LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5236 22.02.2019 Datum des Originals: 22.02.2019/Ausgegeben: 27.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1980 vom 31. Januar 2019 des Abgeordneten Christian Loose AfD Drucksache 17/4973 Wird das Werbeverbot an Autobahnen in NRW mit Werbegraffitis umgangen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage An vielen Autobahnbrücken, Brückenpfeilern, Lärmschutzwänden und Gebäuden auf Rastplätzen in NRW befinden sich Schmierereien und Graffitis, die häufig extremistischen Gruppierungen zugeordnet werden können. Die Akteure organisieren sich und gehen planvoll vor. In Magdeburg kursiert beispielsweise eine Broschüre der linken Szene. Darin finden Sprayer Erklärungen und Hinweise, wie sie am besten ihre Spuren vernichten, Fluchtwege finden und für den Fall einer Festnahme oder Vorladung von der Polizei jegliche Aussage verweigern.1 Bei einigen Graffitis ist anhand der oftmals in großen Lettern zu lesenden Botschaft klar erkennbar, dass es hierbei um ehrabschneidende, beleidigende Angriffe auf Personen des öffentlichen Lebens, z.B. Politiker oder Präsidenten ausländischer Staaten, geht. Demgegenüber gibt es an vielen Autobahnabschnitten in Nordrhein-Westfalen Symbole extremistischer und/oder politischer Organisationen, so wie derzeit z.B. das Antifa-Logo an der A 40 Fahrtrichtung von Dortmund nach Essen im Bereich bei ungefähr KM 20 bzw. KM 12,5 bzw. KM 0,3. Gut sichtbar sind auch die Werbeinitialen der Ultras-Fangruppe Melting Pott Ultras Bochum (MLPT), die sich zum Beispiel etwa bei KM 14,7 der A 40 befinden. Diese Graffitis enthalten mithin keinen Text, der als Botschaft kundgetan werden soll. Hierbei geht es den Sprayern darum, auf die Organisation aufmerksam zu machen, mit der sie sich identifizieren und auf deren Präsenz sie mit dem Symbol-Graffiti hinweisen wollen. 1 https://www.volksstimme.de/lokal/magdeburg/sachbeschaedigung-linke-rufen-zu-illegalen-graffiti-auf (abgerufen am 14.12.2018). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5236 2 Angesichts der stark frequentierten Autobahnen in Nordrhein-Westfalen werden die Graffitis von einer Vielzahl von Autofahrern wahrgenommen. Soweit sich die Botschaft auf das Vorhandensein einer Organisation bezieht, auf die aufmerksam gemacht werden soll, bekommt das Graffiti einen werbeähnlichen Charakter, der bis zu seiner Beseitigung fortbesteht. Nicht jede Außenwerbung ist im Straßenbereich erlaubt. So regelt § 9 Abs. 6 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz z.B. ein Verbot der Anbringung von Außenwerbung an Brücken über Bundesfernstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsordnung ist außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton verboten, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Illegale Graffitis stellen eine Sachbeschädigung dar, deren Beseitigung hohe Kosten verursacht, die schlussendlich im Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs vom Steuerzahler zu tragen sind. Ungeachtet dessen enthalten die Graffitis oftmals ehrabschneidende, beleidigende Aussagen, die bis zur Beseitigung des Graffitis gegenüber einer Vielzahl von Personen kundgetan werden. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 1980 mit Schreiben vom 22. Februar 2019 namens der Landesregierung in Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass das Logo einer Organisation wie der Antifa, von Ultra-Fangruppen oder anderen Gruppierungen, das auf eine Autobahnbrücke oder auf eine Lärmschutzwand an der Autobahn aufgesprüht wird, unter das Werbeverbot des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsordnung bzw. § 9 Abs. 6 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz fällt (Bitte Gründe für die rechtliche Einordnung benennen)? Gemäß § 9 Absatz 6 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 Bundesfernstraßengesetz sind Werbeanlagen entlang der Bundesfernstraßen in einem Abstand von bis zu 40 Metern, gemessen vom äußeren Fahrbahnrand, verboten. § 9 Absatz 6 Satz 2 Bundesfernstraßengesetz verbietet darüber hinaus Werbung an Brücken über Bundesfernstraßen. Schutzzweck dieser Regelungen ist die Erhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und die Vermeidung der Ablenkung der am Verkehr auf den Bundesfernstraßen Teilnehmenden durch Werbebotschaften. Denselben Zweck verfolgt auch das Verbot von Werbung und Propaganda an Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften nach § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Straßenverkehrs-Ordnung, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können. Der Begriff der Werbeanlage ist weder im Straßenrecht noch im Straßenverkehrsrecht näher bestimmt. Hierzu wird auf die bauordnungsrechtliche Legaldefinition zurückgegriffen (in Nordrhein-Westfalen § 10 der Landesbauordnung). Danach sind Anlagen der Außenwerbung alle ortsfesten Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und die vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Es muss sich nicht um bauliche Anlagen handeln, ortsfeste Einrichtungen können auch Bepflanzungen oder Bemalungen, mithin auch Graffitis sein. Die angesprochenen Graffiti- Symbole der verschiedensten Gruppierungen können nicht als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf eingestuft werden. Inwieweit mit den Schriftzügen oder Symbolen eine Ankündigung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5236 3 oder Anpreisung verbunden ist, ist in vielen Fällen nicht eindeutig. Durch teilweise eigenwillige Schreibweisen ergeben sich oft schwer zu entziffernde Hinweise, deren Erkennbarkeit und Hintergrund sich häufig nur Insidern erschließt. Vielen am Verkehr Teilnehmenden wird eine eindeutige Aussage im Vorbeifahren eher nicht bewusst. Ein werbender Charakter kann nur in wenigen Fällen eindeutig bejaht werden. Daher ist der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen gehalten, jeden Einzelfall nach eindeutig erfassbarer Aussage, Ablenkungswirkung sowie Lage und Standort zur Straße zu prüfen. 2. In welchen Zeitabständen erfolgt eine Sichtung des Autobahnnetzes in Nordrhein- Westfalen zur Erfassung der Graffitis auf Autobahnbrücken, Brückenpfeilern und Lärmschutzwänden etc.? Spezielle Kontrollen zur Erfassung von Graffitis führt der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen nicht durch. Sichtungen erfolgen im Zuge der turnusmäßigen Streckenkontrolle der Autobahnen zweimal wöchentlich. 3. Welcher Zeitraum vergeht von der Sichtung eines Graffitis bis zur Beseitigung? Bitte aufschlüsseln nach Graffitis, die z. B. aufgrund einer Beeinträchtigung des Verkehrs unverzüglich beseitigt werden und solcher Graffitis, die diese Anforderungen nicht erfüllen. Die Reaktionszeit bis zur Beseitigung von Graffitis hängt von den jeweiligen örtlichen Bedingungen ab. Oft ist die Reinigung mit Einschränkungen des fließenden Verkehrs verbunden. Aus diesem Grund werden die Arbeiten dann mit anderen erforderlichen Arbeiten an der Strecke verbunden. Eine Erfassung der Zeiträume erfolgt hierbei nicht, so dass eine aufgeschlüsselte Darstellung nicht erfolgen kann. 4. Welche Kosten sind in den Jahren 2015, 2016 und 2017 für die Entfernung von Graffitis im Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein- Westfalen angefallen? Die Personalkosten für die Aufwendungen der in Eigenleistung durch Bedienstete des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen erbrachten Entfernungen betrugen - 2015: 47.514 Euro, - 2016: 48.113 Euro, - 2017: 43.205 Euro. Eine gesonderte Erfassung der Kosten für die an Externe vergebenen Reinigungsleistungen erfolgt nicht. 5. Wie viele Strafanzeigen bzw. Strafanträge wurden vom Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 erstattet bzw. gestellt? Im Jahr 2015 wurden 10 Anzeigen, im Jahr 2016 15 Anzeigen und im Jahr 2017 16 Anzeigen erstattet. Dabei wurden Graffiti zur Anzeige gebracht, deren Aussagen strafrechtliche Relevanz haben. Es werden auch politisch exponierte Graffiti seitens der Polizei gemeldet. Es kommt auch vor, dass Graffiti-Sprayer auf frischer Tat ertappt werden. In diesen Fällen werden Strafanträge gestellt, die aber nicht separat erfasst werden.