LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5472 19.03.2019 Datum des Originals: 19.03.2019/Ausgegeben: 22.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2078 vom 19. Februar 2019 der Abgeordneten Verena Schäffer und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5196 Rechtsextreme Kampfsportveranstalter von „Kampf der Nibelungen“ wollen im Ruhrgebiet ein „Seminar“ anbieten Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits seit 2013 finden bundesweit rechtsextreme Kampfsportveranstaltungen statt, die mit dem Titel „Ring der Nibelungen“ starteten und sich inzwischen in „Kampf der Nibelungen“ umbenannt haben. Im Oktober 2017 fand eine solche klandestin organsierte Veranstaltung in Kirchhundem mit 500 bis 600 Personen statt. Damals hatten die Sicherheitsbehörden den Ort der Veranstaltung nicht im Vorfeld in Erfahrung bringen können. Am 31. Januar diesen Jahres wurde auf der Facebookseite des „Kampf der Nibelungen“ eine Mitteilung veröffentlicht, die ein „Selbstverteidigungsseminar“ am 23. März 2019 im Ruhrgebiet bewirbt. Bei der Veranstaltung soll es um „Grundlagen der Selbstverteidigung, Straßenkampf und klassisches Kickboxen“ gehen. Es sei das erste „Seminar“ dieser Art und weitere seien in „ganz Deutschland“ geplant. Abgeschlossen wird der Post mit dem Slogan „Sport frei!“, der in der Hooliganszene als Chiffre für den Einsatz von Gewalt genutzt wird. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2078 mit Schreiben vom 19. März 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung in Bezug auf den Ort der für den 23. März geplanten Veranstaltung vor? 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung in Bezug auf die Teilnehmerzahl der für den 23. März geplanten Veranstaltung vor? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5472 2 Im Gegensatz zu der öffentlich beworbenen Kampfsportveranstaltung Kampf der Nibelungen“, die am 13.10.2018 in Ostritz stattfand, wird das „Seminar“ konspirativ vorbereitet. Ein solches Vorgehen wird oftmals auch bei der Organisation von rechtsextremistischen Konzerten praktiziert, um sich vor möglichen Verboten oder Auflagen durch staatliche Stellen zu schützen. Der Landesregierung liegen derzeit noch keine Erkenntnisse über den konkreten Veranstaltungsort und über die konkrete Teilnehmerzahl vor. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den Organisatoren der geplanten Veranstaltung vor? Die Veranstaltung wird vom „Kampf der Nibelungen“ durchgeführt. Im Impressum der offiziellen Homepage der Organisation ist der Dortmunder Rechtsextremist Alexander Deptolla aufgeführt, der zugleich eine Führungsrolle im Dortmunder Kreisverband der Partei „DIE RECHTE“ einnimmt. Diese ist eine Auffangstruktur für die im Jahr 2012 durch das Ministerium des Innern Nordrhein-Westfalen verbotene neonazistische Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“. Bei der letzten „Kampf der Nibelungen“-Veranstaltung im Jahr 2018 trat der russische Rechtsextremist Denis Kapustin als Mitorganisator hinzu. Dieser ist mit seiner Organisation ,,White Rex" europaweit aktiv und hat maßgeblich dazu beigetragen, die rechtsextremistische Kampfsportszene zu professionalisieren. Damit hat er die Popularität von Kampfsport in der Szene weiter erhöht. Zudem hat er in den vergangenen Jahren in Deutschland und anderen europäischen Ländern bei verschiedenen rechtsextremistischen Gruppierungen Kampfsporttrainings angeleitet. Auf der Webseite des „Kampf der Nibelungen“ machen die Veranstalter in der Selbstbeschreibung unter dem Punkt „Über uns“ ihre Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung deutlich. Kampfsport wird in diesem Zusammenhang als Mittel gesehen, demokratiefeindliche Bestrebungen zu stärken. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Beteiligung von Akteuren aus der rechtsextremen Szene? (Bitte sowohl Erkenntnisse über Akteure aus Deutschland wie auch aus dem Ausland aufführen.) Das hier in Rede stehende „Seminar“ wird innerhalb der rechtsextremistischen Szene beworben. Bei den vergangenen Kampfsportveranstaltungen, die unter dem Titel „Kampf Der Nibelungen“ beziehungsweise „Ring der Nibelungen“ firmierten, nahmen Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus dem Ausland (unter anderem Ukraine, Russland, Polen, Frankreich) als Besucher und Kämpfer teil. Vor diesem Hintergrund wird von einer entsprechenden Szenebeteiligung ausgegangen, gegebenenfalls auch von ausländischen Rechtsextremisten. 5. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die Durchführung von rechtsextremen Kampfsportveranstaltungen zu unterbinden? Konspirativ geplante rechtsextreme Großveranstaltungen oder ähnliche Ereignisse werden den Sicherheitsbehörden häufig erst kurz vor der Veranstaltung im Wege des polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Informationsaustausches oder durch Open-Source-Recherchen bekannt. Die Polizei trifft gefahrenabwehrende Maßnahmen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in diesem Zusammenhang gemäß der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5472 3 Polizeidienstvorschrift „Führung und Einsatz der Polizei“ PDV 100, Landesteil G „Maßnahmen im Zusammenhang mit extremistischen Veranstaltungen und Versammlungen“. Diese Dienstvorschrift unterliegt der behördlichen Geheimhaltung. Dabei werden auch regelmäßig im Rahmen der Zusammenarbeit mit Kommunalbehörden, insbesondere den Ordnungsbehörden, sowie den Vermietern von Veranstaltungsräumlichkeiten, Möglichkeiten eines Verbots entsprechender Veranstaltungen beziehungsweise die Auferlegung von Beschränkungen geprüft. Soweit ein Verbot nicht möglich ist, sichert die Polizei die rechtmäßige Durchführung der Veranstaltung in Zusammenarbeit mit den genannten Behörden und schreitet bei der Feststellung von Rechtsverstößen, insbesondere Straftaten, konsequent ein. Dieses Verfahren ist zwischen den kommunalen Spitzenverbänden, der Polizei und dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen abgestimmt.