LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5241 22.02.2019 Datum des Originals: 22.02.2019/Ausgegeben: 27.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1930 vom 23. Januar 2019 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD Drucksache 17/4916 Förderschulen im ländlichen Raum Vorbemerkung der Kleinen Anfrage „Die ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens erstrecken sich über zwei Drittel der Landesfläche. Hier leben rund sechs Millionen Menschen, das ist ein Drittel der nordrheinwestfälischen Bevölkerung“, heißt es auf der offiziellen Internetpräsenz des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.1 Aus bildungspolitischer Sicht hat gerade der ländliche Raum in NRW eine schmerzhafte Entwicklung durchmachen müssen. Die Mindestgrößenverordnung vom 16.10.2013 der rotgrünen Vorgängerregierung hat maßgeblich zur negativen Entwicklung der Schullandschaft in NRW beigetragen. Dies hatte die Marginalisierung der Förderschulen zur Folge. Durch die Änderungsverordnung vom 24. August 2017 der schwarz-gelben Landesregierung wird eine befristete Fortführung von Förderschulen ermöglicht. Der Druckschrift zu den Schuleckdaten seitens des Ministeriums für Schule und Bildung ist für das Schuljahr 2017/2018 zu entnehmen, dass 21 Förderschulen mit „auslaufend“ erfasst worden sind.2 Im ländlichen Raum, wo selbst Regelschulen schwer zu erreichen sind, fehlen Förderschulen. Seitens der Bildungsministerin wird nicht nur nach einer provisorischen Lösung für die fehlenden Förderschulen gesucht, sondern im Kern ein irreführendes Konzept namens „differenzierte Inklusion“ vorgestellt, welches das logistische Problem „exklusiv“ lösen möchte.3 1 https://www.umwelt.nrw.de/landwirtschaft/laendliche-raeume/ (abgerufen am 27.03.2018). 2 https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Service/Schulstatistik/Amtliche- Schuldaten/StatTelegramm2017.pdf, (abgerufen am 27.03.2018, S. 14). 3 https://www.welt.de/regionales/nrw/article168298223/Wir-wollen-eine-differenzierte-Inklusion.html, (19.03.2018). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5241 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1930 mit Schreiben vom 22. Februar 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Wie viele Förderschulen wurden in dem Zeitraum von 2013-2018 zusammengelegt oder sogar geschlossen? (gebeten wird um eine Auflistung nach Schule und Kommune, differenziert nach Zusammenlegung/Schließung pro Jahr) Die Zahlen der im Zeitraum von 2013 bis 2018 zusammengelegten und geschlossenen Förderschulen können auf Grundlage der Amtlichen Schuldaten nicht ermittelt werden. Hierfür wäre eine Erhebung und Auswertung sämtlicher, in diesem Zeitraum getroffener Schulträgerbeschlüsse erforderlich. Die Durchführung einer solchen Datenerhebung und - aufbereitung würde jedoch mehr Zeit beanspruchen, als für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung steht. Ersatzweise werden daher in der Anlage für die Schuljahre 2013/14 bis 2018/19 die einzelnen Förderschulen, gruppiert nach Kommunen und ergänzt um die jeweilige Zahl schulischer Standorte, berichtet. Die Ergänzung um die Zahl der schulischen Standorte wurde vorgenommen, da für die Entwicklung der Förderschuldichte nicht die Zahl der Hauptstandorte maßgeblich ist, sondern die Zahl aller Standorte. Dadurch wird deutlich, dass die Zahl der Förderschulen seit dem Schuljahr 2014/15 von 647 auf 497 zurückgegangen ist (d. h. um 150 Schulen bzw. 23 Prozent), die Zahl der Förderschulstandorte ist im selben Zeitraum von 766 auf 654 gesunken (d. h. um 112 Standorte bzw. 15 Prozent). Hinweis: Angaben zu Schulstandorten werden erst seit dem Schuljahr 2014/15 erhoben. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung bereits hinsichtlich der quantitativen Differenz zwischen dem Angebot der Förderschulen im ländlichen und im urbanen Raum in NRW vor? (gebeten wird um eine Auflistung, sofern verfügbar) Das Ministerium für Schule und Bildung hat durch Änderungsverordnung zur Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und Schulen für Kranke vom 18. Dezember 2018 (GV.NRW.2019, S. 2) der Fragestellung nach zukünftigen Mindestgrößen von Förderschulen Rechnung getragen und geht davon aus, dass den Wünschen der Eltern nach Wahlmöglichkeiten sowie den daraus resultierenden Bedarfen an Förderschulplätzen durch die veränderten Mindestgrößen an Förderschulen sowie durch das neue Angebot der Einrichtung von „Förderschulgruppen“ als Teilstandorte von Förderschulen an allgemeinen Schulen entsprochen werden kann. Bei Auflösung von Förderschulen ohne weitere Maßnahmen wie Einrichtung von Verbundschulen oder von Teilstandorten wächst die räumliche Distanz der Förderschulen untereinander. Dies wirkt sich damit insbesondere im eher ländlich geprägten Raum aus. Durch das Aussetzen der Mindestgrößenverordnung wurde eine Fortführung von Förderschulen unterhalb der Mindestgröße zunächst bis zum Schuljahr 31. Juli 2019 zugelassen. Nunmehr regelt die Änderungsverordnung vom 18. Dezember 2018, dass die Schulträger die erforderlichen schulorganisatorischen Beschlüsse mit Wirkung spätestens zum Schuljahr 2023/24 fassen. Damit wird die Wahlmöglichkeit der Eltern zwischen inklusiver Schule und Förderschule erhalten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5241 3 Die statistischen Ausweisungen des Ministeriums für Schule und Bildung beziehen sich nicht auf „ländliche“ und „urbane“ Räume, sondern auf Kreise, kreisfreie Städte und Kommunen oder auf Schulamtsbezirke und Bezirksregierungen. Eine entsprechende Differenzierung ist mit den hier einschlägig vorliegenden Daten nicht erfassbar. Zu den quantitativen Vorgaben wird im Weiteren auf die Antwort der Frage 3 verwiesen. 3. Wie möchte die Landesregierung über das Schuljahr 2018/2019 hinaus die Zusammenlegung oder sogar die Schließung von Förderschulen im Allgemeinen und im Speziellen auf den ländlichen Raum bezogen verhindern? Das Ministerium für Schule und Bildung hat durch die Änderungsverordnung zur Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und Schulen für Kranke vom 18. Dezember 2018 bestimmt: 1. Für die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ wurden als neue Mindestschülerzahlen bestimmt: 112 in Schulen mit Primarstufe und Sekundarstufe I (bisher: 144), 84 in Schulen der Sekundarstufe I (bisher: 112), 28 in Schulen der Primarstufe (bisher: nicht geregelt). 2. Für die Förderschulen mit den Förderschwerpunkten „Hören und Kommunikation“, „Sehen“ sowie „Körperliche und motorische Entwicklung“ wurden als neue Mindestschülerzahlen 100 (bisher: 110) bestimmt. 3. Für die Förderschulen im Verbund wurden dieselben Mindestschülerzahlen wie für den Förderschwerpunkt „Lernen“ bestimmt. Darüber hinaus bestimmt die geänderte Mindestgrößenverordnung, dass 42 Schülerinnen und Schüler erforderlich sind, wenn der Teilstandort einer Förderschule in der Sekundarstufe I mit den Förderschwerpunkten der Lern- und Entwicklungsstörungen als Förderschulgruppe an einer allgemeinen Schule eingerichtet wird. 4. Von welchem Förderschulbedarf geht die Landesregierung im ländlichen Bereich aus? Im Grundsatz ist der Bedarf auch abhängig von dem Wahlverhalten der Eltern zwischen Förderschule und allgemeiner Schule. Hier bestimmt der Elternwille das Angebot. Durch die Neuregelung der Mindestgrößenverordnung wird die Fortführung kleiner Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ sowie von Verbundschulen mit diesem Förderschwerpunkt mit einer Mindestschülerzahl von 112 sichergestellt. Erscheint es pädagogisch sinnvoll, ermöglicht die geänderte Mindestgrößenverordnung die Einrichtung von Förderschulgruppen ab 42 Schülerinnen und Schülern an einer allgemeinen Schule, wenn der Teilstandort einer Förderschule in der Sekundarstufe I mit den Förderschwerpunkten der Lernund Entwicklungsstörungen eingerichtet wird. Darüber hinaus werden den Schulträgern Übergangsfristen ermöglicht, die auch Perspektiven für Förderschulen eröffnen, die gegenwärtig nicht die Mindestgrößen erreichen. Hierbei wird letztlich der Elternwille entscheidend sein. Zu den quantitativen Vorgaben wird im Weiteren auf die Antwort der Frage 3 verwiesen.