LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5332 08.03.2019 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2017 vom 7. Februar 2019 der Abgeordneten Arndt Klocke und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5026 Dekarbonisierung der Binnenschifffahrt Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Rheinflotte umfasst etwa 10.000 Schiffe im Güterverkehr. Davon fahren rund die Hälfte unter niederländischer Flagge, ein viertel unter deutscher Flagge, die anderen Schiffe gehören Eignern aus Belgien, Frankreich, Luxemburg und der Schweiz. Täglich passieren rund 600 Schiffe die deutsch-niederländische Grenze, 400 Schiffe Köln, noch 200 Karlsruhe. Hinzu kommen nach Angaben des Sekretariats der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) rund 350 aktive Kreuzfahrtschiffe. Die Neubaurate bei Binnenschiffen ist niedrig, da die Lebensdauer eines Schiffes rund 50 Jahre beträgt. Unbestritten ist die Binnenschifffahrt die umweltfreundlichste Verkehrsart im Gütertransport. Ein Binnenschiff ersetzt ca. 400 LKWs, die Kapazitäten auf den großen Wasserstraßen lassen auch noch eine Ausweitung des Verkehrs zu. Der Anteil der Binnenschifffahrt an der Luftbelastung in den Rheinanliegerkommunen ist im zurückliegenden Jahr in der öffentlichen Diskussion immer wieder thematisiert worden. Die Binnenschiffe werden fast ausschließlich mit Dieselmotoren angetrieben, über ihren Anteil an der Gesamtbelastung der Luft mit Schadstoffen sowie CO2 gibt es diverse Studien mit unterschiedlichen Erkenntnissen. Unabhängig davon, wie hoch der Beitrag der Binnenschifffahrt zur Klima- und Hintergrundbelastung mit Stickoxiden und Feinstaub in den jeweiligen Kommunen tatsächlich ist, steht außer Frage, dass auch die Schifffahrt über Filtertechniken und alternative Antriebsarten nachdenken muss. Ab 2019 gelten strengere EUAbgasgrenzwerte für neue Schiffe mit Dieselmotoren. In Rotterdam gilt auf zwei Wasserstraßen des Hafens ein Tempolimit für Schiffe um die Dieselemissionen zu verringern. Auf der Webseite der Rotterdamer Hafengesellschaft heißt es: „Wir möchten den Rotterdamer Hafen mit den Zielen des Klimaübereinkommens von Paris in Einklang bringen. In Partnerschaften mit Unternehmen arbeiten wir auf einen CO2-neutralen Hafen hin. Damit Datum des Originals: 07.03.2019/Ausgegeben: 13.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5332 möchten wir einen Hafen mit einer Industrielandschaft schaffen, die netto keine negativen Auswirkungen auf unser Klima hat.“ Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2017 mit Schreiben vom 7. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, dem Minister für Verkehr und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. 1. Welche Maßnahmen sind von der Landesregierung auf den Weg gebracht oder geplant worden, um den CO2-Ausstoß und den Anteil der Schadstoffbelastung der Luft durch die Binnenschifffahrt zu verringern? Durch die Nachrüstung von Bestandsmotoren oder den Einbau neuer Motoren kann eine starke Minderung der Luftschadstoffemissionen der Binnenschiffe erzielt werden. Im Rahmen von Pilotvorhaben an Binnenschiffen in Nordrhein-Westfalen konnte nachgewiesen werden, dass eine Nachrüstung in Betrieb befindlicher Motoren mit einer Abgasnachbehandlungsanlage die Abgasemissionen mindern kann, ohne die Effizienz des Motors zu beeinträchtigen. Im Rahmen des EU-LIFE Projekts CLINSH (Clean Inland Shipping), an dem Nordrhein-Westfalen beteiligt ist, sollen weitere Erkenntnisse z.B. zum Emissionsverhalten im realen Fahrbetrieb gewonnen werden. Auf Initiative Nordrhein-Westfalens hat die Umweltministerkonferenz die Bundesregierung aufgefordert, ihr existierendes Förderprogramm zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen (u. a. neue abgasarme Motoren, Nachrüstung einer Abgasnachbehandlung) attraktiver und ambitionierter fortzuschreiben. Daneben werden auf Landesebene Möglichkeiten zur Unterstützung der Binnenschifffahrt im Interesse der Emissionsminderung geprüft. Zudem sollen alternative Antriebsarten in der Förderung berücksichtigt werden. 2. Welches Potential sieht die Landesregierung, mit einer konzertierten Aktion von Bund, den Rheinanliegerbundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg sowie der großen Rheinanlieger-Kommunen und der Rheinhäfen eine Verminderung der von der Binnenschifffahrt verursachten Luftbelastung zu erreichen? Der Rhein ist eine internationale Wasserstraße, ca. 75 % der Flotte fährt unter nicht-deutscher Flagge. Insofern ist es zielführender, nicht nur in einem Bundesland oder national zu agieren, sondern möglichst grenzübergreifend Anreize zur Modernisierung zu schaffen. Die Landesregierung hat daher in einer Absichtserklärung mit den Niederlanden u. a. dieses Thema als einen Schwerpunkt gesetzt. Insbesondere durch die Zusammenarbeit von Bund und Rheinanliegerbundesländern und den weiteren Rheinanliegern ließe sich zudem ein streckenabdeckendes Netz von Bunkerstationen alternativer Antriebsstoffe (Wasserstoff, LNG, Ladestationen) errichten. 2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode 3. Drucksache 17/5332 Wie ist der Stand der Untersuchungen des Entwicklungszentrums für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. in Duisburg zum Thema „Perspektiven für den Einsatz von Wasserstoff in der Binnenschifffahrt“? Die Machbarkeitsstudie ist abgeschlossen und unter anderem auf der Webseite des Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. (DST) veröffentlicht: https://www.dst-org.de/machbarkeitsstudie-perspektiven-fuer-den-einsatz-von-wasserstoff-inder-binnenschifffahrt/ Technisch sind verschiedene Kombinationen aus Wasserstoffspeicherung und Energieumwandlung möglich bzw. in der Entwicklung. Die regulatorischen Rahmenbedingungen sind anspruchsvoll und teilweise noch nicht abschließend definiert. Hohe Investitions- und Betriebskosten verhindern derzeit eine schnelle Verbreitung. Das Interesse ist dennoch groß und international sind verschiedene Pilot-Anwendungen in Vorbereitung. 4. Welche Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt E-Binnenschiff, das am 1. Mai 2016 vom Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme e.V. in Duisburg in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Brennstoffzellentechnik und der HOPPECKE Batterien GmbH & Co. KG. gestartet wurde, liegen vor? Das Forschungsprojekt E-Binnenschiff wurde in 2018 erfolgreich abgeschlossen. Um die Ergebnisse des Projektes komprimiert und unkompliziert nutzbar zu machen, wurde ein Onlinetool entwickelt. Hier können die Anforderungen des Schiffes (Leistung, Fahrprofil, etc.) sowie die Kosten für Investition und Energieträger als Eingabeparameter variiert werden. Diese Variation ist aufgrund der Fortschritte bei Technologie und Energieträgern sowie der Unsicherheit hinsichtlich der Kostenentwicklung notwendig. Darauf basierend werden die Konzepte Batterie-elektrisch, Brennstoffzelle mit Wasserstoff und Methanol als Energieträger sowie diesel-elektrisch und diesel-direkt ökologisch und ökonomisch bewertet. Das Tool ist frei zugänglich unter: https://www.dst-org.de/e-binnenschiff 5. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung, um in Zusammenarbeit mit den Rheinanliegerhäfen und den beteiligten Unternehmen analog dem Rotterdamer Beispiel perspektivisch das Ziel klimaneutraler Häfen zu erreichen und damit einen Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens zu leisten? Die Landesregierung unterstützt Maßnahmen der Hafenwirtschaft, die einen Beitrag zur Luftreinhaltung und zum Erreichen der Klimaziele leisten können. Wichtiges Instrument zur Verringerung der Luft- und Lärmbelastung in Häfen und an Liegestellen ist die Versorgung liegender Schiffe mit Landstrom. Bisher fehlt es jedoch an einer ausreichenden, möglichst flächendeckenden Landstrominfrastruktur. Daher setzt sich die Landesregierung beim Bund dafür ein, dass die Nachrüstung von Binnenhäfen und Hafenanlagen mit notwendiger Ausstattung für Landstromanschlüsse gefördert wird. Dies hat Nordrhein-Westfalen auch für den Masterplan Binnenschifffahrt der Bundesregierung vorgeschlagen. Daneben werden auch landesseitige Fördermöglichkeiten geprüft. 3