LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5125 14.02.2019 Datum des Originals: 13.02.2019/Ausgegeben: 19.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1914 vom 18. Januar 2019 des Abgeordneten Herbert Strotebeck AfD Drucksache 17/4876 Grenzkontrollen an der Westgrenze im Zusammenhang mit dem Anschlag in Straßburg Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach dem (mutmaßlich) islamistischen1 Terroranschlag mit fünf Todesopfern in Straßburg am 11. Dezember 2018 wurden auch in Deutschland kurzfristig Grenzkontrollen an der Westgrenze zu den europäischen Nachbarstaaten eingeführt. Innerhalb von nur 50 Stunden wurden 154 Fahndungstreffer erzielt und 15 Haftbefehle vollstreckt.2 „Bis zu 780 Polizeivollzugsbeamte waren in Baden-Württemberg, dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen an der Fahndung an den Grenzen zu Frankreich, Belgien und Luxemburg sowie auf relevanten Bahnstrecken beteiligt.“3 Schon Anfang Juni konnten dank kurzzeitiger Grenzkontrollen bzw. Kontrollen im Grenzgebiet im Raum Aachen mehr als 100 Personen bei der Einreise in die Bundesrepublik festgenommen werden.4 Der NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kritisierte Grenzkontrollen: „Wir werden nicht akzeptieren, dass an der belgischen, niederländischen, französischen und luxemburgischen Westgrenze das Schengen-System aufgegeben und ausgesetzt wird“.5 Das Bundesland Bayern hat im Sommer 2018 eine eigene Grenzpolizei als Teil der Landespolizei eingerichtet, welche nach dem Anschlag in Straßburg ihre Fahndung verstärkte.6 Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wies in dem Zusammenhang auch auf 1 http://www.spiegel.de/politik/ausland/strassburg-staatsanwalt-nennt-morde-islamistischen-terror-a- 1243340.html 2 https://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article185689280/Strassburg-154-Fahndungstrefferin -50-Stunden.html 3 Ebd. 4 https://www1.wdr.de/nachrichten/gewerkschaft-der-polizei-kritisiert-fehlendes-personal-beibundespolizei -100.html 5 Ebd. 6 https://www.onetz.de/deutschland-welt/polizei-fahndet-bayern-strassburger-attentaeterid 2576624.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5125 2 digitale Hilfsmittel bei der bayerischen Grenzraumüberwachung hin: „Darüber hinaus setzen wir zur Fahndung auch unsere Anlagen zur automatisierten Kennzeichenerkennung ein.“7 In der CSU-Zeitung Bayernkurier lobt Innenminister Herrmann die Grenzkontrollen: „Unsere Bayerische Grenzpolizei arbeitet eng mit der Bundespolizei zusammen und sorgt mit der erhöhten Kontrolldichte und der verstärkten Polizeipräsenz für einen deutlichen Sicherheitsgewinn.“8 In NRW hielt die Gewerkschaft der Polizei im Juni 2018 umfangreiche Grenzkontrollen mangels Personal für unmöglich.9 Die AfD-Landtagsfraktion forderte in einem Antrag die Landesregierung auf, sich mit Nachdruck für eine Verstärkung der Bundespolizei an der NRW-Westgrenze einzusetzen und eine Grenzpolizei nach dem Vorbild Bayerns einzurichten.10 NRW-Innenminister Herbert Reul lehnte die geforderte Grenzpolizei in der Plenardebatte am 13. Juli 2018 ab.11 Des Weiteren verkündete Minister Reul im Plenum: „Auch wir haben dafür zu sorgen, dass die Bundespolizei, die allein – nicht wir – für die deutschen Außengrenzen zuständig ist, personell ausreichend ausgestattet ist. Genau deshalb haben wir bei der Bundesregierung interveniert und gesagt: Wir gehen davon aus – […] –, dass es die Polizisten, die für Nordrhein-Westfalen zuständig sind und die Grenzen zu schützen haben, auch gibt.“ Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1914 mit Schreiben vom 13. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Wie viele Fahndungserfolge gab es an der NRW-Westgrenze durch die Grenzkontrollen bzw. Kontrollen im Grenzgebiet nach dem Anschlag am 11. Dezember (bitte aufschlüsseln nach Art des Fahndungserfolgs)? Maßnahmen der Bundespolizei waren örtlich beschränkt. Nordrhein-Westfalen war nicht betroffen. 2. In welchem konkreten Rahmen hat die NRW-Landespolizei die Bundespolizei bei den Kontrollen im NRW-Grenzgebiet nach dem Anschlag unterstützt? Der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes obliegt allein der Bundespolizei. Der Grenzschutz wird von ihr dabei im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern wahrgenommen. Die Bundespolizei nimmt diese Aufgabe nach eigener Lagebeurteilung und eigenem Kräftemanagement wahr und ist dabei auch für Zurückweisungen bzw. Zurückführungen von Personen bei/nach unerlaubtem Grenzübertritt gemäß § 71 Aufenthaltsgesetz zuständig. In eigener Zuständigkeit setzt die nordrhein-westfälische Polizei im Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität auf stärkere polizeiliche Kontrollen im Land. 7 Ebd. 8 https://www.bayernkurier.de/inland/35921-bayern-investiert-in-die-sicherheit/ 9 https://www1.wdr.de/nachrichten/gewerkschaft-der-polizei-kritisiert-fehlendes-personal-beibundespolizei -100.html 10 https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17- 3026.pdf 11 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMP17%2F33|37|45 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5125 3 Insbesondere ist mit dem jüngst geänderten nordrhein-westfälischen Polizeigesetz auch eine strategische Fahndung möglich, welche anlassbezogene, verdachtsunabhängige Überprüfungen von Personen ermöglicht. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Frankreich ist im deutsch-französischen Polizeivertrag geregelt. Die Bundespolizei, die Polizei der Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz betreiben gemeinsam mit Frankreich im gemeinsamen Zentrum Kehl einen inten-siven Informationsaustausch, organisieren von dort die unmittelbare polizeiliche Rechtshilfe und unterstützen sich gegenseitig, so wie dies zum konkreten Sachverhalt vom 12.12.2018 in den Medien dargestellt wurde. Im vorliegenden Fall wurde die deutsche Polizei unmittelbar durch Frankreich informiert und grundsätzlich vereinbarte Einsatzkonzepte wurden ausgelöst. Nordrhein-Westfalen hat keine gemeinsame Grenze mit Frankreich. Gemeinsam wird mit den Nachbarländern Niederlande und Belgien die gemischt besetzte Dienststelle EPICC in Kerkrade betrieben. Insbesondere in den Euregios und durch das Landeskriminalamt ist eine gute Vernetzung mit den direkten Nachbarn gegeben. Einzelne polizeiliche Maßnahmen und Einsatztaktiken werden nicht öffentlich kommuniziert. Die Polizei reagiert jedoch lageabhängig und individuell. 3. Wie viele Staus ergaben sich unmittelbar durch die Grenzkontrollen auf den Straßen in NRW nach dem Anschlag (bitte aufschlüsseln nach Grenzübergang und Länge des jeweiligen Staus)? Da Nordrhein-Westfalen durch die Maßnahmen der Bundespolizei nicht betroffen war, haben sich auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang auch keine Staulagen ergeben. 4. Werden in NRW auch Anlagen zur automatisierten Kennzeichenerkennung zur Fahndung eingesetzt? Die Polizei Nordrhein-Westfalen setzt Automatisierte Kennzeichenlesegeräte (AKLS) bislang ausschließlich zur Strafverfolgung ein. Rechtsgrundlage ist § 100h Strafprozessordnung. 5. In welcher Weise hat sich die personelle Situation bei der Polizei an der NRW- Westgrenze seit der Aussage von Innenminister Herbert Reul im Juli (siehe Fließtext) konkret verändert? Gemäß Art. 73 Abs. 1 Ziff. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland liegt der Grenzschutz in der alleinigen Zuständigkeit des Bundes. Anfragen zur personellen Situation sind dorthin zu richten.