Landesregierung Bundesrecht torpedieren? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Fortentwicklung der Mietpreisbremse durch Bundesjustizministerin Katharina Barley hat positive Folgen für die Mieterinnen und Mieter in Nordrhein Westfalen. So bietet das Mietrechtsanpassungsgesetz einen verbesserten Schutz vor Mietwucher und Herausmodernisierung von Mieterinnen und Mietern. Demgegenüber beabsichtigt die Landesregierung, die Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes zum 30. Juni 2020 ersatzlos auslaufen zu lassen. Nach Einschätzung von Fachleuten wird der Umsetzung des Mietrechtsanpassungsgesetzes des Bundes in NRW damit der rechtliche Boden entzogen, denn zu dessen Anwendung in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten bedarf es der entsprechenden Verordnung des Landes. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1873 mit Schreiben vom 5. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Welche Veränderungen bietet das Mietrechtsanpassungsgesetz konkret gegenüber der bisherigen Rechtslage? Das Gesetz enthält u.a. Änderungen bei den Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn und zur Anpassung der Regelungen über die Modernisierung der Mietsache. Für die Einzelheiten wird auf die Bundestagsdrucksache 19/6153 verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5031 2 2. Wie bewertet die Landesregierung diese Veränderungen aus Sicht der Mieterinnen und Mieter? Die Landesregierung schließt sich der in der Bundestagsdrucksache 19/6153 dargelegten Analyse insoweit an, als dass die durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610) eingeführten Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn – und in der Folge deren Umsetzung und Geltung für 22 von 396 Städte in Nordrhein-Westfalen - bislang nicht zu den vom Bundesgesetzgeber erhofften Wirkungen geführt hat. Im Hinblick auf die auf der Bundesebene vorgenommenen Veränderungen im Zuge des Mietrechtsanpassungsgesetzes mit Bezug auf die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn hat die Landesregierung wiederholt die Sorge geäußert, dass es zu vorgezogenen Mieterhöhungen kommen kann. 3. Welche Folgen hat das Auslaufen der Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes zum 30. Juni 2020 auf die Anwendung des Mietrechtsanpassungsgesetzes des Bundes in Nordrhein-Westfalen? Die Anwendung des § 556d BGB bzw. der Änderungen bei den Regelungen über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn durch das Mietrechtsanpassungsgesetz setzt voraus, dass ein Land im Rahmen seiner Zuständigkeit gemäß § 556d Absatz 2 BGB eine Rechtsverordnung erlassen hat. Nordrhein-Westfalen verfügt mit der Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Mietpreisbegrenzung vom 23. Juni 2015 über eine entsprechende geltende Regelung. Über die Fortgeltung befristeter Gesetze und Verordnungen ist gemäß § 39 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen (GGO) vor Auslaufen einer Befristung zu befinden. 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Mieterinnen und Mieter vor ungerechtfertigten Mietpreisverlangen staatlicherseits geschützt werden müssen? Gemäß § 5 Wirtschaftsstrafgesetzbuch handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen lässt oder annimmt (Mietpreisüberhöhung). Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. § 5 WiStGB findet dabei nicht nur bei der Mietzinsfestsetzung anlässlich des Vertragsabschlusses Anwendung, sondern auch bei Mietpreisüberhöhungen bei einer Mieterhöhung. Wegen der erhöhten Darlegungslasten für Mieterinnen und Mieter war die Ausgestaltung bzw. Handhabbarkeit des § 5 WiStGB auch im Rahmen des „Wohngipfels“ der Bundesregierung und der Länder am 21. September 2018 gegenständlich. Ob und inwieweit das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die bestehenden Anwendungsschwierigkeiten zum Schutz von Mieterinnen und Mietern einer Behebung zuführen will, ist hier derzeit nicht bekannt; eine entsprechende Initiative würde von Seiten der Landesregierung aber ausdrücklich begrüßt werden. Darüber hinaus enthält § 291 Strafgesetzbuch den Tatbestand des „Mietwuchers“. Der strafrechtliche Tatbestand des Mietwuchers liegt im Wohnraummietrecht vor, wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent übersteigt und zusätzlich eine Zwangslage des Mieters vorliegt, die vom Vermieter zur Erzielung einer überhöhten Miete ausgenutzt wurde. Die Straftat ist mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe und bei gewerbsmäßigem Handeln und in anderen schweren Fällen sogar mit höherer Strafe bedroht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5031 3 5. Wo übernimmt die Landesregierung angesichts der beabsichtigten Abschaffung des landesrechtlichen Mieterschutzes noch Verantwortung für die betroffenen Menschen? Der Schwerpunkt der politischen Anstrengungen liegt auf der Verbreiterung des Angebotes durch zügigen Neubau in allen Segmenten. Denn die wirksamste Maßnahme, um Mietpreisanstiege unter Kontrolle zu bringen, sind Investitionen in neue Wohnraumangebote in allen Segmenten. Deshalb wurden und werden die Rahmenbedingungen für Investoren so verbessert, dass es wieder attraktiv wird, in Nordrhein-Westfalen Wohnraum zu schaffen. Der Landtag hat bereits im Juli 2018 das Baurechtsmodernisierungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 2019 beschlossen, mit dem eine künftige Bauherrschaft mehr Freiräume zur Realisierung von – insbesondere – Wohnungsbauvorhaben erhält. Mit diesem neuen Bauordnungsrecht und der seit dem 1. Februar 2018 modernisierten Wohnraumförderung setzt die Landesregierung den rechtlichen und den finanziellen Rahmen, um mehr frei- und öffentlich-finanzierten Wohnungsbau zu ermöglichen.