LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5395 13.03.2019 Datum des Originals: 12.03.2019/Ausgegeben: 18.03.2019 (18.03.2019) Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2032 vom 12. Februar 2019 der Abgeordneten Frank Sundermann und Dietmar Bell SPD Drucksache 17/5048 Wie sieht die Bilanz bei der Ladenöffnung in Nordrhein-Westfalen 2018 im Hinblick auf Rechtssicherheit und Umsatzentwicklung aus? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im März 2018 hat die schwarz-gelbe Koalition das Ladenöffnungsgesetz NRW mit dem Ziel geändert, die Regelungen für den Ladenschluss für die beteiligten Akteure rechtsicherer zu machen und die Wettbewerbssituation des stationären Einzelhandles gegenüber dem Onlinehandel zu verbessern. Sie tat dies gegen den massiven Widerstand der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft ver.di sowie der Kirchen, die auf die hohen Hürden des verfassungsrechtlichen gebotenen Sonntagsschutzes hingewiesen haben. Mehrere Urteile der Verwaltungsgerichte in NRW und des Oberverwaltungsgerichts in Münster haben deutlich werden lassen, dass die neuen Regelungen im Ladenöffnungsgesetz NRW so unpräzise sind, dass der Begründungsaufwand und damit die Rechtsunsicherheit für die Kommunen sehr hoch sind. Dies zeigt sich auch an dem umfangreichen Leitfaden, den die Landesregierung zur Anwendung des neuen Rechts herausgegeben hat. Des Weiteren zeigen aktuelle Erhebungen zur Entwicklung des Umsatzes im online-handel einen ungebrochenen Trend zum online-Einkauf bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Der Branchenreport Online- Handel 2018 des IFH Köln, der im November 2018 erschienen ist, prognostiziert einen Onlineumsatz von rund 63 Milliarden Euro für das Jahr 2018. Das entspricht einem Wachstum von rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2017: rund 58 Milliarden Euro Umsatz). Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2032 mit Schreiben vom 12. März 2019 im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, dem Minister für Justiz und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5395 2 1. Wie viele Fälle gerichtlich untersagter Ladenöffnungen in den Kommunen in NRW, die nach neuem Recht beschlossen wurden, hat es in NRW 2018 gegeben? Nach Informationen der Landesregierung wurden 2018 in Nordrhein-Westfalen 309 nach neuem Recht beschlossene verkaufsoffene Sonn- und Feiertage durchgeführt. Gerichtlich untersagt wurden 22 verkaufsoffene Sonntage, die die Kommunen nach neuem Recht beschlossen hatten. 2. Ist diese Fallzahl gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres (März bis Dezember 2017) gestiegen oder gesunken (bitte die entsprechenden Fallzahlen angeben)? Von März bis Dezember 2017 wurden 57 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage gerichtlich untersagt. Im gleichen Zeitraum wurden 2018 die o.g. 22 verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage nach neuem Recht, sowie nach Kenntnis der Landesregierung neun nach altem Recht untersagt. Die Fallzahl ist also deutlich gesunken. 3. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus der gerichtlichen Bewertung der im novellierten LÖG NRW in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 5 festgelegten öffentlichen Interessen als Voraussetzungen für eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen durch das OVG Münster in seinem Beschluss vom 27.04.2018 (4 B 571/18 (I. Instanz: VG Arnsberg 1 L 724/18) als „in ihrer Zielrichtung sehr weit gefasst, daher letztlich stets in allgemeiner Weise berührt und insoweit nicht geeignet, einen als solchen für die Öffentlichkeit erkennbaren Ausnahmecharakter der Ladenöffnung zu begründen. (…)“? In der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung (LT-Drs. 17/1046) wird mehrfach betont, dass die Gemeinden das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen immer im Einzelfall prüfen, begründen und abwägen müssen und dass eine Kombination der Sachgründe eine Ladenöffnung rechtfertigen kann, weil das Gewicht des öffentlichen Interesses naturgemäß insgesamt größer ist, wenn mehrere Sachgründe vorliegen oder jedenfalls nicht unerheblich berührt sind. Diese Grundsätze sind in der bisherigen Rechtsprechung, so auch im OVG-Beschluss vom 27.04.2018, anerkannt worden. Insgesamt ist festzustellen, dass sich die seit der Entscheidung des BVerwG in 2015 in der Rechtsprechung bestehende Tendenz zu einer eher strengen Handhabung von Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen auch unter dem neuen LÖG NRW fortsetzt. Gerichtsentscheidungen zugunsten von Kommunen wie z.B. Gütersloh, Solingen und Essen zeigen aber, dass Ladenöffnungen auf Basis der Neuregelung durchaus rechtssicher vorgenommen werden können. 4. Wie hat sich der Umsatz im Einzelhandel und im Onlinehandel in NRW zwischen März und Dezember 2018 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum entwickelt? Nach Informationen des Landesbetriebes Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) ist der „reine“ Onlinehandel als Wirtschaftszweig nicht Teil der aktuellen Wirtschaftszweig-Klassifikation, sondern laut Klassifikation dem „Versand- und Internet- Einzelhandel“ zugeordnet. Diese Unterklasse umfasst laut IT.NRW neben dem Onlinehandel auch den klassischen Versandhandel, dessen Bestellung über Post, per Telefax oder LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5395 3 telefonisch erfolgt. Darüber hinaus fließen hier nur Unternehmen mit ein, die überwiegend in diesen Bereichen wirtschaftlich tätig sind. Das bedeutet, dass Unternehmen, die auch Onlinehandel betreiben, deren Kerngeschäft gleichwohl in einem anderen Wirtschaftszweig liegt, außen vor bleiben. Für die angefragten Zeiträume liegen der Landesregierung Umsatzmesszahlen von IT.NRW vor. Wie auch andere Statistische Landesämter veröffentlicht IT.NRW im Einzelhandel ausschließlich Messzahlen, da die Vergleichbarkeit zu Vorjahreszeiträumen so gewährleistet ist. Für absolute Werte gilt dies hingegen nicht. Danach ist sowohl im gesamten Einzelhandel als auch im Versand- und Internethandel ein Umsatzanstieg festzustellen. Genaue Zahlen - auch zu den in Frage stehenden Monaten - finden sich in der Anlage. 5. Wie hat sich die Zahl der genehmigten Sonntagsöffnungen im Vergleich zur alten Rechtslage im vergleichbaren Zeitraum zwischen März und Dezember 2018 entwickelt? Der Landesregierung ist nicht im Einzelnen bekannt, an welchen Sonn- und Feiertagen verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage in den Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stattfinden. Weder für 2018 noch für 2017 sind deshalb Angaben für den Zeitraum März bis Dezember möglich. Nach Erkenntnissen der Landesregierung wurden 2017 landesweit insgesamt 1.380 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage durchgeführt. 2018 wurden in NRW insgesamt 1.298 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage durchgeführt, davon 989 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage nach altem und 309 verkaufsoffene Sonn- und Feiertage nach neuem Recht. Wirtschaftszweig Jahr Januar (Klassifikation der Januar Februar März April Mai Juni Juli August Septem- Oktober November De- bis Wirtschaftszweige, ber zember Dezember Ausgabe 2008) 47 Einzelhandel (o.Handel m.Kfz) 2018 101,4 95,5 112,6 106,7 105,7 108,7 106,1 104,7 102,2 111,4 115,3 126,5 108,1 2017 99,4 93,7 110,4 104,4 107,5 104,3 104,2 102,7 104,5 105,2 112,5 127,3 106,3 47.91 Versand-u. Internet-Einzelhandel 2018 116,5 102,9 118,1 107,3 104,8 107,8 108,8 113,0 109,9 127,5 155,8 170,8 120,3 2017 105,6 98,2 110,2 98,4 105,5 99,4 101,0 107,9 105,8 113,5 138,5 163,0 112,2 2015 = 100 In Preisen des Jahres 2015 Korrigierte Umsatzmesszahlen real im Einzelhandel nach Wirtschaftszweigen (Quelle: Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen - IT.NRW) Umsatz Kleine Anfrage 2032 der Abgeordneten Frank Sundermann und Dietmar Bell der Fraktion der SPD „Wie sieht die Bilanz bei der Ladenöffnung in Nordrhein-Westfalen 2018 im Hinblick auf Rechtssicherheit und Umsatzentwicklung aus“ LT-Drs. 17/5048 Anlage zur Antwort auf Frage 4: "Wie hat sich der Umsatz im Einzelhandel und im Onlinehandel in NRW zwischen März und Dezember 2018 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum entwickelt?" Leere Seite