LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5453 18.03.2019 Datum des Originals: 18.03.2019/Ausgegeben: 21.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2074 vom 18. Februar 2019 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/5181 Wird Bochum zum neuen Zentrum der Muslimbruderschaft in Nordrhein-Westfalen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Informationen des Nachrichtenportals NRW.direkt treffen sich am 16. sowie am 17. Februar 2019 erneut führende Vertreter aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft in der Khaled-Moschee des Islamischen Kulturvereins Bochum (IKV).1 Als Anlass wird eine Schulung zur Biographie des Propheten Mohammad benannt. Als Referenten sind angemeldet Taha A. und Ahmed K., bei denen es sich nach Ansicht der Islamismus-Expertin Sigrid H.M. um zwei „langjährige und einschlägig bekannte Akteure aus dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft“ handelt. Bei Taha A. handele es sich um den Vorsitzenden des Rats der Imame und Gelehrten Deutschlands (RIGD). Geht man auf die Internetseite der RIGD, findet man schnell Khaled H., der bei der gemeinsamen Veranstaltung von Ditib und Muslimbruderschaft in der Kölner Ditib-Moschee vom 02.-04.01.2019 vor Ort gewesen sein soll. Der RIGD findet u.a. Erwähnung im aktuellen Verfassungsschutzbericht Hessen im Kapitel Muslimbruderschaft/ Islamische Gemeinschaft in Deutschland. Bereits am 26.12.2018 gab es ein Treffen der Muslimbruderschaft in Bochum2 unter Beteiligung von Ali al-Q., einem einflussreichem Islamgelehrten und Scharia-Fachmann. Thema dieser Veranstaltung waren „Islamkonforme Finanzgeschäfte in Europa“. Wie die Islamismus-Expertin Sigrid H.M. im NRW.direkt-Artikel weiterhin ausführte, haben Einrichtungen wie die in Bochum „oft eine relevante und stark einbindende Jugendarbeit, die ideologisch stark festigt und Probleme bereiten kann“. 1 http://nrw-direkt.net/schulung-fuer-jugendliche-durchmuslimbrueder /?fbclid=IwAR0rPvaWP8SiVoUiChCBWJrhoMUMX84ywNa0c_Hp2ac1dh24cnAChl81c6o 2 https://scontent-ams3-1.xx.fbcdn.net/v/t1.0- 9/48018202_2327421513949436_3518267080933638144_n.jpg?_nc_cat=107&_nc_ht=scontent-ams3- 1.xx&oh=bfe8c6f7f54855019e35f16e9058afe3&oe=5CD151B7 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5453 2 Die Muslimbruderschaft wird auch von den Innenbehörden zunehmend kritisch gesehen. So gab es zuletzt Warnungen durch den Landesverfassungsschutzchef, Burkhard Freier. Gegenüber dem Online-Magazin „Focus-Online“ sagte er: „Die IGD und das Netzwerk kooperierender Organisationen verfolgen trotz gegenteiliger Beteuerungen vor allem eines: Die Errichtung islamischer Gottesstaaten und in letzter Konsequenz auch in Deutschland.“ Mittelfristig gesehen, warnte Freier gemäß „Focus-Online“, gehe von „einer verstärkten Einflussnahme der MB eine weitaus größere Gefahr für die deutsche Demokratie aus als von der radikal-islamischen Salafisten-Szene, deren militante Protagonisten Terror-Gruppierungen wie Al Kaida oder den „Islamischen Staat“ (IS) unterstützten“. Zudem äußerte der NRW- Verfassungsschutzchef Freier die Befürchtung, „dass die hiesigen MB-nahen Vereinigungen verstärkt Flüchtlinge aus den arabischen Staaten in ihren Bannkreis ziehen, um sie für ihre Ziele einzuspannen“.3 Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) Focus-Online mitteilte, firmiert die „Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V.“ (IGD) mit Hauptsitz in Köln als zentrale Stelle des hiesigen MB-Netzwerks. „Mit ihren Bemühungen zur Schaffung eines gesellschaftlichen und politischen Systems auf Grundlage der Scharia (islamische Rechtssammlung) verstößt sie – laut Aussage des BfV - gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“. Des Weiteren wird berichtet, dass allein „14 Moscheevereine der 109 radikalen Gebetshäuser an Rhein und Ruhr zum Umfeld der Muslimbrüder gehören“. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2074 mit Schreiben vom 18. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. 1. Steht die Khaled-Moschee des Islamischen Kulturvereins Bochum unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden insbesondere des Verfassungsschutzes NRW? Hierzu wird auf den schriftlichen Bericht der Landesregierung zu Tagesordnungspunkt 10 der Sitzung des Innenausschusses am 14.03.2019, Vorlage 17/1816 verwiesen. 2. Welche Informationen liegen der Landesregierung bezüglich verfassungsfeindlicher Bestrebungen und möglicher Straftaten im Zusammenhang mit der Khaled-Moschee des Islamischen Kulturvereins Bochum vor? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zu politisch motivierten Straftaten im Zusammenhang mit der Khaled-Moschee vor. Im Übrigen wird auf den schriftlichen Bericht der Landesregierung zu Tagesordnungspunkt 10 der Sitzung des Innenausschusses am 14.03.2019, Vorlage 17/1816 verwiesen. 3 https://www.focus.de/politik/deutschland/zentralrat-im-blick-der-islamisten-verfassungsschuetzermuslimbrueder -wollen-deutschland-in-islamischen-gottesstaat-verwandeln_id_10048434.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5453 3 3. Strebt die Landesregierung einer Schließung oder andere geeignete Maßnahmen gegen die Khaled-Moschee des Islamischen Kulturvereins Bochum an, um eine mögliche Ausweitung des Unterstützerkreises dieser Moschee, insbesondere durch Jugendliche und Flüchtlinge, zu verhindern? (Bitte begründen) Verbotsverfahren werden im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten vollzogen und im Vorfeld nicht von der Landesregierung kommentiert. Die Landesregierung wirkt islamistischen beziehungsweise salafistischen Bestrebungen und ihrer Propaganda insbesondere in Bezug auf Jugendliche durch Präventionsprogramme entgegen. Bochum ist Standort einer Anlaufstelle des Präventionsprogramms „Wegweiser“. Die Einrichtungen des Landes zur zentralen Unterbringung von Asylsuchenden wurden durch den Verfassungsschutz sensibilisiert, darüber hinaus wurde ein fester Ansprechpartner beim Verfassungsschutz für diese Einrichtungen benannt. Durch diese Maßnahmen ist gewährleistet, dass der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen die weitere Entwicklung bezüglich Jugendlicher und Flüchtlinge auch im Zusammenhang mit der Khaled-Moschee im Blick behält. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Antwort auf die Kleine Anfrage 1949, Drucksache 17/5106 und im „Lagebild Salafismus“, Vorlage 17/1444 verwiesen. 4. Wie möchte die Landesregierung eine weitere Ausbreitung der Muslimbruderschaft in Nordrhein-Westfalen verhindern? Neben den unter Frage 3 genannten Maßnahmen wirkt die Landesregierung vor allem durch die Aufklärung der Öffentlichkeit und Politik über die Ziele der Muslimbruderschaft ihrer weiteren Etablierung in der Gesellschaft entgegen. Die Muslimbruderschaft wird durch den Verfassungsschutz als extremistischer Personenzusammenschluss beobachtet. Durch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht und durch weitere Aufklärungsangebote des Verfassungsschutzes werden staatliche Stellen und Zivilgesellschaft über die Muslimbruderschaft aufgeklärt, um deren Handlungsspielraum zu reduzieren. 5. Im „Fokus-Online“-Artikel wird von 109 radikal islamischen Gebetshäusern an Rhein und Ruhr gesprochen – davon 14 Moscheevereine im Umfeld der Muslimbruderschaft. Wie viele und welche radikal islamischen Gebetshäuser gibt es nach Informationen der Sicherheitsdienste derzeit in Nordrhein-Westfalen? (bitte auflisten unter Nennung von Ort und Glaubensrichtung sowie insbesondere der Zugehörigkeit zur Muslimbruderschaft) Hierzu wird auf die Ausführungen in der Antwort auf die Kleine Anfrage 1949, Drucksache 17/5106 verwiesen. Eine darüber hinausgehende Auflistung kann nicht erfolgen, weil dadurch Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand sowie die Arbeitsweise des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gezogen werden können. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes nachhaltig beeinträchtigen.