LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5115 14.02.2019 Datum des Originals: 13.02.2019/Ausgegeben: 19.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1894 vom 15. Januar 2019 des Abgeordneten Michael R. Hübner SPD Drucksache 17/4846 Bekämpfung von Kinderarbeit, Einhaltung von ILO Kernarbeitsnormen – Wie hält Minister Laumann seine Versprechen ein? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Debatte zum Thema Freier Handel am 13. Dezember 2018 im Plenum des Landtags NRW hat Sozialminister Laumann beteuert, das Land NRW setze auf die Verwirklichung der ILO Kernarbeitsnormen. Das Land wolle an den eigenen Vergabestellen aber auch an denen der Kommunen sicherstellen, dass keine Produkte aus Kinderarbeit angeschafft werden. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1894 mit Schreiben vom 13. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. 1. Werden die ILO-Kernarbeitsnormen derzeit bei der öffentlichen Beschaffung eingehalten? 2. Wie setzt die Landesregierung die ILO-Kernarbeitsnormen bei eigenen öffentlichen Vergaben um? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5115 2 Die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) umfassen acht Übereinkommen, mit denen sich die unterzeichnenden Staaten rechtlich verpflichten, bestimmte Mindeststandards zu gewähr-leisten, um in ihrem Land menschenwürdige Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Die ILO-Kernarbeitsnormen sind völkerrechtliche Übereinkommen und binden damit unmittelbar nur die unterzeichnenden Staaten als Völkerrechtssubjekte. In Deutschland hat der Bundesgesetzgeber seine Verpflichtungen aus den ILO- Übereinkommen - etwa zum Schutz der Menschenrechte, dem Verbot der Beschäftigung von Kindern oder dem Verbot der Zwangs-arbeit - vollumfänglich in deutsches Recht umgesetzt. Im Bereich der öffentlichen Beschaffung finden diese arbeitsrechtlichen Mindeststandards über die in § 97 Absatz 3 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) und § 2 Absatz 3 UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) normierten „Grundsätze der Vergabe“ Berücksichtigung , wonach unter anderem soziale Aspekte als strategische Ziele nach Maßgabe der anzuwendenden Vorschriften berücksichtigt werden. Im Formular 111/111 EU des Vergabehandbuchs des Landes Nord-rhein-Westfalen für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungs-aufträgen (VHB NRW) erfolgt bei allen Beschaffungsanträgen eine entsprechende Dokumentation, dass und wie die öffentliche Stelle soziale Aspekte und Umweltkriterien in einem Vergabeverfahren berücksichtigt hat. Zudem haben Unternehmen bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags alle arbeits- und sozialrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten (§ 128 Absatz 1 GWB) und können bei Zuwiderhandlungen von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden (§ 124 Absatz 1 Nummer 1 GWB). 3. Welche Textilien kauft der Arbeitsschutz in NRW ein? Die Arbeitsschutzverwaltung in Nordrhein-Westfalen beschafft insbesondere folgende Textilien: - Arbeitsschutz-, Warnschutz, Softshell-, Multifunktions- sowie Windjacken - Warn-Wetterschutzparkas - Warnwesten - Latz- und Bundhosen - Stiefelsocken - Helme/ Helmmützen - Schutzbrillen - Chemie-Schutzoveralls - Handschuhe - T-Shirts - Sicherheitsschuhe/-stiefel. 4. Wie wird die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Beschaffung dieser Textilien sichergestellt? Die für die Beschaffung von Arbeitsschutztextilien zuständigen Vergabe-stellen stellen die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen gegenwärtig in unterschiedlicher Weise sicher. Teilweise sind die entsprechenden Anforderungen in der Leistungsbeschreibung als Teil der Ausschreibungsunterlagen enthalten. Die Firmen sind mit Angebotsabgabe verpflichtet, die gestellten Anforderungen umzusetzen oder geforderte Zertifikate vorzulegen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5115 3 Darüber hinaus wird teilweise im Rahmen einer Bemusterung vor Auftragserteilung geprüft, ob die Anforderungen tatsächlich eingehalten werden bzw. die nötigen Zertifizierungen bestehen. Nur dann wird ein Auftrag erteilt. In der Mehrzahl der Beschaffungsvorgänge handelt es sich gegenwärtig um den Einkauf kleinerer Mengen, die in Form sogenannter Direktkäufe ohne öffentliche Ausschreibung getätigt werden können. In diesen Fällen werden bei der Angebotsaufforderung von vornherein nur solche Unternehmen als geeignet berücksichtigt, die die Einhaltung der entsprechenden Standards in den Produktionsländern garantieren. 5. Erfüllt das Land NRW die Kriterien des Nationalen Aktionsplanes Wirtschaft und Menschenrechte der Bundes-regierung? Nachdem der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (VN) im Juni 2011 die sog. VN- Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet hatte, forderte die EU- Kommission die EU-Mitgliedstaaten auf, Nationale Aktionspläne zur Umsetzung dieser VN- Leitprinzipien zu entwickeln. Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zeigt die Bundesregierung auf, welche Maßnahmen zur Umsetzung der VN- Leitprinzipien bereits getroffen wurden und welche zukünftigen Schritte bis 2020 geplant sind. Nennenswert im Bereich der öffentlichen Beschaffung sind die bereits erzielten Fortschritte durch die Vergaberechtsreform von 2016, nach der die öffentliche Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strategischer Ziele wie Nachhaltigkeit, Sozialstandards, Umweltschutz oder Innovation genutzt werden kann. Zudem formuliert die Bundesregierung in dem Aktionsplan ihre Erwartungen an staatliche Behörden, betont daneben aber auch die Verantwortung international agierender Wirtschaftsunternehmen. Der Aktionsplan soll so eine Orientierung für die praktische Umsetzung der VN-Leitprinzipien geben. Bestimmte Kriterien bzw. konkrete, rechtlich verbindliche Verpflichtungen für die Länder, Behörden und Unter-nehmen enthält der Aktionsplan jedoch nicht. Der Aktionsplan der Bundesregierung gibt daher keine expliziten Kriterien vor, die seitens der Landesregierung bei Beschaffungen zu berücksichtigen wären.