LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5482 20.03.2019 Datum des Originals: 19.03.2019/Ausgegeben: 25.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2038 vom 11. Februar 2019 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/5103 Wie wird das Ruhrgebiet nach den Empfehlungen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung von der Landesregierung unterstützt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Bundesregierung hat eine Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung eingesetzt, die am 26.01.2019 ihren Abschlussbericht vorgelegt hat. Die Landesregierung hat das Kommissionsergebnis umfassend begrüßt und sieht es als Grundlage für die nun anstehenden Gesetzgebungsverfahren und Verhandlungen mit den Akteuren der Energiewirtschaft. Neben der Reduzierung der Kapazitäten bei Braunkohlekraftwerken, sollen auch Steinkohlekraftwerke abgeschaltet werden. So empfiehlt die Kommission bis 2022 7,7 GW Steinkohle aus dem Markt zu nehmen und bis 2030 weitere 7 GW abzuschalten. Diese Maßnahmen würden zu Arbeitsplatzverlusten führen. Wörtlich heißt es daher im Kommissionsbericht: „Die Beschäftigten in den Braun- und Steinkohlekraftwerken und im Tagebau brauchen eine verbindliche Sicherheitszusage der Politik, dass die notwendigen Maßnahmen der Strukturentwicklung auf die Schaffung neuer, wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze gerichtet sind und die Beschäftigten die notwendige Unterstützung bekommen.“ Die Strukturhilfen des Bundes sollen allerdings nur für die Braunkohlereviere zur Verfügung gestellt werden. Jedoch soll nach Medienberichten auch das Ruhrgebiet unterstützt werden. Dazu solle die Ruhrkonferenz der Landesregierung dem Revier einen weiteren Schub bringen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2038 mit Schreiben vom 19. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, dem Minister für Verkehr, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5482 2 1. Wie viele Beschäftigte arbeiten an welchen Standorten von Steinkohlekraftwerken im Ruhrgebiet? In den Kreisen des Ruhrgebiets sind insgesamt rund 1.300 Personen direkt an den Steinkohlekraftwerksstandorten beschäftigt. Gemäß Schätzungen des RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung entfallen hiervon auf den Kreis Unna knapp 500, auf die Städte Duisburg und Gelsenkirchen jeweils etwa 240, auf den Kreis Recklinghausen und die Stadt Herne jeweils rund 100, auf den Kreis Wesel gut 80 und auf die Stadt Hamm etwa 60 Beschäftigte. 2. Welche Steinkohlekraftwerke kommen nach der von der Landesregierung vorliegenden Datenlage für Abschaltungen bis 2022 bzw. bis 2030 in Frage? 3. Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung für das Ruhrgebiet bei der Umsetzung der Abschaltpläne (Arbeitsplätze, Wertschöpfung, Steueraufkommen der Kommunen etc.)? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Welche Kraftwerke von der Abschaltung betroffen sein werden, ist eine unternehmerische Entscheidung, die ein Ergebnis der von der Bundesregierung in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur geplanten Ausschreibungsverfahren zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerkskapazitäten sein wird. 4. Welche Unterstützungen plant die Landesregierung für das Ruhrgebiet, um den dortigen Strukturwandel weiter zu gestalten? Zunächst ist festzustellen, dass sich die Wirtschaft im Ruhrgebiet nach dem aktuellen „Wirtschaftsbericht Ruhr 2018“ der Business Metropole Ruhr GmbH durch einen starken Zuwachs der Beschäftigung und der Umsätze auszeichnet. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit 2,3 % um über 39.000 Menschen. Die Umsätze der Unternehmen sind mit insgesamt über 10 % gewachsen. Besonders dynamisch entwickelten sich dabei die Leitmärkte Digitale Kommunikation, Mobilität und Bildung und Wissen. Viele Start-ups gründen sich vor dem Hintergrund der breiten Hochschullandschaft in engen Bezügen zu traditionsreichen kleinen und mittleren Unternehmen. Das Ruhrgebiet hat erkennbar das Potential, sich zu einer erfolgreichen, wettbewerbsfähigen und lebenswerten Metropolregion im digitalen Zeitalter weiter zu entwickeln. Die Landesregierung schafft mit der Ruhr-Konferenz den inhaltlichen und organisatorischen Rahmen für eine vertiefte Zusammenarbeit der Kommunen, der Unternehmen und der Zivilgesellschaft. In die Arbeit der Ruhr-Konferenz sind alle Ressorts der Landesregierung mit eigenen Themenforen eingebunden. Unter breiter Beteiligung aus Kommunen, Unternehmen, Verbänden und Zivilgesellschaft sollen konkrete Projektvorschläge in 20 Themenforen erarbeitet werden. Die 20 Themenforen der Ruhr-Konferenz decken alle Politikfelder von Wirtschaft und Umwelt über Wissenschaft und Kultur bis zu Sicherheit ab. Ab Mitte des Jahres 2019 wird die Landesregierung Projektvorschläge aus den Themenforen bündeln und diese Vorschläge zu einem Maßnahmenpaket mit Leit- und Einzelprojekten zusammenführen. Für deren LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5482 3 Finanzierung wird die Landesregierung auch um Mittel von Bund und EU werben. Ab dem Jahr 2020 startet die Umsetzung der Projekte. Im Projektaufruf Regio.NRW, der federführend vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt worden ist, war die Metropole Ruhr mit 18 Projekten und einem Fördervolumen von rund 21,7 Mio. Euro erfolgreich. Ziel ist es, mit neuen Kooperationen die innovativen Potentiale und die Standortqualität in der Metropole Ruhr zu stärken. Zu den erfolgreichen Projekten zählen u. a. die Entwicklung von Wirtschaftsflächen in Bottrop, Essen und Mülheim. Weitere zur Förderung empfohlene Projekte nehmen u. a. die Tourismuswirtschaft, die Umweltwirtschaft in den Fokus, stärken die Technologie- und Gründerzentren der Region und heben die Gründerpotentiale. Die Projekte werden mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert werden. Im Wettbewerb „Exzellenz-Startup-Center“ waren zwei Universitäten der Metropole Ruhr erfolgreich: Die Technische Universität Dortmund und die Universität Bochum. Ziel der Initiative „Exzellenz-Startup-Center“ ist der Ausbau und die Weiterentwicklung erfolgreicher Gründungsinitiativen hin zu Exzellenz-Startup-Centern an transfer- und forschungsstarken Universitäten. Eine unabhängige Jury hat am 17.01.2019 aus zwölf Wettbewerbsbeiträgen sechs Universitäten zur Förderung empfohlen: Aachen, Bochum, Dortmund, Köln, Münster, Paderborn. Insgesamt können diese Universitäten bis zu 150 Mio. Euro für die Dauer von max. fünf Jahren erhalten. Derzeit befinden sich die Anträge der Universität Dortmund und der Universität Bochum im Bewilligungsprozess. Darüber hinaus besteht für die Kommunen und die Unternehmen des Ruhrgebiets die Möglichkeit, sich an den landesweiten Projektaufrufen und Leitmarktwettbewerben des OP EFRE NRW zu beteiligen sowie Förderungen aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen aus Mitteln der Bund- Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in Anspruch zu nehmen. 5. Aus welchen Gründen hat sich die Landesregierung in der WSB-Kommission nicht auch für Strukturhilfen des Bundes für das Ruhrgebiet eingesetzt? Die Landesregierung hat in den vergangenen Monaten die Anliegen der Steinkohlestandorte in der Kommission offensiv vertreten und sich in Abstimmung auch mit Akteuren aus dem Ruhrgebiet für diese eingesetzt. Damit hat die Landesregierung maßgeblich dazu beigetragen, dass die Kommission empfohlen hat, die im gesamten Bundesgebiet verteilten Steinkohlekraftwerksstandorte im Falle besonderer Betroffenheit in die Förderung aufzunehmen. Dies soll sich am Anteil der Wertschöpfung der Steinkohlenwirtschaft in der jeweiligen Gebietskörperschaft orientieren.