LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5090 12.02.2019 Datum des Originals: 12.02.2019/Ausgegeben: 15.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1892 vom 16. Januar 2019 des Abgeordneten Michael Hübner SPD Drucksache 17/4844 Vorläufiger Stopp der Verbrennung giftiger Ölpellets Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Raffinerie der RuhrOel GmbH in Gelsenkirchen werden Rückstände der Schwerölvergasung und Rußaufbereitung in Form von Ölpellets verwertet und teilweise als Ersatzbrennstoff im benachbarten Kraftwerk Scholven verwendet. Ölpellets weisen einen hohen Anteil an Nickel und Vanadium auf und stehen deshalb im Verdacht, krebserregend zu sein. Im Zeitraum von 2010 bis 2013 wurden Teile der in der Raffinerie anfallenden Ölpellets illegal in einer Tongrube in Hünxe entsorgt. Im Zuge des Strafprozesses gegen einen in die illegale Entsorgung verwickelten Abfallmakler stellte das Landgericht Bochum auch Versäumnisse der Bezirksregierungen Münster und Düsseldorf bei der Kontrolle und den Genehmigungen für die verschiedenen Absteuerungswege für die Ölpellets fest. In der Urteilbegründung (Az.: II-2 KLs-35 Js 232/14-1/17) spricht das Landgericht gar von einem „Versagen mehrerer Kontrollbehörden“ sowie einem „fehlenden Problembewusstsein“ der zuständigen Mitarbeiter in den Bezirksregierungen. In der Urteilsbegründung wird weiter dargelegt, dass ein Mitarbeiter des LANUV, aufgrund einer umfassenden Analyse zu dem Schluss gekommen sei, dass die Ölpellets als gefährlicher Abfall eingestuft werden müssten. Diese Einschätzung teilten die zuständigen Mitarbeiter der Bezirksregierung Münster bei Gesprächen zur Einordnung der Ölpellts im Jahre 2014 nicht. In der Urteilsbegründung heißt es auf Seite 23 dazu: „Weiterhin hätte eine Einordnung aller Pellets als gefährlicher Abfall dazu geführt, dass der RuhrOel eine Absteuerung der Ölpellets in das Kraftwerk Gelsenkirchen- Scholven verschlossen gewesen wäre. Diese Folge für die RuhrOel wollte man seitens der Bezirksregierung Münster vermeiden.“ Die Richter stellen in ihrer Urteilsbegründung auf Seite 11 aber unmissverständlich fest: „Die einzig zulässige Entsorgung (Anm.: der Ölpellets) ist die thermische Entsorgung in einer Sondermüllverbrennungsanlage (oder einer Anlage mit gleichwertigen Genehmigungen), da die durch die Verbrennung entstehende Abluft sowie der entstehende Rauch erheblich mit den vorerwähnten Schwermetallen belastet ist.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5090 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1892 mit Schreiben vom 12. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Teilt die Landesregierung die Einschätzung ihres Mitarbeiters, dass Ölpellts als gefährlicher Abfall einzustufen sind? Abfälle sind gemäß den Hinweisen des Bundesumweltministeriums zur Anwendung der Abfallverzeichnis-Verordnung aus dem Jahr 2005 als gefährlich einzustufen, wenn die Mineralölkohlenwasserstoffe eine Konzentrationsgrenze von 0,8% (8.000 mg/kg) überschreiten. Aus den Analysen des LANUV ergibt sich, dass Ölpellets, soweit sie als Abfall entsorgt und nicht zulässigerweise als Nebenprodukt eingesetzt werden, dementsprechend als gefährlicher Abfall einzustufen sind. 2. Genügen die Anlagen sowie die Kontroll- und Analysemaßnahmen im Kraftwerk Scholven der einer Sondermüllverbrennungsanlage bzw. einer Anlage mit gleichwertigen Genehmigungen? Die Verbrennung im Kraftwerk Scholven erfolgt unter vergleichbaren Bedingungen wie in einer Sonderabfallverbrennungsanlage. Nach geltendem Recht (Abfall- wie Immissionsschutzrecht) ist auch die Verbrennung oder Mitverbrennung von Abfällen und anderen ähnlichen brennbaren Stoffe, die nicht Abfall oder (Regel-) Brennstoff sind, in Kraftwerken oder anderen Feuerungsanlagen zulässig. Die diesbezüglich einzuhaltenden Umweltanforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission von Schadstoffen sind in der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen (17. BImSchV) festgelegt, die auch für die (Sonder-) Abfallverbrennung gilt. Insbesondere gelten danach für die besonders kritischen Schadstoffe, wie toxische oder krebserzeugende Schwermetalle oder organische Verbindungen gleiche Emissionsbegrenzungen für die Verbrennung in einer (Sonder-) Abfallverbrennungsanlagen wie für die Mitverbrennung in einem Kraftwerk. Die 17. BImSchV unterscheidet bei den Anforderungen auch nicht danach, ob es sich um Abfälle (einschließlich gefährlicher Abfälle) oder um ähnliche brennbare Stoffe handelt. Bei der Genehmigung für die Verbrennung der Ölpellets im Kraftwerk Scholven wurden die Anforderungen der 17. BImSchV zur Begrenzung der Emissionen zu Grunde gelegt. Insbesondere wurden für die Emissionsbegrenzung von Schwermetallen (einschließlich Nickel und Vanadium sowie für Quecksilber), für Staub, anorganische Fluorverbindungen, anorganische Chlorverbindungen und organische Stoffe sowie für Dioxine und Furane dieselben Emissionsgrenzwerte, wie sie auch für Abfallverbrennungsanlagen vorgeschrieben sind, festgelegt. Für die Emissionsbegrenzung von Schadstoffen, die auch bei der Verbrennung von Regelbrennstoffen emittiert werden, wie Kohlenmonoxid, Schwefeloxide und Stickstoffoxide wurden Mischgrenzwerte unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Vorgaben der 17. BImSchV für die Mitverbrennung im Genehmigungsbescheid festgelegt. Diese Mischwerte sind höher als die Grenzwerte für reine Abfallverbrennungsanlagen, aber niedriger als die Werte nach der 13. BImSchV, die für Großfeuerungsanlagen ohne Mitverbrennung gelten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5090 3 Hinsichtlich der Messungen und Kontrollen der Emissionen des Kraftwerks wurden in der Genehmigung die diesbezüglichen Anforderungen der 17. BImSchV festgeschrieben. Diese gelten auch für (Sonder-) Abfallverbrennungsanlagen. 3. Ist aus Sicht der Landesregierung zum Schutz der Gesundheit von Anwohnern sowie der Umwelt, also aus Gründen der Gefahrenabwehr, ein vorläufiger Stopp der Verbrennung von Ölpellets im Kraftwerk Scholven angebracht? Der Einsatz von Ölpellets aus der Raffinerie der Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen-Scholven als Nebenprodukt im Kraftwerk Scholven unterliegt einer Vielzahl von unterschiedlichen komplexen rechtlichen Regelungen und Anforderungen aus den jeweils geltenden Genehmigungen. Auf Basis der bisherigen Prüfung der Rechts- und Genehmigungslage gibt es keinen Anlass für einen vorläufigen Stopp der Verbrennung der Ölpellets. 4. Gibt es aus Sicht der Landesregierung alternative Anlagen zur legalen Entsorgung der in der Raffinerie der RuhrOel GmbH in Gelsenkirchen anfallenden Ölpellets? Ölpellets werden als Nebenprodukt im Kraftwerk Scholven der Uniper Kraftwerke GmbH eingesetzt. Soweit Ölpellets nicht im Kraftwerk Scholven eingesetzt werden, müssen sie aufgrund des hohen Mineralölkohlenwasserstoffgehaltes als gefährlicher Abfall (Abfallschlüsselnummer: 07 01 08*) in zugelassenen Anlagen entsorgt werden. Ölpellets können ordnungsgemäß und schadlos in Anlagen entsorgt werden, die für den Abfallschlüssel 07 01 08* zugelassen sind und die über die entsprechende Genehmigung gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz verfügen. Dies sind entweder Abfallverbrennungsanlagen oder Anlagen aus der Metallurgie.