LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 21.03.2019 Datum des Originals: 19.03.2019/Ausgegeben: 26.03.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2096 vom 22. Februar 2019 der Abgeordneten Sonja Bongers und Frank Müller SPD Drucksache 17/5250 Gesundheit der Beschäftigten im Justizvollzug Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die besonderen beruflichen Herausforderungen im Justizvollzug schränken die beruflichen Möglichkeiten von Beschäftigten in verschiedenen Lebensphasen ein. Hohe Belastungen sind wie in vielen anderen Berufen auch gerade für Schwangere oder Beschäftigte mit gesundheitlichen Einschränkungen ein mögliches Hindernis bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten. Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2096 mit Schreiben vom 19. März 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. In welchem Rahmen besteht eine Berufsunfähigkeit für schwangere Bedienstete im Justizvollzug? (Bitte aufgeschlüsselt nach Berufsgruppen, Grundlagen der Berufsunfähigkeit, Zeitpunkt der Berufsunfähigkeit während der Schwangerschaft) Die Aussprache von Beschäftigungsverboten für schwangere oder stillende Bedienstete im Sinne des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) wird im Justizvollzug statistisch nicht erfasst. Angaben zu den Berufsgruppen, dem Grund oder zum Zeitpunkt der Aussprache eines entsprechenden Beschäftigungsverbots wären daher nur durch Einzelaktenauswertung bei allen nordrhein-westfälischen Justizvollzugseinrichtungen zu erheben. In der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Aufwand konnten daher die erfragten detaillierten Angaben nicht ermittelt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 2 Allgemein wird zu der o. g. Frage Folgendes bemerkt: Gemäß § 3 Absatz 1 MuSchG (ggf. i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 der Freistellungs- und Urlaubsverordnung NRW (FrUrlV NRW)) gilt ein generelles Beschäftigungsverbot für werdende Mütter in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung, es sei denn, sie erklären sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit. Nach der Entbindung besteht ein zwingendes Beschäftigungsverbot von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten sowie bei ärztlich festgestellter Behinderung des Kindes von zwölf Wochen gemäß § 3 Absatz 2 MuSchG (ggf. i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FrUrlV NRW). Daneben gibt es durch ärztliche Zeugnisse belegte individuelle Beschäftigungsverbote, soweit nach den individuellen gesundheitlichen Gegebenheiten der Bediensteten ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Gründe sind z. B. die individuelle Konstitution bzw. der Gesundheitszustand der Frau und nicht die krankheitsbedingten Schwangerschaftsbesonderheiten, weil in solchen Fällen eine Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung zu attestieren wäre. Bereits vor der Meldung einer Schwangerschaft ist nach §§ 10 Abs. 1, 14 MuSchG eine allgemeine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und zu dokumentieren, auch sind alle Bediensteten über das Ergebnis und den Bedarf an Schutzmaßnahmen zu informieren. Nach Anzeige einer Schwangerschaft wird von der Behördenleitung eine individuelle Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes bzw. des Arbeitseinsatzes der schwangeren Bediensteten entsprechend den gesetzlichen Regelungen vorgenommen. Dabei werden die am Arbeitsplatz der Schwangeren etwaig möglichen Gefährdungen ermittelt und die sich daraus ergebenden Arbeitsschutzmaßnahmen - auch unter mutterschutzrechtlichen Aspekten - festgelegt. Die Gefährdungsbeurteilung erfolgt individuell anhand der konkreten Arbeitsbedingungen. Im Ergebnis wird der Arbeitsplatz so gestaltet, dass Leben und Gesundheit von Mutter und Kind durch die berufliche Tätigkeit nicht gefährdet werden. Für die Dienstplanung sind die gesetzlichen Schutzregelungen wie die Verbote der Mehrarbeit, der Nachtarbeit, der Sonn- und Feiertagsarbeit zu beachten. Sollte die Gefährdungsbeurteilung zu dem Ergebnis kommen, dass die Sicherheit oder die Gesundheit der schwangeren Bediensteten oder des Kindes in unverantwortbarer Weise gefährdet sind, werden zunächst die Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls die Arbeitszeiten so umgestaltet, dass eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wird. Sollte dies nicht möglich sein, wird ein Arbeitsplatzwechsel geprüft und ggf. umgesetzt. Sofern die unverantwortbare Gefährdung durch einen Arbeitsplatzwechsel nicht ausgeschlossen werden kann, ist die schwangere bzw. stillende Bedienstete generell von der Arbeit freizustellen. 2. In welchen Bereichen werden schwangere Bedienstete eingesetzt? (Bitte aufgeschlüsselt nach Berufsgruppen, Aufgaben und JVAs) Der Einsatz einer schwangeren Bediensteten im Justizvollzug erfolgt stets auf Grundlage des Ergebnisses der individuell erstellten Gefährdungsbeurteilung und – nur soweit eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist – auch unter Berücksichtigung der Wünsche und Belange der schwangeren Bediensteten selbst. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei unterschiedlich und hängen von den vollzuglichen Besonderheiten der jeweiligen Justizvollzugseinrichtung ab. Eine abschließende Auflistung aller Einsatzmöglichkeiten für schwangere Vollzugsbedienstete ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Aufwand nicht darstellbar. Die verschiedenen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 3 Einsatzbereiche werden daher im Folgenden anhand der vorliegenden Praxisrückmeldungen allgemein erläutert. In vollzuglichen Arbeitsbereichen ohne direkten Kontakt zu Gefangenen, Verwahrten oder Besucherinnen und Besuchern kann der Einsatz von schwangeren Bediensteten grundsätzlich bedenkenlos erfolgen. Dies gilt insbesondere für die in der Verwaltung tätigen Beschäftigten. Auch in Bereichen mit Gefangenenkontakten ist die Beschäftigung schwangerer Bediensteter nicht generell ausgeschlossen. Es hängt hier vielmehr vom Ergebnis der Gefährdungsanalyse ab, ob und inwieweit auf die Schwangerschaft durch einen Wechsel des Arbeitsbereichs reagiert werden muss. So kommt für schwangere Bedienstete im Allgemeinen Vollzugsdienst z. B. ein Wechsel in den Einsatzbereich (Außen)Pforte (ohne Durchsuchung von Gefangenen, Besucherinnen und Besuchern und Fahrzeugen), in den Besuchsdienst/Besuchskoordination, in die Verwaltung oder in die Zentrale in Betracht. Auch im Werkdienst ist in der Regel ein Einsatz außerhalb der Werkstätten und damit ohne Gefangenenkontakt möglich, beispielsweise im Büro der Werkdienstleitung oder in der Arbeitsverwaltung. In den Fachdiensten verbleiben schwangere Bedienstete regelmäßig in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich, wobei sie dann überwiegend nur noch mit administrativen Aufgaben bzw. mit Aufgaben ohne Gefangenenkontakt aus dem jeweiligen Fachbereich betraut werden. Soweit ein Ausschluss von Gefangenenkontakt in diesem Bereich nicht möglich ist, unterbleibt der Einsatz von schwangeren Bediensteten. Teilweise werden in den Anstalten des geschlossenen Vollzugs abhängig von der Anstaltsstruktur und der Arbeitsplatzgefährdungsbeurteilungen für schwangere Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes Beschäftigungsverbote ausgesprochen. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass nach Einschätzung der vollzuglichen Praxis das Gefährdungspotential z. B. im geschlossenen Jugendvollzug oder in einer Jugendarrestanstalt als etwas höher im Vergleich zu sonstigen Vollzugsformen bewertet wird. Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Persönlichkeitsentwicklung junger Gefangener und des danach teilweise schwieriger einzuschätzenden Verhaltens erscheint diese Vollzugsform für den Einsatz schwangerer Bediensteter in der Regel weniger geeignet. Im geschlossenen Vollzug allgemein werden schwangere Bedienstete grundsätzlich nicht in der Zugangsabteilung, in der Untersuchungshaft oder in einem verstärkt gesicherten Bereich eingesetzt. Auch für die vorgeschriebene Öffnung eines Haftraumes durch mindestens zwei Bedienstete wird auf den Einsatz schwangerer Beschäftigter regelmäßig verzichtet. Schließlich kommt für Schwangere keine Tätigkeit in Betracht, für die das Tragen einer Pistole, einer Maschinenpistole oder eines Gewehres angeordnet ist. In Anstalten des offenen Vollzugs mit dem dort naturgemäß niedriger zu beurteilenden Gefährdungsrisiko können schwangere Bedienstete grundsätzlich im Bereich der Verwaltung und der Fachdienste eingesetzt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 4 3. Wie viele Frühpensionierungen unter 45 Jahren sind der Landesregierung bekannt? (Bitte aufgeschlüsselt nach JVAs, Geschlecht, Grund der Frühpensionierung) Die Frühpensionierungen unter 45 Jahren erfolgen ausschließlich auf der Grundlage einer dauernden Dienstunfähigkeit gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) i.V.m. §§ 33, 34 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NRW). Zahlenmaterial hierzu wurde für die Justizvollzugseinrichtungen exemplarisch für die Jahre 2016 bis 2018 erhoben. Die nachstehende Übersicht enthält dabei nur die Justizvollzugseinrichtungen, in welchen entsprechende Frühpensionierungen auch tatsächlich erfolgt sind: Justizvollzugseinrichtu ng 2016 weiblic h 2016 männlic h 2017 weiblic h 2017 männlic h 2018 weiblic h 2018 männlic h JAA Remscheid 0 0 1 0 0 0 JAA Wetter (Ruhr) 0 0 1 0 0 0 JVA Aachen 0 0 1 2 0 1 JVA Brackwede 0 0 0 0 1 2 JVA Bielefeld-Senne 0 0 0 1 1 1 JVA Bochum 2 1 5 0 2 0 JVA Detmold 0 0 0 1 0 0 JVA Dortmund 1 0 1 0 0 0 JVA Duisburg-Hamborn 1 0 0 1 1 0 JVA Düsseldorf 0 2 3 2 1 2 JVA Essen 0 1 0 1 0 0 JVK Fröndenberg 0 1 0 1 0 0 JVA Geldern 1 1 2 0 0 1 JVA Gelsenkirchen 2 0 2 0 1 0 JVA Hagen 0 0 0 1 0 1 JVA Hamm 0 1 0 0 0 0 JVA Heinsberg 1 0 1 1 1 2 JVA Herford 1 0 1 1 2 0 JVA Hövelhof 1 0 0 0 0 0 JVA Iserlohn 0 0 0 1 0 0 JVA Kleve 0 0 0 1 0 1 JVA Köln 2 3 1 1 1 0 JVA Münster 0 0 0 0 1 1 JVA Remscheid 1 1 2 0 0 0 JVA Rheinbach 0 0 1 0 2 0 JVA Schwerte 0 0 0 0 0 2 JVA Siegburg 3 0 0 1 0 3 JVA Werl 2 0 0 1 0 0 JVA Willich I 2 1 1 3 0 1 JVA Willich II 0 0 2 1 0 0 JVA Wuppertal-Ronsdorf 0 1 3 0 0 2 JVA Wuppertal- Vohwinkel 1 0 0 1 0 2 Gesamt 21 13 28 22 14 22 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 5 4. Wie viele Dauererkrankungen bei Beschäftigten sind der Landesregierung bekannt? (Bitte aufgeschlüsselt nach JVAs, Geschlecht, Art der Erkrankung) Im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen erfolgt gegenwärtig eine systematische statistische Erfassung zum Krankenstand lediglich für die Laufbahn des Allgemeinen Vollzugsdienstes bei den Justizvollzugsanstalten. Erfasst werden dabei die individuell ausgefallenen Sollarbeitsstunden. Als „dauererkrankt“ im Sinne der vorgenannten Statistik gelten Bedienstete, bei denen die Erkrankung länger als drei Monate andauert. Eine Differenzierung nach Geschlecht ist der hier vorliegenden Statistik nicht zu entnehmen. Die Erfassung nach Art der Erkrankung ist im Übrigen aus datenschutzrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Nach diesen Maßgaben sind für den Stichtag 31.01.2019 die in der folgenden Übersicht dargestellten Quoten dauererkrankter Bediensteter des Allgemeinen Vollzugsdienstes ermittelt worden: Justizvollzugseinrichtung Dauererkrankte in % zum Stichtag Durchschnitt der letzten 12 Monate in % JVA Aachen 4,92 2,79 JVA Attendorn 2,79 1,30 JVA Bielefeld-Brackwede 2,77 3,20 JVA Bielefeld-Senne 2,61 3,38 JVA Bochum 5,88 4,68 JVA Bochum-Langendreer 1,98 4,34 JVA Castrop-Rauxel 3,75 2,39 JVA Detmold 1,30 1,73 JVA Dortmund 2,63 1,91 JVA Duisburg-Hamborn 2,96 4,19 JVA Düsseldorf 7,62 6,46 JVA Essen 1,70 2,55 JVA Euskirchen 2,71 0,89 JVK Fröndenberg 6,09 4,49 JVA Geldern 5,82 4,52 JVA Gelsenkirchen 7,10 6,03 SothA Gelsenkirchen 7,29 3,83 JVA Hagen 5,35 4,75 JVA Hamm 1,82 1,39 JVA Heinsberg 2,71 2,72 JVA Herford 3,44 3,78 JVA Hövelhof 3,58 2,10 JVA Iserlohn 2,18 2,38 JVA Kleve 0,00 2,02 JVA Köln 4,14 5,16 JVA Moers-Kapellen 11,50 10,59 JVA Münster 3,37 6,90 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5504 6 JVA Remscheid 2,84 3,62 JVA Rheinbach 5,26 5,69 JVA Schwerte 5,26 4,53 JVA Siegburg 1,71 1,39 JVA Werl 2,87 2,26 JVA Willich I 4,17 5,44 JVA Willich II 3,73 3,89 JVA Wuppertal-Ronsdorf 8,87 8,96 JVA Wuppertal-Vohwinkel 8,73 7,79 JAA Bottrop 0,00 0,46 JAA Düsseldorf 0,00 0,00 JAA Lünen 0,00 4,16 JAA Remscheid 7,36 4,77 JAA Wetter 0,00 0,49 Land NRW 4,23 4,07