LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5469 19.03.2019 Datum des Originals: 19.03.2019/Ausgegeben: 22.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2079 vom 19. Februar 2019 des Abgeordneten Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/5211 Alle Wege führen zum Ziel – Sanierung von kommunalen Wirtschaftswegen in NRW, kommunale Aufgabe? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wirtschaftswege dienen der Erschließung von anliegenden Grundstücken, landwirtschaftlichen Flächen oder der landwirtschaftlichen Betriebe. Viele Wirtschaftswege (besonders asphaltierte Wege) werden darüber hinaus auch multifunktional genutzt, etwa als öffentliche Verbindungsstraße im Außenbereich. Oft sind sie in das örtliche und überörtliche Radwegenetz eingebunden und erfüllen als Wanderwege einen wichtigen Beitrag zur Naherholung und für den Tourismus. Die Landwirtschaft hat sich geändert. Gerade bei der Ernte kann man nicht mehr von einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft reden. Vielfach wird die Ernte nur noch von Lohnunternehmern durchgeführt und ist somit eine industrielle Branche geworden. Die Erntemaschinen gehen in Größe, Länge und Gewicht weit über das hinaus, was die Wirtschaftswege aus den 60er und 70er Jahren verkraften können. Schwerlaster mit organischem Dünger, oder Rübentransporte mit einem Gesamtgewicht von 30 - 40 t sind heutzutage an der Tagesordnung. Hierbei handelt es sich um Schwerlastverkehr und nicht mehr um landwirtschaftliche Fahrzeuge. Viele Asphaltwege sind nicht für die aktuellen Belastungen ausgelegt. Sie sind selten breiter als 3 m und meist nur für Belastungen von 3,5 bis 7,5 t gedacht. Schäden an den Wegen durch breite und schwere Erntemaschinen und Schwerlastfahrzeuge sind die Folge. Die schmalen, harten LKW-Reifen, gepaart mit höheren Geschwindigkeiten, schädigen den Unterbau der Straßen bis in die Tiefe. In den Kurven sorgen LKW-Auflieger mit Dreiachs-Aggregaten für zusätzliche Schäden (Scherkräfte). Vielfach kommen Lohnunternehmen zum Einsatz, die mit Schwerlastern die Wirtschaftswege befahren. Die Seiten der Wege sowie die Asphaltdecken brechen auf und Wasser dringt in den Wegekörper ein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5469 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2079 mit Schreiben vom 19. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Finanzen, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Welche Finanzierungsmöglichkeiten hat eine Kommune, die dafür zuständig ist, die Wirtschaftswege instand zu halten? Es kommt eine Finanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln in Betracht. Hier ist auf die im Gemeindefinanzierungsgesetz für das Jahr 2019 erstmals vorgesehene Aufwands- und Unterhaltungspauschale hinzuweisen. Damit wird den Städten und Gemeinde des Landes ein Betrag von 120 Mio. Euro zur Unterstützung von Aufwendungen zum Abbau eines Investitionsund Sanierungsstaus sowie für weitere Unterhaltungsaufwendungen als allgemeine Deckungsmittel zur Verfügung gestellt. Eine Finanzierung von Maßnahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung durch Beiträge nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) scheidet aus. Obligatorische Beträge gem. § 8 Absatz 1 Satz 2 (wenn der Weg dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist) oder, wenn dies nicht der Fall ist, fakultative Beiträge gemäß § 8 Absatz Satz 1 i.V.m. § 8 Absatz 2 KAG betreffen nicht Unterhaltungsmaßnahmen, sondern lediglich die Herstellung, Erweiterung und Verbesserung der Wege. Auch die Wiederherstellung des Zustandes der erstmaligen Herstellung (sog. nachmalige Herstellung) kann unter diesen Tatbestand fallen. Ebenfalls scheidet in der Regel auch eine Erhebung besonderer Wegebeiträge nach § 9 KAG aus. Eine Beanspruchung von Wirtschaftswegen im Rahmen der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung erfüllt in der Regel selbst dann nicht das Tatbestandsmerkmal der „außergewöhnlichen Beanspruchung“, wenn sie unter Einsatz moderner Maschinen erfolgt. Die Norm erfasst grundsätzlich nicht den bestimmungsmäßigen landwirtschaftlichen Gebrauch. Das „Gesetz über die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten“, zu denen Wege, Gewässer und andere Anlagen gehören, die nach den Festsetzungen eines Rezesses eines Auseinandersetzungsverfahren (Separations-, Gemeinheitsteilungs-, Ablösungs- und Rentengutsverfahrens sowie Zusammenlegungs- oder Umlegungsverfahren nach preußischem Recht) zur gemeinschaftlichen Benutzung bestimmt sind, stellt einen praktikablen Rechtsrahmen für Kommunen für die Verwaltung und Vertretung dieser gemeinschaftlichen Angelegenheiten zur Verfügung. Der Rezess hat für die Festsetzungen, die im gemeinschaftlichen Interesse getroffen worden sind, die Wirkung von Gemeindesatzungen. Vergleichbares gilt für Wege, die als gemeinschaftliche Anlagen in Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) von der Teilnehmergemeinschaft hergestellt worden sind. Auch hier hat der Flurbereinigungsplan für die Festsetzungen im gemeinschaftlichen Interesse die Wirkung von Gemeindesatzungen. Die Gemeinden sind danach regelmäßig berechtigt, die ihnen durch die Unterhaltung der Wege und der in ihnen befindlichen Anlagen entstehenden Kosten einschließlich der Verwaltung, soweit diese nicht durch Einkünfte aus der Verwaltung oder durch Beiträge nach § 42 Abs. 3 FlurbG gedeckt werden unter Anwendung der hierfür geltenden Bestimmungen auf die Eigentümer und Erbbauberechtigten der im Flurbereinigungsgebiet liegenden Grundstücke (Teilnehmer) umzulegen und von diesen einzuziehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5469 3 Das Land erfasst nicht, inwieweit Kommunen von diesen letztgenannten Finanzierungsmöglichkeiten Gebrauch machen. 2. Welche Modelle von Beitragserhebungen nach KAG bei der nachmaligen Herstellung und Verbesserung von Wirtschaftswegen werden in den Kommunen NRWs genutzt? Die Kommunen erheben Beiträge gemäß § 8 KAG im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in eigener Verantwortung. Das Land erfasst die jeweils vor Ort gewählten Modelle nicht statistisch, weder im Allgemeinen noch in Bezug auf die in der Frage angesprochene nachmalige Herstellung oder Verbesserung von Wirtschaftswegen. Ein „Modell von Beitragserhebungen“ im Allgemeinen stellt in der Praxis die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes für das Straßenbeitragsrecht dar. 3. Welche finanziellen Förderungen leistet das Land NRW für die kommunalen Wirtschaftswege, um die Kommunen in NRW zu unterstützen? Das Land NRW fördert über das NRW-Programm „Ländlicher Raum 2014-2020“ Wirtschaftswege, die im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren von Teilnehmergemeinschaften nach dem Flurbereinigungsgesetz (Zusammenschluss der Eigentümer aller Grundstücke eines Flurbereinigungsgebietes als Körperschaft des öffentlichen Rechts) hergestellt werden (Ausbau, Neubau und Rückbau). Diese neugestalteten Wege werden regelmäßig den Kommunen mit deren Zustimmung mit dem Flurbereinigungsplan zu Eigentum und Unterhaltung zugeteilt. Daneben wird in der aktuellen Förderperiode die Erarbeitung ländlicher Wegenetzkonzepte gefördert. Mit diesen Konzepten werden die Wege anhand ihrer verkehrlichen Bedeutung kategorisiert und mit den örtlich relevanten Akteuren ein Sollkonzept für ein zukunftsfähiges Wegenetz entwickelt. Hiermit sollen die Kommunen eine Handreichung für zielgerichtete Investitionen erhalten. Aktuell befindet sich eine Richtlinie zur Förderung ländlicher Wege außerhalb von Flurbereinigungsverfahren zur Umsetzung des Sonderrahmenplans Ländliche Entwicklung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) in der Ressortabstimmung. Damit soll insbesondere die Umsetzung der o.g. Wegenetzkonzepte unterstützt werden. 4. Welche Förderungen des Bundes und der EU gibt es für multifunktional genutzte Wirtschaftswege? Im Rahmen der Gemeinschaftaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ können Wirtschaftswege über den Förderbereich der integrierten ländlichen Entwicklung gefördert werden. Auch enthält der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung ländlicher Räume (ELER) Möglichkeiten zur Förderung von Wirtschaftswegen als ländliche Infrastrukturen. Für Nordrhein-Westfalen werden derzeit über den Sonderrahmenplan Ländliche Entwicklung im Rahmen der GAK Fördermöglichkeiten erarbeitet. Die entsprechende Richtlinie befindet sich im Abstimmungsverfahren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5469 4 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, Lohnunternehmen als Verursacher und Auftragnehmer mit in die finanzielle Verantwortung zu nehmen? Die Landesregierung sieht keine rechtlichen Möglichkeiten, Lohnunternehmen in die finanzielle Verantwortung zu nehmen. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 1 hinsichtlich des bestimmungsmäßigen landwirtschaftlichen Gebrauchs von Wegen verwiesen.