LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5441 18.03.2019 Datum des Originals: 18.03.2019/Ausgegeben: 21.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2095 vom 22. Februar 2019 der Abgeordneten Angela Lück SPD Drucksache 17/5249 Was tut die Landesregierung gegen undurchsichtige Regelungen beim Einsatz verschiedener Berufsgruppen in der ambulanten und stationären Behandlungspflege? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Ausbildung zur/zum Altenpflegehelfer/in werden keine Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb von medizinischen Fähigkeiten (wie zum Beispiel Insulin spritzen, Thrombosestrümpfe überziehen) gelehrt. Diese Qualifikation ist jedoch notwendig, um Leistungen der Behandlungspflege im ambulanten Bereich zu erbringen. Das führt dazu, dass junge, interessierte Kräfte nach der Ausbildung nicht direkt bei ambulanten Anbietern eingesetzt werden können, sondern zunächst eine Weiterbildung sowie ein 3-monatiges Praktikum absolvieren müssen. Auch komplett ungelernte Pflegehilfskräfte können sich über die gleiche Fortbildungsmaßnahme mit demselben Zeitaufwand und dem anschließenden Praktikum qualifizieren. Krankenpflegehelfer/innen indes dürfen Behandlungspflege bis Leistungsgruppe 3 durchführen. Arzthelfer/innen wiederum sind berechtigt Behandlungspflege bis Leistungsgruppe 3 (z.B. Wundverbände) durchzuführen, aber nur, wenn sie nach der Ausbildung mindestens ein Jahr rechnerisch in Vollzeit in einer Arztpraxis gearbeitet haben. Gehen sie nach der Ausbildung direkt in die Pflege, dürfen sie gar keine Behandlungspflege durchführen, auch nicht nach einem Jahr. Sie müssen dann die Pflegeassistentenweiterbildung absolvieren, um sich für Behandlungspflege zu qualifizieren, genau wie die Altenpflegehelfer/innen, inkl. des 3- monatigen Praktikums im Anschluss. Sie sind dann auch nur berechtigt, Behandlungspflegen bis Leistungsgruppe 2 zu erbringen. Im stationären Bereich dürfen Altenpflegehelfer/innen bereits nach einer einjährigen Ausbildung Behandlungspflege durchführen, mit dem Hinweis, dass immer entsprechend qualifizierte Fachkräfte anwesend sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5441 2 Diese Regelungen sind undurchsichtig und vor allem aus Sicht der ambulanten Leistungserbringer sowie der betroffenen Berufsgruppen nicht zufriedenstellend. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2095 mit Schreiben vom 18. März 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie schätzt die Landesregierung vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Situation die derzeitigen Regelungen zur Durchführung von Behandlungspflege im ambulanten und im stationären Bereich ein? Grundlage für den Abschluss von Versorgungsverträgen stationärer Pflegeeinrichtungen nach SGB XI und zur Erbringung pflegerischer Leistungen - darunter auch von Maßnahmen der Behandlungspflege - sind u.a. die „Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach § 113 SGB XI in der vollstationären Pflege vom 23. November 2018“. Demnach ist die Pflege fachlich kompetent nach dem allgemeinen anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse unter Berücksichtigung des fachlichen Standes der beteiligten Professionen bedarfsgerecht und wirtschaftlich zu erbringen. Die Verantwortung zur Erfüllung der individuellen Erfordernisse der Bewohnerinnen und Bewohner im Rahmen der körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuung sowie für Unterkunft und Verpflegung geeignete Kräfte entsprechend ihrer fachlichen Qualifikation bereitzustellen, obliegt der jeweiligen Einrichtung. Die Maßstäbe und Grundsätze stellen ausdrücklich klar, dass Hilfskräfte nur unter der fachlichen Anleitung einer Pflegefachkraft tätig werden dürfen. In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass auf Grund der räumlichen Nähe in einer stationären Einrichtung eine etwaige zeitnahe Intervention durch eine Fachkraft in der Regel deutlich schneller erfolgen kann als im häuslichen Bereich. Vor diesem Hintergrund sind, insbesondere auch wegen des Schutzanspruchs pflegebedürftiger Menschen, unterschiedliche Regelungen und Anforderungen an die Versorgung in der stationären Pflege und der ambulanten häuslichen Versorgung grundsätzlich nachvollziehbar. Die o.g. Maßstäbe und Grundsätze werden von der Pflegeselbstverwaltung auf Bundesebene (Spitzenverband Bund der Pflegekassen, Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, kommunale Spitzenverbände und Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene) vereinbart. Die Länder sind an diesem Verfahren nicht beteiligt. Die Voraussetzungen zur Erbringung von häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V werden unmittelbar auf der Grundlage von Vereinbarungen nach SGB V geregelt. In diesem Zusammenhang ist bezogen auf den ambulanten Bereich festzustellen, dass in Nordrhein- Westfalen seit Jahren eine steigende Zahl von ärztlichen Verordnungen zur Erbringung von häuslicher Krankenpflege zu verzeichnen ist. Gleichzeitig gibt es zu wenig examinierte Pflegefachkräfte. Aus diesem Grund haben sich die Leistungserbringer - Verbände und die Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen - vertraglich auf die Ausweitung der zur Erbringung von Behandlungspflege berechtigten Berufsgruppen verständigt. In Nordrhein-Westfalen sind insoweit seit Jahren u.a. Altenpflegehelfer/-innen, sonstige geeignete Personen und Medizinische Fachangestellte (früher: Arzthelfer/-in) für die Behandlungspflege unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5441 3 Damit eine qualitativ hochwertige Behandlungspflege sichergestellt ist, sind zusätzlich entsprechende Weiterbildungen bzw. Praktika erforderlich. Diese Maßnahmen richten sich nach den Vorkenntnissen bzw. Ausbildungsabschlüssen der jeweiligen Personen. Dieses System hat sich nach Kenntnisstand der Landesregierung seit Jahren bewährt, denn dadurch konnte der Anteil der Berufsgruppen, die Behandlungspflege im ambulanten Pflegedienst erbringen dürfen, erhöht werden. Um auch zukünftig eine qualitativ hochwertige Behandlungspflege in Nordrhein-Westfalen sicherzustellen, ist es notwendig, weiterhin die zuvor genannten Personenkreise für die Erbringung der Behandlungspflege zuzulassen. 2. Sollten in die einjährige Altenpflegehelfer/-innen-Ausbildung auch die Qualifikationen für medizinische Indikationen zur Verrichtung von Arbeiten der ambulanten Pflege integriert werden? Die Landesregierung sieht auch die Notwendigkeit der Neuausrichtung der Altenpflegehilfeausbildung und der Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegeassistenz (früher: Krankenpflegehilfe) in Nordrhein-Westfalen. Daher werden, wie auch im Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen (S. 101) beschlossen, die beiden einjährigen Ausbildungen zu einer generalistischen Pflegeassistenzausbildung zusammengeführt und gleichzeitig die Kompetenzen im Bereich der Behandlungspflege angepasst und vereinheitlicht. Das Berufsbild des/der Medizinischen Fachangestellten ist dagegen bundesgesetzlich geregelt. Anpassungen auf Landesebene sind damit nicht möglich. 3. Welche Begründung gibt es für die so unterschiedliche Bewertung der einzelnen Ausbildungsberufe im Hinblick auf ihre Erlaubnis, Behandlungspflege durchzuführen? Die Gründe für die unterschiedliche Bewertung der in der Kleinen Anfrage genannten Ausbildungsberufe im Hinblick auf die Erlaubnis, Maßnahmen der Behandlungspflege durchzuführen, liegen im jeweiligen Berufsprofil und den damit verbundenen Ausbildungszielen sowie den dafür vorgesehenen Tätigkeitsbereichen. Grundsätzlich gehören die Maßnahmen der Behandlungspflege im ambulanten und stationären Bereich zum Aufgabenspektrum der examinierten Pflegefachkräfte in der Altenpflege, der Gesundheitsund Krankenpflege sowie der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. In den dreijährigen Ausbildungen werden die dafür notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt. Als weitere dreijährige duale Ausbildung mit der späteren eingeschränkten Erlaubnis, Maßnahmen der Behandlungspflege durchzuführen, sind die Medizinischen Fachangestellten zu erwähnen. Dieses Berufsfeld ist mittlerweile breit gefächert, wobei insbesondere die Kenntnisse und Fertigkeiten nach Abschluss der Ausbildung, je nach Schwerpunkt des Lernortes Praxis, erheblich variieren können. Die Tätigkeitsbereiche liegen insbesondere bei der Durchführung von Maßnahmen der Diagnostik und Therapie unter Aufsicht eines Arztes/einer Ärztin, der Assistenz bei Untersuchungen, der Betreuung und Beratung von Patientinnen und Patienten sowie in der Betriebsorganisation und -verwaltung. Weitere Einsatzfelder der Medizinischen Fachangestellten sind Laboratorien, betriebsärztliche Abteilungen sowie andere medizinische Versorgungseinrichtungen. Deshalb ist es selbstverständlich, dass Medizinische Fachangestellte, die in den Tätigkeitsbereich der Pflege wechseln, ihre Kompetenzen entsprechend erweitern müssen. Ziel der einjährigen Ausbildung in der Altenpflegehilfe in Nordrhein-Westfalen ist die Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine qualifizierte Betreuung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5441 4 und Pflege alter Menschen unter Aufsicht einer Pflegefachkraft erforderlich sind. Dazu gehört insbesondere die Vermittlung einer fachkundigen umfassenden Grundpflege zur Entlastung der Pflegefachkräfte. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Qualifikation für die Durchführung von Behandlungspflege im ambulanten Bereich zu vereinheitlichen oder zu erleichtern? Soweit für den ambulanten Bereich in der Kleinen Anfrage eine vermeintliche Ungleichbehandlung verschiedener Qualifikationen bei der Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege beschrieben wird, ist hierzu ergänzend folgendes anzumerken: Tatsächlich vermag die differenzierte vertragliche Ausgestaltung für die Tätigkeit von Medizinischen Fachangestellten, für Altenpflegehelfer/-innen sowie für ungelernte Pflegehilfskräfte zunächst unverständlich erscheinen. Die Vertragspartner der Rahmenverträge nach § 132a SGB V zur Durchführung von häuslicher Krankenpflege haben sich jedoch bei der Gestaltung der personellen Voraussetzungen für die Erbringung von Behandlungspflege davon leiten lassen, auch Personen mit unterschiedlichen Basisqualifikationen einen Zugang zu einer Tätigkeit in der Häuslichen Krankenpflege zu ermöglichen. Durch passgenau ausgestaltete Zusatzqualifikationen in den Bereichen Aus- und Fortbildung, Berufspraxis und ggf. Praktikum wurden hierzu die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass sie am Ende nahezu identische Qualifikationen ergeben, die zur qualitätsgesicherten Erbringung entweder der Leistungsgruppen 1 und 2 oder 1 bis 3 der Vergütungsregelungen in den Rahmenverträgen zur Häuslichen Krankenpflege ohne eine zusätzliche begleitende Fachkraft berechtigen. Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der 1. Frage.