LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5394 13.03.2019 Datum des Originals: 13.03.2019/Ausgegeben: 18.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1995 vom 31. Januar 2019 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/4988 Welchen Schutz verhandelt die Landesregierung für die vom Kohleausstieg in NRW betroffenen Beschäftigten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Bundesregierung hat eine Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung eingesetzt, die am 26.01.2019 ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Nach diesem soll bis 2022 eine zusätzliche Reduzierung von 3 GW Braunkohle-Reduktion angestrebt werden. Während NRW-Digitalminister Prof. Andreas Pinkwart das Kommissionsergebnis umfassend begrüßt hat, erklärt der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Prof. Martin Neumann: „12,5 Gigawatt Kohle bis 2022 abzuschalten und im gleichen Zeitraum aus der Kernkraft aussteigen zu wollen, ist nicht nur riskant, sondern auch leichtsinnig“ sowie: „Dieser nationale Alleingang ist nicht nur teuer, sondern hat zudem kaum Effekt auf den globalen Klimaschutz.“ Klar wird auf jeden Fall, dass der Kompromiss großen Beschäftigungsabbau in Nordrhein- Westfalen bedeuten wird, da man sich offenbar verständigt hat, dass in den ersten Phasen bis 2022 und 2030 die Braunkohle-Kraftwerksschließungen überwiegend in Nordrhein-Westfalen vorgenommen werden. Das hiervon betroffene Energieunternehmen rechnet laut eigenen Aussagen nun mit einem signifikanten Stellenabbau der derzeit rund 9.000 Beschäftigten in den Tagebauen und Kraftwerken. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1995 mit Schreiben vom 13. März 2019 im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5394 2 1. Mit welchem Stellenabbau rechnet die Landesregierung an welchen Kraftwerksstandorten, Tagebauen und weiteren Betriebsstätten in Nordrhein- Westfalen (bitte für Braun- und Steinkohle getrennt darstellen)? 2. Welche Gespräche hat die Landesregierung mit den vom Kohleausstieg betroffenen Unternehmen geführt, damit betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden können (bitte mit Ergebnissen darstellen)? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Nordrhein-Westfalen hat sich im Rahmen der Beratungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für sozial verträgliche Regelungen und für vorauslaufende Strukturförderung eingesetzt und sieht ihre Forderungen im Bericht erfüllt. Sie arbeitet in enger Abstimmung mit den regionalen Akteuren und Unternehmen sowie der Arbeitsagentur an einer ebenso schnellen wie wirksamen Umsetzung der Maßnahmen. Im nächsten Schritt ist die Bundesregierung gefordert, die mit dem Unternehmen über die Kraftwerksstilllegungen verhandeln muss. Bis dahin sind Aussagen über die Auswirkungen nicht möglich. 3. Welche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung sozialer Härten zieht die Landesregierung für die betroffenen Beschäftigten in Erwägung? Der Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ sieht umfangreiche Sicherheitszusagen an die Beschäftigten und die Auszubildenden vor. Betriebsbedingte Kündigungen werden beispielsweise ausgeschlossen. Neben der Schaffung hochwertiger und zukunftssicherer Arbeitsplätze bedarf es nun verbindlicher tariflicher Regelungen zwischen den Sozialpartnern, um soziale Härten auszuschließen. Geförderte Qualifizierungen und berufliche Weiterbildungen werden den Beschäftigten helfen, ihre Qualifikationen an die sich wandelnden beruflichen Anforderungen anzupassen. Die Landesregierung steht in engem Kontakt mit den Sozialpartnern, der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und den regionalen Akteuren, um vorausschauend im Sinne der betroffenen Beschäftigten Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. 4. Welche beihilfekonformen Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die Arbeitsplätze in den energieintensiven Unternehmen zu schützen, die vom Energiepreisanstieg durch den Kohleausstieg bedroht sind? Die Landesregierung hat im Zuge der Begleitung des Beratungsprozesses der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ auf die Berücksichtigung der sich den energieintensiven Produktionen stellenden Probleme hingewirkt. Die Kommission hat in ihrem Bericht dementsprechend eine Verstetigung der ETS-Strompreiskompensation gefordert. Die Landesregierung erwartet das Aufgreifen dieser und weiterer strukturrelevanter Forderungen durch die Bundesregierung und wird diese und weitere Maßnahmen in die Entscheidungsprozesse des Ausstiegs aus der Kohleverstromung gegenüber der Bundesregierung einbringen. Mit Bezug auf die ETS-Strompreiskompensation hat die Landesregierung bereits die Generaldirektion „Wettbewerb“ der EU-Kommission auf die zum LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5394 3 Schutz vor Carbon Leakage notwendigen Regelungen bei der Novellierung des beihilferechtlichen Rahmens hingewiesen. Die EU-beihilferechtskonforme Ausgestaltung von Maßnahmen zum Schutz von Arbeitsplätzen in den energieintensiven Unternehmen fällt primär in die Verantwortung der Bundesregierung. 5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu den Auswirkungen für die Auftragssituation der Zuliefererbetriebe und des Handwerks in Folge des Kohleausstiegs im Rheinischen Revier? Die Beendigung der Braunkohleverstromung geht mit Auswirkungen auf die unmittelbar und mittelbar von der Kohle- und Energiewirtschaft abhängigen Service- und Zulieferbetriebe einher. Auch Handwerksbetriebe werden betroffen sein. Die Landesregierung wird sich für diese Betriebe einsetzen. Im Rahmen des Strukturwandelprogramms Rheinisches Zukunftsrevier sind Projekte geplant, durch die insbesondere Zulieferer aus Mittelstand und Handwerk bei der Entwicklung eigener Zukunftsperspektiven unterstützt werden. Die lokalen Betriebe sollen dazu befähigt werden, über Innovationsaktivitäten neue Geschäftsfelder zu erschließen und die damit verbundenen Wertschöpfungspotenziale zu heben. Chancen ergeben sich für die Zulieferbetriebe und das Handwerk außerdem angesichts der sich verschärfenden Fachkräfteverknappung im Bereich der Personalakquise. Vor diesem Hintergrund werden u.a. die Handwerkskammern ein Projekt auflegen, das eine Weiterqualifizierung von Mitarbeiter/-innen der Braunkohlewirtschaft in das Handwerk zum Gegenstand hat.