LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5486 20.03.2019 Datum des Originals: 20.03.2019/Ausgegeben: 25.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2118 vom 15. Februar 2019 des Abgeordneten Andreas Kossiski SPD Drucksache 17/5283 Mögliche Schließung der Notfallpraxis in Köln-Chorweiler – Ist die Notfallversorgung der Bürgerinnen und Bürger sichergestellt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Kölner Norden, besonders im Stadtbezirk Köln-Chorweiler, mit geringer Hausarztdichte und wenig Fachärzten soll ab dem 1. August diesen Jahres die ärztliche Notfallpraxis geschlossen werden. Diese gewährleistet seit 22 Jahren die hausärztliche Versorgung nach Praxisschluss, da es im Stadtbezirk Chorweiler kein Krankenhaus gibt. Die Kassenärztliche Vereinigung wünscht sich die Anbindung der Notfallpraxis an ein Krankenhaus in einem anderen Stadtbezirk. Es ist zurzeit noch unklar, ob es möglich ist, die Notfallpraxis an ein in einem anderen Stadtbezirk liegendes Krankenhaus anzubinden. Aus Sozialgesetzbuch V Paragraf 751 geht nicht klar hervor, ob die Anbindung an ein Krankenhaus eine gesetzliche Pflicht ist, oder es im Ermessen der Stadt bzw. der 1 SGB V, § 75 Abs. 1b: „Der Sicherstellungsauftrag nach Absatz 1 umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Notdienst auch durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen; hierzu sollen sie entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende zugelassene Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung in den Notdienst einbezogen sind, sind zur Leistungserbringung im Rahmen des Notdienstes berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Satz 3 gilt entsprechend für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte im Rahmen der notärztlichen Versorgung des Rettungsdienstes, soweit entsprechend Satz 1 durch Landesrecht bestimmt ist, dass auch diese Versorgung vom Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung umfasst ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Landesapothekerkammern in einen Informationsaustausch über die Organisation des Notdienstes treten, um die Versorgung der Versicherten im Notdienst zu verbessern; die Ergebnisse aus diesem Informationsaustausch sind in die Kooperationen nach Satz 2 einzubeziehen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen mit den Rettungsleitstellen der Länder kooperieren.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5486 2 Kassenärztlichen Vereinigung liegt, ob eine Notfallpraxis auch unabhängig von einem Krankenhaus bestehen kann. Sollte die Notfallpraxis geschlossen und nicht an ein entfernteres Krankenhaus angegliedert werden, müssen die Patienten Wege von mindestens 15 Kilometern auf sich nehmen, damit die Grundversorgung sichergestellt wird.2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2118 mit Schreiben vom 20. März 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Organisation des ambulanten ärztlichen Notdienstes im Landesteil Nordrhein ist alleinige Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) und der Ärztekammer Nordrhein, die den Sicher-stellungsauftrag haben. Das Land ist dabei nicht unmittelbar beteiligt. Rechtlich ist wichtig, dass die ärztlichen Selbstverwaltungskörper-schaften ihren Sicherstellungsauftrag auch im Notdienst erfüllen. Die KVNO strukturiert den Notdienst seit einigen Jahren neu, dabei handelt es sich um einen laufenden Prozess bzw. eine schrittweise Umsetzung. Aktuell gibt es Überlegungen der KVNO für Umstruk-turierungen des ambulanten Notdienstes in der Stadt Köln. Im Zuge dieser Reform sollen die Notdienstpraxen generell an Kranken-häuser angebunden werden. Die KVNO setzt damit grundsätzlich den Konsens in Nordrhein-Westfalen um, flächendeckend Portalpraxen einzuführen. Es besteht auch insofern Reformdruck für die KVNO, als dass in den letzten Jahren immer weniger Ärztinnen und Ärzte bereit waren, eine steigende Inanspruchnahme durch den Notdienst hinzunehmen. Bezüglich Köln-Chorweiler ist festzustellen, dass es in Chorweiler kein Krankenhaus gibt, so dass das Konzept der Portalpraxis in diesem Stadtteil nicht umgesetzt werden kann. 1. In welcher Weise wurde bzw. wird die Landesregierung über die Standorte der vorgesehenen Schließungen informiert und beteiligt? Eine Beteiligung der Landesregierung bei der Organisation des ärztlichen Notdienstes ist rechtlich nicht vorgesehen. Gleichwohl lässt sich das zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen regelmäßig über geplante Veränderungen im Bereich des ärztlichen Notdienstes berichten. 2. Wird nach Ansicht der Landesregierung die medizinische Versorgung im Kölner Norden auch nach einer möglichen Schließung der Notfallpraxis in Köln- Chorweiler ausreichend gewährleistet? In Köln gibt es aktuell acht Notfallpraxen, im Vergleich z.B. zu einer Notfallpraxis in Düsseldorf. Die Landesregierung geht davon aus, dass auch bei Schließung der Notfallpraxis in Köln- 2 Die nächstgelegenen Notfallpraxen befinden sich in Köln-Nippes oder Dormagen-Hackenbroich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5486 3 Chorweiler die Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Kölner Norden auch in Zukunft ausreichend sichergestellt bleiben wird. 3. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die hohe Behandlungsqualität von Patientinnen und Patienten im Bezirk Köln-Chorweiler, bezogen auf Anzahl und Standorte der weiteren Praxen und vor dem Hintergrund einer Belastung durch eine verlängerte und erschwerte An- und Abreise, auch künftig beibehalten wird? Für die Sicherstellung des ärztlichen Notdienstes sind die KVNO und die Ärztekammer Nordrhein zuständig. Das MAGS wird die Reformen im Notdienst in Nordrhein weiterhin aufmerksam beobachten und dabei die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages im Blick behalten. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften bei der konkreten Umsetzung einen weiten Ermessensspielraum haben, der im Rahmen der Rechtsaufsicht zu beachten ist. In einer gemeinsamen Erklärung haben sich das MAGS, die Kassen-ärztlichen Vereinigungen, die Ärztekammern, die Krankenhaus-gesellschaft, die Apothekerkammern sowie die gesetzlichen Kranken-kassen im Februar 2019 darauf geeinigt, dass in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2022 flächendeckend Portalpraxen eingeführt werden. Ziel des Systems der Portalpraxen ist es, dass Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern über einen zentralen Empfang („Ein-Tresen-Modell“) der Portalpraxis und ein strukturiertes Ersteinschätzungssystem zum richtigen Behandlungsort weitergeleitet werden. Dies kann die Notfalldienstpraxis der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die Notfallambulanz des Krankenhauses oder eine ambulante Arztpraxis zu den regulären Sprechzeiten sein. Dadurch wird sich die Behandlungsqualität maßgeblich verbessern. In jedem Fall wird es auch für den Kölner Norden weiterhin einen Fahrdienst geben, so dass die Versorgung der weniger mobilen Patientinnen und Patienten auch weiterhin sicher gestellt ist. 4. Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung im Hinblick auf den § 75 Abs. 1b SGB V? Wie bereits in der Antwort zu Frage 3 dargelegt, bewertet die Landes-regierung es als äußerst sinnvoll, Notfallpraxen im besten Fall in Form von Portalpraxen in Krankenhäusern zu organisieren. Die aktuelle gesetzliche Regelung lässt aber grundsätzlich Spielräume für Notfallpraxen außerhalb von Krankenhäusern.