LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5145 15.02.2019 Datum des Originals: 15.02.2019/Ausgegeben: 20.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1905 vom 17. Januar 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/4867 Lehrermangel an Grundschulen – und das Ministerium setzt neue Hürden Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In keiner Schulform ist die Zahl der unbesetzten Lehrerstellen so groß wie bei der Grundschule. Mit verschiedenen Maßnahmen haben sowohl die frühere wie die jetzige Landesregierung versucht, dem Mangel zu begegnen. Angesichts der absehbaren Pensionierungen vieler Grundschullehrerinnen und -lehrer besteht auch auf längere Sicht ein erheblicher Bedarf an neuen Lehrkräften. Das Schulministerium hat im Frühjahr 2018 eine „Prognose zum Lehrkräftearbeitsmarkt in NRW bis 2039/40“ veröffentlicht. Demnach besteht beim Grundschullehramt in den nächsten zehn Jahren ein durchschnittlicher Bedarf an Neueinstellungen von 1600 Lehrkräften pro Jahr, das Angebot wird aber nur bei 1400 liegen. Erst mit dem Schuljahr 2032/33 wird – aus heutiger Sicht - mit einer Entspannung gerechnet. Eine Erhöhung der Studienplatzkapazität an den Hochschulen in NRW wird erst nach 10 Semestern also nach mindestens fünf Jahren zu einer Erhöhung der Zahl der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter führen. Bislang wurden auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus anderen Bundesländern als Referendarinnen und Referendare an nordrhein-westfälischen Seminaren ausgebildet. So ist zum Beispiel Osnabrück ein attraktiver weil benachbarter Studienort für Studierende aus dem nördlichen Westfalen. Für Überraschung und Kopfschütteln sorgte nun die Ankündigung des Schulministeriums, die Zugangsvoraussetzungen für den Vorbereitungsdienst zu verschärfen. Demnach sind jeweils mindestens acht Leistungspunkte in Deutsch und Mathematik nachzuweisen. Diese Voraussetzung können Studierende aus Niedersachsen oftmals nicht erfüllen. Das war bislang kein Problem. Nun wurde Anfang Januar den Universitäten die neue Regelung mitgeteilt. Sie beklagen, dass dies ohne Vorwarnung oder Konsultation geschehen ist und kein anderes LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5145 2 Bundesland solche Verschärfungen vorgenommen hat. Die Regelung sollte ursprünglich ab Mai gelten, wurde aber laut Pressemeldung bis auf weiteres ausgesetzt. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1905 mit Schreiben vom 15. Februar 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren der Anteil an Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern, die an einer Hochschule außerhalb Nordrhein-Westfalens ihr Lehramtsstudium absolviert haben? Anteil der im jeweiligen Jahr neu eingestellten Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter: 2014: 14,82 % 2015: 14,71 % 2016: 14,92 % 2017: 13,72 % 2018: 13,74 % Nordrhein-Westfalen hat in den vergangenen Jahren alle Studienabschlüsse aus anderen Bundesländern, die nach den Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK) erworben wurden, anerkannt. 2. Wie will die Landesregierung den wegfallenden Anteil von Absolventinnen und Absolventen in der Lehramtsausbildung ausgleichen, die außerhalb NRWs studiert haben und bislang ohne Restriktionen in die Ausbildungsseminare gehen konnten? 3. Worin begründet die Landesregierung die Notwendigkeit der neuen Zulassungsbedingungen? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zu den drei Ausbildungsfächern im Vorbereitungsdienst für das Grundschullehramt gehören ab Mai 2019 unter anderem nunmehr verpflichtend die Fächer Deutsch (Sprachliche Grundbildung) und Mathematik (Mathematische Grundbildung), die gemeinsam in einem Fachseminar ausgebildet werden (§ 22 Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Staatsprüfung). Damit wird auf die fundierten Studieninhalte, die Lehramtsstudierende auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Lehrerausbildungsgesetzes in Deutsch und Mathematik erwerben, aufgebaut und die im nordrhein-westfälischen Lehramtsstudium angelegte Drei-Fach-Ausbildung in der zweiten Phase der Lehrerausbildung fortgeführt. Die Fortführung der Drei-Fach-Ausbildung in der zweiten Phase der Lehrerausbildung erfordert auch von auswärtigen Absolventinnen und Absolventen des Grundschullehramtes Studienanteile in Deutsch und Mathematik auf einem fachlichen Mindestniveau, an das der Vorbereitungsdienst anschließen kann (als Anhaltspunkt können Leistungen von jeweils mindestens 8 Leistungspunkten dienen, was dem Minimum der in allen anderen Ländern zu erbringenden Leistungen entspricht). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5145 3 In aller Regel verfügen Absolventinnen und Absolventen anderer Bundesländer über diese Studienanteile, da die Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Lehramt an Grundschulen bereits seit 2013 vorsieht, dass das Grundschulstudium fachwissenschaftliche und fachdidaktische Studieninhalte aus den Fächern Deutsch und Mathematik umfasst. Entsprechendes verlangt auch der sog. Mobilitätsbeschluss der KMK für bundesweite Anerkennungen, der 2013 mit nordrhein-westfälischer Unterstützung entstanden ist. Die in der KMK beschlossenen Mobilitätsberichte konkretisierten diese Vorgabe in der Folge dahingehend, dass damit qualitativ und quantitativ die Funktion einer Grundschullehrkraft und das Klassenleiterprinzip gestärkt werden sollen. Um die Ablehnung von Anerkennungsanträgen aus Niedersachsen zu vermeiden, werden niedersächsische Studienabschlüsse für das Lehramt an Grundschulen, soweit sie die genannten Vorgaben in Deutsch oder Mathematik eindeutig nicht erfüllen, übergangsweise modifiziert für den nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst anerkannt: Die Anerkennung kann sich nur auf zwei Fächer (Deutsch oder Mathematik und ein weiteres Fach) und nicht wie bei Studienabschlüssen für das Lehramt an Grundschulen aus anderen Bundesländern auf drei Fächer (Deutsch und Mathematik und ein weiteres Fach) beziehen. Darauf und auf die gegebenenfalls bestehenden fachlichen Schwierigkeiten werden die niedersächsischen Absolventinnen und Absolventen im Rahmen des nordrhein-westfälischen Anerkennungsverfahrens in jedem Einzelfall hingewiesen. Alle Antragstellerinnen und Antragsteller können aber weiterhin eine Anerkennung erhalten, die den Wechsel in den nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst ermöglicht. Derzeit haben 13 niedersächsische Absolventinnen und Absolventen mit dem Lehramt an Grundschulen einen Antrag auf Anerkennung ihres Studienabschlusses für den im Mai 2019 beginnenden nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst gestellt. Sofern sich diese Absolventinnen und Absolventen den nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst wegen ihrer fehlenden Grundlagen in Deutsch oder Mathematik nicht zutrauen, haben sie die Möglichkeit, ihren Vorbereitungsdienst in Niedersachsen zu absolvieren und ihre dort erworbene Lehramtsbefähigung anschließend in Nordrhein-Westfalen für eine Tätigkeit im hiesigen Schuldienst anerkennen zu lassen. Auswirkungen auf den nordrhein-westfälischen Lehrkräftearbeitsmarkt sind vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten. 4. Wie lange wird die Übergangszeit dauern, bis die neuen Regelungen in Kraft gesetzt werden? Die Anerkennung der in Rede stehenden niedersächsischen Studienabschlüsse kann unter ausbildungsfachlichen Gesichtspunkten keine dauerhafte Perspektive darstellen. Die Länge der Übergangszeit kann auch davon abhängen, wann und wie Niedersachsen Regelungen zur Umsetzung der genannten Beschlüsse der KMK treffen wird. 5. Hat die Landesregierung die von ihr identifizierte Problematik in der Kultusministerkonferenz thematisiert? Ja, zuletzt wurde die Problematik im Herbst 2018 in KMK-Gremien thematisiert.