LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5444 18.03.2019 Datum des Originals: 15.03.2019/Ausgegeben: 21.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2055 vom 15. Februar 2019 der Abgeordneten Arndt Klocke und Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5138 Was unternimmt die NRW-Landesregierung gegen illegale Autorennen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der WDR berichtet, dass die Zahl der illegalen Autorennen in NRW im letzten Jahr um rund 40 Prozent gestiegen sei. In 2017 hätten 335 polizeibekannte illegale Autorennen stattgefunden, in 2018 sogar 474. Nach Aussage von Innenminister Reul käme die Steigerung dadurch zustande, dass mehr kontrolliert würde und deshalb auch mehr Verstöße festgestellt würden. Das lässt vermuten, dass es noch eine deutlich höhere Zahl an illegalen Autorennen in NRW gibt, als von der Polizei bislang festgestellt. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2055 mit Schreiben vom 15. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Gesamtzahl der illegalen Autorennen in NRW im Jahr 2018 inkl. der nicht festgestellten Delikte ein? Durch das Lagebild „Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB)“, das durch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) im Auftrag des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (IM NRW) quartalsweise erstellt wird, sind der Landesregierung für das Jahr 2018 474 illegale Rennen bekannt; davon 70 mit und 404 ohne Verkehrsunfallfolge. Eine Einschätzung einer womöglich höheren Anzahl inklusive der nicht festgestellten Delikte ist der Landesregierung seriös nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5444 2 2. Wie viele Tote und Verletzte gehen in den Jahren 2015 bis 2018 auf illegale Autorennen zurück? Bitte für die Jahre einzeln aufschlüsseln. 20151: 4 Verkehrsunfälle (VU) mit Verletzten; 0 VU mit Getöteten 2016: 2 VU mit Verletzten; 2 VU mit Getöteten 2017: 15 VU mit Verletzten; 1 VU mit Getöteten 2018: 34 VU mit Verletzten; 5 VU mit Getöteten Bei den oben angeführten statistischen Daten, die der Landesregierung aus dem Lagebild „Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB)“ bekannt sind, handelt es sich jeweils um die Bewertung des Sachverhalts durch die Polizei zum Abschluss der Ermittlungen. Ob die Staatsanwaltschaft bzw. nachfolgende Gerichte dieser Qualifikation im Einzelfall gefolgt sind oder eine ggf. abweichende Qualifikation zur justiziellen Ahndung getroffen wurde (verbotenes Rennen ja/nein), ist nicht erfasst. 3. Was unternimmt die Landesregierung, um illegale Autorennen in NRW zu verhindern? Ein Meilenstein in der Bekämpfung verbotener Kraftfahrzeugrennen nach deren erstmalig gehäufter Feststellung im Jahr 2015 war das Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. September 2017 (BGBl. I S. 3532). Mit dem Inkrafttreten am 13. Oktober 2017 erhielt der Tatbestand des § 315d (Verbotene Kraftfahrzeugrennen) Einzug in das Strafgesetzbuch (StGB). Der bisherige Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit wurde dadurch abgelöst. Die Einführung der Vorschrift wird von Seiten der Landesregierung begrüßt. Die Wirkung und insbesondere die Praxis der Rechtsprechung werden beobachtet und regelmäßig bewertet. Grundsätzlich erwartet die Landesregierung durch die Verschärfung der Norm eine generalpräventive Wirkung. Die Phänomenologie „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“ ist zudem inhaltlich in die Aus- und Fortbildung der Polizei Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden und bildet dort einen festen Bestandteil. Es ist Überzeugung der Landesregierung, dass neben einem gestiegenen Hinweisaufkommen durch die zum Thema sensibilisierten Bürgerinnen und Bürger auch die vermehrte Fortbildung zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen die gestiegene Anzahl der festgestellten Delikte begründet. Fortgebildete und geschulte Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte sind nunmehr besser in der Lage, im Rahmen der Verkehrsüberwachung und bei Verkehrsunfällen deliktstypische Aspekte festzustellen und gerichtsfest zu sichern. Um verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu begegnen, bestärkt die Landesregierung die Polizei Nordrhein-Westfalen darin, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein weiterer Baustein besteht darin, polizeilich präventiv zu agieren, damit solche Rennen überhaupt nicht stattfinden. Die Sensibilisierung für die Gefahren, die von überhöhter Geschwindigkeit ausgehen, erfolgt für die jungen Verkehrsteilnehmenden insbesondere durch das Präventionsprogramm „Crash Kurs NRW", das in allen Kreispolizeibehörden durchgeführt wird. Die Kreispolizeibehörden sind durch die Landesregierung unter anderem damit beauftragt, Verkehrsunfälle, insbesondere solche mit schweren und schwersten Unfallfolgen, zu 1 Für das Jahr 2015 liegen Daten nur für das IV. Quartal vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5444 3 bekämpfen. Dazu wird die Unfallsituation landeszentral und im jeweiligen Polizeibezirk ausgewertet. Führen die Auswertung der Verkehrsunfalllage, die Beobachtungen und Feststellungen im Rahmen der Verkehrsüberwachung und bzw. oder Bürgereingaben zum Erkennen einer Raser- oder verwandten Szene im öffentlichen Verkehrsraum, ergreifen die Kreispolizeibehörden geeignete Maßnahmen in eigener Zuständigkeit. In einigen Kreispolizeibehörden wurden dafür temporär besondere Organisationseinheiten (z. B. im Polizeipräsidium Köln die „Ermittlungskommission Rennen“ und in Düsseldorf die „Arbeitsgruppe Tuning“) eingerichtet, andere Kreispolizeibehörden nehmen diese Aufgaben in bestehenden Organisationseinheiten (z. B. dem Verkehrsdienst) wahr. Die Kreispolizeibehörden, das LZPD NRW und das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen flankieren diese Maßnahmen mit spezifischen Lagebildern, temporärer Verschiebung von Kräften und Führung- und Einsatzmitteln (z. B. für Sondereinsätze), Fortbildungsangeboten und Hilfen zur rechtlichen Einordung der Phänomenologie „Verbotene Kraftfahrzeugrennen“. 4. Welche Maßnahmen gegen illegale Autorennen wären aus Sicht der Landesregierung darüber hinaus zielführend, um die Gefahr für Leib und Leben durch Raser einzudämmen? Die zu Frage 3 dargestellte Einführung der Vorschrift im StGB wird durch die Landesregierung aufmerksam beobachtet, um neben der generalpräventiven Wirkung auch die Praxis der Rechtsprechung zu beobachten. Sollte sich eine systematische Problematik zur Beweisbarkeit im Einzelfall ergeben, die dem vorherigen Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit immanent war, werden Maßnahmen zu entwickeln und zu bewerten sein. Die Landesregierung will, dass vorwerfbares strafbares Fehlverhalten mit vertretbarem Aufwand durch die Polizei Nordrhein-Westfalen festgestellt und dokumentiert wird, damit eine Bestrafung erfolgen kann. Ebenso wie der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) unterstützt die Landesregierung die Forderung der Verkehrsministerkonferenz aus dem Jahr 2018, eine Verschärfung der in der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) niedergelegten Sanktionen für Verkehrsverstöße mit besonderem Gefährdungspotential zu forcieren. Geschwindigkeitsverstöße zählen zu den Verkehrsverstößen, welche die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße gefährden. Eine deutliche Anhebung der Regelsätze für diesbezügliche Verstöße könnte eine weitergehende, abschreckende Wirkung sicherstellen. Die Beschlüsse der kommenden Verkehrsministerkonferenz hierzu sind gleichwohl abzuwarten. 5. Wie viele zusätzliche stationäre Geschwindigkeitskontrollen sind seit 2015 aufgestellt worden, um illegale Autorennen zu verhindern bzw. die Täter zu ermitteln? Die Polizei Nordrhein-Westfalen setzt keine stationären Geschwindigkeitsmessanlagen ein. Stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen werden durch die dazu berechtigten Kommunen eingesetzt. Das nachgefragte Zahlenmaterial wird nicht an zentraler Stelle erfasst und liegt der Landesregierung insofern nicht vor. Eine landesweite Abfrage bei den berechtigten Stellen ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Daneben sei darauf hingewiesen, dass jegliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung eine ganzheitliche Erhöhung der Verkehrssicherheit bezwecken und gerade keiner singulären Zweckbindung (Verhinderung verbotener LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5444 4 Kraftfahrzeugrennen) unterliegen. Darüber hinaus sind stationäre Geschwindigkeitsmessanlagen nur bedingt geeignet, verbotene Kraftfahrzeugrennen zu verhindern.