LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5353 12.03.2019 Datum des Originals: 12.03.2019/Ausgegeben: 15.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2062 vom 18. Februar 2019 der Abgeordneten Jochen Ott und Eva-Maria Voigt-Küppers SPD Drucksache 17/5157 Abordnungen an Grundschulen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Zuge des Lehrkräftemangels im Primarbereich wurden Lehrerinnen und Lehrer mit der Lehrbefähigung für Sekundarstufe I und / oder II auch an Grundschulen in NRW abgeordnet. So auch im Zuge vieler Schließungen von Hauptschulen, in welchem Rahmen Lehrkräfte, die Option an eine Grundschule versetzt zu werden, gerne annahmen. Diese Lehrerinnen und Lehrer bringen oft jahrelange pädagogische Erfahrungen mit, die Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger mit Kurzzeitverträgen selten vorweisen können. Um dauerhaft in der Grundschule unterrichten zu dürfen, müssen solche Lehrkräfte – nicht selten mit mehr als 25 oder 30 Jahren Berufserfahrung – eine Lehrbefähigung für die Primarstufe in Form einer Prüfung mit Bestnote nachweisen. Verständlicherweise empfinden gerade hoch qualifizierte Lehrkräfte dies als überflüssig und ungerecht angesichts ihrer Laufbahn im Vergleich zu Anfängern im Referendariat oder der Situation von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2062 mit Schreiben vom 12. März 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkungen der Landesregierung Die Landesregierung verfolgt die Strategie, sich zur Gewinnung von Lehrkräften an Grundschulen nicht nur auf eine bestimmte Maßnahme zu beschränken, sondern eine Vielzahl von Maßnahmen zu schaffen, um die Lehrkräfteversorgung sicher zu stellen. Dafür mussten Maßnahmen der Vorgängerregierung weiterentwickelt und ausgeweitet (z. B. beim Seiteneinstieg an Grundschulen) sowie neue Maßnahmen mit kurz-, mittel- und langfristiger Auswirkung geschaffen werden. Der Landesregierung ist es ein Anliegen, diese Maßnahmen transparent zu machen und sie hat deshalb ein Faktenblatt erstellt, das im Bildungsportal des Ministeriums für Schule und Bildung veröffentlicht ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5353 2 1. Wie viele Abordnungen von Lehrkräften von weiterführenden Schulen zur Grundschule (Primarbereich) gab es im Zeitraum 2016 bis Ende 2018 in NRW? Bitte nach Schulformen, Schuljahren sowie Bezirksregierungen aufschlüsseln. Für die Auswertung stehen nur Daten aktuell beschäftigter Personen und aktuell laufender Sachverhalte zur Verfügung. Eine Bereitstellung von Daten für zurückliegende Zeiträume ist deshalb nicht möglich. Da Abordnungen auch anteilig möglich sind, wurde neben der Anzahl der Personen auch der Stellenanteil angegeben. Bei den Abordnungen von der Schulform Förderschule handelt es sich in der Regel um Abordnungen für das Gemeinsame Lernen an Grundschulen. Bezirksregierung/Schulform Stellen Personen BR Arnsberg 31,0 115 Förderschule 25,4 103 Gemeinschaftsschule 0,6 1 Gesamtschule 1,1 4 Hauptschule 1,9 3 Realschule 1,9 3 Weiterbildungskolleg 0,1 1 BR Detmold 22,0 71 Förderschule 15,2 63 Gymnasium 0,8 1 Hauptschule 5,1 5 Realschule 0,9 2 BR Düsseldorf 59,3 179 Förderschule 43,9 149 Gesamtschule 1,5 4 Gymnasium 3,4 8 Hauptschule 9,1 15 Realschule 1,4 3 BR Köln 48,7 123 Förderschule 30,6 95 Gesamtschule 5,0 8 Hauptschule 8,6 12 Realschule 4,0 7 Sekundarschule 0,5 1 BR Münster 33,9 90 Berufskolleg 0,1 1 Förderschule 29,8 83 Gesamtschule 1,8 2 Hauptschule 0,2 1 Realschule 2,0 3 Gesamtergebnis 194,8 578 Quelle: PersNRW / SchIPS Stand: 26. Februar 2019 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5353 3 2. Welche Zusatzqualifikationen in Form von Prüfungen und Nachweisen zur Lehrberechtigung im Primarbereich sind für abgeordnete Lehrkräfte zwingend notwendig, wenn diese dauerhaft an der Grundschule unterrichten wollen? 4. Gibt es die Möglichkeit Lehrerfahrung und andere pädagogische Berufserfahrung so anrechnen zu lassen, dass ein Nachweis zur Lehrberechtigung in der Primarstufe vorliegt? Die Fragen 2 und 4 werden wegen des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Für eine Abordnung mit dem Ziel einer Versetzung in den Primarbereich ist für Lehrkräfte eine auf die Grundschule bezogene Lehramtsbefähigung erforderlich. Der Erwerb einer weiteren Lehramtsbefähigung erfolgt grundsätzlich über ein ergänzendes universitäres Lehramtsstudium mit Masterabschluss (§ 15 LABG 2009). Daneben kommen die folgenden Wege in Betracht: Für Lehrkräfte mit einer Befähigung für das Lehramt an der Realschule oder für die Sekundarstufe I, die bereits im Wege der Abordnung an einer Grundschule tätig sind, hat der Gesetzgeber eine erheblich erleichterte Variante zum Lehramtserwerb geschaffen: Gemäß § 28 Abs. 4 Lehrerausbildungsgesetzes (LABG) vom 2. Juli 2002 (noch fortgeltend gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 LABG vom 12. Mai 2009) ist die praktische Bewährung (Beurteilung mit der jeweiligen Bestnote) in einer 30-monatigen hauptberuflichen Tätigkeit an einer Grundschule verbunden mit einem abschließenden einstündigen Kolloquium ausreichend. Insofern beruht der Lehramtserwerb wesentlich auf praktischer Bewährung in einer Lehrtätigkeit an Grundschulen. Für Lehrkräfte mit einer Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen, für die Sekundarstufe II und an Berufskollegs gibt es keine entsprechende Möglichkeit. Sie haben nach den geltenden Vorschriften des LABG jedoch die Möglichkeit, die Befähigung für das ehemalige Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen zu erwerben (§ 20 Abs. 9 Satz 2 LABG vom 12. Mai 2009), wenn mindestens eine ihrer Lehrbefähigungen einem Ausbildungsfach des angestrebten Lehramtes entspricht und die zuständige Schulaufsichtsbehörde auf Grund einer mindestens sechsmonatigen hauptberuflichen Tätigkeit an Haupt- oder Realschulen oder in der Sekundarstufe I der Gesamtschulen feststellt, dass sie über die fachliche Qualifikation für das angestrebte Lehramt verfügen. Die Feststellung erfolgt auf Grund einer dienstlichen Beurteilung und eines zusätzlichen einstündigen Kolloquiums sowie einer Fortbildung in einem Fach des didaktischen Grundlagenstudiums. Mit dem Erwerb des oben genannten ehemaligen Lehramtes ist eine Versetzung an eine Grundschule möglich. Eine alleinige pädagogische Berufserfahrung kann fachlich keine Grundlage zur Feststellung eine Bewährung an Grundschulen bilden. 3. Welche Prüfungen und Nachweise müssen Quer- und Seiteneinsteiger zwingend vorweisen, um dauerhaft in der Grundschule unterrichten zu können? Unter Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger werden im Rahmen des Lehrereinstellungsverfahrens Hochschulabsolventinnen und -absolventen ohne lehramtsbezogenen Hochschulabschluss verstanden. Sie verfügen nicht über eine Lehramtsbefähigung und werden nicht im Beamtenverhältnis, sondern ausschließlich im Tarifbeschäftigtenverhältnis zunächst befristet beschäftigt. Sie sind für eine Einstellung in der Schulform Grundschule verpflichtet, eine einjährige Ausbildung am LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5353 4 Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung zu absolvieren (Pädagogische Einführung). Nach entsprechender Bewährung wird das befristete Beschäftigungsverhältnis entfristet. Für eine Qualifizierung im Rahmen der Ordnung zur berufsbegleitenden Ausbildung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern und der Staatsprüfung (OBAS) fehlt es an Grundschulen in der Regel an einem Hochschulabschluss, der einen Einsatz in den Unterrichtsfächern Deutsch und Mathematik und einem weiteren Unterrichtsfach zulässt. Ausgebildete Lehrkräfte mit einer Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen und entsprechender Altlehrämter und einer grundschulrelevanten Lehrbefähigung, die sich auf eine Stellenausschreibung einer Grundschule beworben haben und ausgewählt wurden, erhalten direkt ein unbefristetes Tarifbeschäftigungsverhältnis. Sie sind verpflichtet, an einer Qualifizierungsmaßnahme zur Einführung in die Grundschuldidaktik teilzunehmen. Als ausgebildete Lehrkräfte werden diese Lehrkräfte jedoch nicht vom Begriff des Seiteneinstiegs umfasst. 5. Was plant die Landesregierung in dieser Hinsicht, um den Weg zur Grundschule weiter zu öffnen und zu verhindern, dass Lehrerinnen und Lehrer zurück an andere Schulformen wechseln? Die Landesregierung prüft eine Erweiterung des § 20 Abs. 9 Satz 2 LABG 2009, die auch Lehrkräften mit einer auf die Sekundarstufe II bezogenen Lehramtsbefähigung einen Lehramtserwerb an Grundschulen auf der Grundlage praktischer Bewährung in der Lehrtätigkeit ermöglicht.