LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5244 22.02.2019 Datum des Originals: 22.02.2019/Ausgegeben: 27.02.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1967 vom 28. Januar 2019 der Abgeordneten Jochen Ott und Eva-Maria Voigt-Küppers SPD Drucksache 17/4958 Unterrichtsausfallstatistik Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Bezirk Köln ist die Mehrzahl der Schulen unter 100% besetzt. Den Schulen in Köln bleibt - wie auch in allen Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen - nichts anderes übrig als Unterrichtsstunden in den Jahrgängen aufgrund von Lehrkräftemangel aus der Stundentafel zu streichen. Diese gestrichenen Stunden werden nicht in die Gesamtunterrichtsausfallstatistik (UntStat) mitaufgenommen. Diese Unterrichtsausfallstatistik wurde 2018 mit einem immensen Aufwand und der Bindung von viel Personal erhoben. Also Lehrerinnen und Lehrer, die über ihrer Belastungsgrenze hinaus eine Statistik bedienen, die die Realität nicht widerspiegelt, da hier nur ein Teil der Ausfallstunden aufgenommen wird. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1967 mit Schreiben vom 22. Februar 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die geschilderte Situation ist überwiegend der Tatsache geschuldet, dass die Lage auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt in NRW in einigen Lehrämtern – wie in nahezu allen anderen Bundesländern – sehr angespannt ist. Es ist derzeit nicht möglich, alle zur Verfügung stehenden Stellen zeitnah mit Lehrkräften zu besetzen. Die neu erstellte Lehrkräftebedarfsprognose hat ein großes Ungleichgewicht ans Licht gebracht. In den nächsten zehn Jahren werden in Nordrhein-Westfalen voraussichtlich über 78.000 Lehrerstellen neu zu besetzen sein. In den nächsten 20 Jahren sind es insgesamt fast 140.000 Lehrerstellen. In den kommenden zehn Jahren fehlen an den Grundschulen und den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I sowie an Berufskollegs und für das Lehramt für LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5244 2 sonderpädagogische Förderung kumuliert rund 15.000 grundständig ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Gleichzeitig besteht für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen in diesem Zeitraum voraussichtlich ein Überhang von 16.000 Absolventinnen und Absolventen. Das ist eine Situation, die die Landesregierung so nicht hinnehmen kann. Deshalb arbeitet das Ministerium für Schule und Bildung derzeit mit Hochdruck daran, eine Verbesserung herbeizuführen. Dabei lässt die Landesregierung nichts unversucht, um Angebot und Nachfrage ins Lot zu bringen. Bereits im Jahr 2017 hat die Landesregierung ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Lehrkräfteversorgung vorgelegt. Zum Schuljahresbeginn 2018/19 wurde darüber hinaus ein zweites Maßnahmenpaket erarbeitet. Das Ergebnis ist ein Sechs-Punkte-Plan, welcher der Öffentlichkeit zu Beginn des aktuellen Schuljahres vorgestellt wurde. In der Vergangenheit wurde – mit Blick auf die heutige Situation am Lehrkräftearbeitsmarkt – für bestimmte Lehrämter eine zu geringe Anzahl an Ausbildungsplätzen zur Verfügung gestellt. Aus diesem Grund hat die neue Landesregierung zum Wintersemester 2018/19 für das Lehramt an Grundschulen 339 zusätzliche Studienplätze und für das Lehramt für sonderpädagogische Förderung 250 zusätzliche Studienplätze bereitgestellt. Darüber hinaus startete im April 2018 parallel zur Veröffentlichung der neuen Lehrerbedarfsprognose eine breit angelegte Werbe- und Imagekampagne für den Lehrerberuf. Ziel ist es, mehr junge Menschen für den Lehrerberuf zu gewinnen. 1. Wie viele Unterrichtsstunden wurden zu Beginn des Schuljahres 2018/2019 aus der Stundentafel aufgrund von Lehrkräftemangel gestrichen? Bitte nach Schulformen und Bezirksregierungen aufschlüsseln. 2. Warum werden diese nicht erteilten Unterrichtsstunden in der digitalen Anwendung UntStat nicht erfasst? 5. Ist geplant, den nicht erteilten Unterricht aufgrund von Lehrkräftemangel zukünftig in UntStat aufzunehmen? Die Fragen 1, 2 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die für die Erfüllung der Stundentafel notwendigen wöchentlichen Unterrichtsstunden der Schülerinnen und Schüler ergeben sich aus den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, den Richtlinien und Lehrplänen, den Stundentafeln und den danach von der Schule aufzustellenden Stundenplänen. Dabei ist das wöchentliche Unterrichtsvolumen der Schülerinnen und Schüler als Bandbreite angelegt. Die Betrachtung des strukturellen Unterrichtsausfalls eines einzelnen Schuljahres ist daher nicht aussagekräftig für die Erfüllung der Stundentafel einer Lerngruppe. Ob struktureller Unterrichtsausfall vorliegt, lässt sich aufgrund der mehrere Jahrgangsstufen umfassenden Kontingentstundentafeln erst zum Abschluss des jeweiligen Bildungsgangs einer Kohorte (am Ende der Primarstufe, der Sekundarstufe I oder der Sekundarstufe II) feststellen. Die landesweiten Ergebnisse dieser Betrachtung können, nach Schulform getrennt, den Tabellen im Kapitel 4.8 „Erteilte Gesamtwochenstunden“ der Veröffentlichung „Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht“ entnommen werden. Die Ergebnisse der durchschnittlich an den Schulformen erteilten Zahl der Gesamtwochenstunden des Schuljahres 2018/2019 liegen derzeit noch nicht vor. Die landesweiten Ergebnisse des LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5244 3 Schuljahres 2017/18 können hier eingesehen werden: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Service/Schulstatistik/Amtliche- Schuldaten/Quantita_2017.pdf Die Flächendeckende Unterrichtsausfallstatistik kann sich nur auf die Ad hoc-Abweichungen gegenüber dem regulären Stundenplan einer Schule beziehen und insofern abbilden, inwiefern die von der Schule aufgestellten Stundenpläne im Verlauf eines Schuljahres erfüllt werden. Da es sich bei der Erhebung des Ad hoc-Unterrichts im Zuge der Flächendeckenden Unterrichtsausfallstatistik um eine Querschnittsstudie handelt, während der strukturelle Unterrichtsausfall nur im Längsschnitt erhoben werden kann (s. o.), ist eine Erfassung des strukturellen Unterrichtsausfalls in UntStat nicht sinnvoll. 3. Wie hoch schätzt das Ministerium für Schule und Bildung den Arbeitsaufwand seitens der Schulleiterinnen und Schulleiter bzw. Lehrerinnen und Lehrer ein, um ausgefallene Unterrichtsstunden in der digitalen Anwendung UntStat einzupflegen? Durch beide Erhebungsteile der Flächendeckenden Unterrichtsausfallstatistik mit Detailerhebung entsteht in den Schulen zusätzlicher Aufwand. Bei der wöchentlichen Meldung entsteht der zusätzliche Aufwand i. d. R. durch die Auswertung der Vertretungspläne. Zur Kompensation des mit der Erhebung einhergehenden zusätzlichen Verwaltungsaufwands wurde den Schulen ab dem 01.08.2018 eine zusätzliche Entlastungsstunde zugewiesen, die unmittelbar der Person zugutekommen soll, die die Unterrichtsausfallstatistik bearbeitet. Diese Entlastungsstunde kann ggf. unter mehreren Personen aufgeteilt werden. Die den Schulen gewährte Entlastungsstunde bezieht sich auf eine 45-minütige Unterrichtseinheit. Diese ist von der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft in Vollzeit auf die wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden hochzurechnen, da sich die wöchentliche Arbeitszeit einer Lehrkraft sowohl aus der Unterrichtsverpflichtung als auch aus Unterrichtsvorbereitung und -nachbereitung, Korrekturen etc. zusammensetzt. Zur Kompensation des Aufwands für die Erhebung der flächendeckenden Unterrichtsausfallstatistik ist die gewährte Entlastungsstunde in Abstimmung mit den Bezirksregierungen daher als angemessen zu bewerten. 4. Welche Konsequenzen zieht das Ministerium für Schule und Bildung aus den bisherigen Ergebnissen der Unterrichtsausfallstatistik? Im Schuljahr 2017/18 wurde der Unterrichtsausfall durch das Ministerium für Schule und Bildung noch mit dem sogenannten Rollierenden Verfahren ermittelt. Die Ergebnisse des Rollierenden Verfahrens haben jedoch keine Aussagekraft bezüglich des Unterrichtsausfalls an einzelnen Schulen. Daher wurde dieses Verfahren zum Schuljahr 2018/19 durch die „Flächendeckende Unterrichtsausfallstatistik mit Detailerhebung“ abgelöst. Erst auf Grundlage dieser transparenten Erhebung, die ein realistisches Bild des Unterrichtsgeschehens an jeder einzelnen Schule liefert, können ggf. weitere zielgenaue Maßnahmen gegen den Unterrichtsausfall ergriffen werden.