LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5644 02.04.2019 Datum des Originals: 02.04.2019/Ausgegeben: 05.04.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2134 vom 12. März 2019 der Abgeordneten Sarah Philipp und Carsten Löcker SPD Drucksache 17/5347 NRWs Straßen werden gefährlicher. Was tut die Landesregierung gegen die gestiegene Anzahl an Verkehrsunfällen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut der Rheinischen Post vom 27.02.2019 hat sich die Zahl der Verkehrsunfälle in Nordrhein- Westfalen im Jahr 2018 gegenüber dem Vorjahr erhöht. Die Unfälle führten dabei sowohl häufiger zu Schwerverletzten als auch zu Toten. Darunter stieg die Anzahl der Verkehrsunfälle, die für Radfahrerinnen und Radfahrer tödlich endeten, besonders stark. 2016 war die Anzahl der Verkehrsunfälle im Vergleich zu 2018 3,2% niedriger. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Verkehrssicherheit auf den Straßen Nordrhein- Westfalens weiter verschlechtern wird. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2134 mit Schreiben vom 2. April 2019 im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie erklärt die Landesregierung die gestiegene Zahl an Verkehrsunfällen, Verkehrstoten und Schwerverletzten? Der Anstieg der Zahl der Verkehrsunfälle in Nordrhein-Westfalen ist kein ausschließliches Phänomen der Entwicklung vom Jahr 2017 (650.275) auf das Jahr 2018 (661.066). Die langfristige Entwicklung ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Verkehrsunfälle NRW (Gesamt) Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Jahr 2017 Jahr 2018 581.911 614.827 640.027 650.275 661.066 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5644 2 Dagegen sank die Zahl der Getöteten von 524 im Jahr 2016, über 484 im Jahr 2017, auf nunmehr 490. Die Anzahl der Getöteten in den Jahren 2014 und 2015 betrug jeweils 522. Getötete bei Verkehrsunfällen NRW (Gesamt) Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Jahr 2017 Jahr 2018 522 522 524 484 490 Schwerverletzte Schwerverletzte bei Verkehrsunfällen NRW (Gesamt) Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Jahr 2017 Jahr 2018 13.521 13.175 13.574 13.345 13.997 Parallel zur Steigerung der Verunglückten bei Verkehrsunfällen haben sich die Kfz- und PKW- Zulassungen und damit die Fahrzeugdichte in Nordrhein-Westfalen entwickelt.1 Kraftfahrzeug und PKW-Dichte am 1. Januar Darstellung Jahr / Kfz-Dichte / PKW-Dichte je 1.000 Einwohner Jahr 2014 Jahr 2015 Jahr 2016 Jahr 2017 Jahr 2018 625 633 641 646 655 532 539 545 549 556 Individuelle Fahrfehler führen bei einer höheren Fahrzeugdichte zu potentiell mehr Verkehrsunfällen. 2. Was tut die Landesregierung gegen die gestiegene Zahl von Verkehrsunfällen, Verkehrstoten und Schwerverletzten? Im Sommer 2018 ist die 2. Auflage des Verkehrssicherheitsprogramms Nordrhein-Westfalen 2020 (VSP) erschienen. Das VSP setzt Ziele und gibt neue Impulse, um die Zahl der bei Verkehrsunfällen Getöteten und Schwerverletzten zu reduzieren. Es setzt dabei insbesondere auf vernetzte Strukturen und qualitative Verkehrssicherheitsarbeit in Nordrhein-Westfalen. Das Programm hat eine Laufzeit bis zum Jahr 2020. Das Verkehrsministerium fördert und unterstützt die drei Netzwerke Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen e.V., Zukunftsnetz Mobilität Nordrhein-Westfalen und Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Kreise und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (AGFS), die sich u. a. der Verkehrssicherheit mit verschiedenen Maßnahmen widmen. Beispielsweise wurde im letzten Jahr von den drei Netzwerken die Verkehrssicherheitskampagne „Liebe braucht Abstand“ in verschiedenen Pilotstädten durchgeführt, die sich der zweithäufigsten Unfallursache - zu geringer Abstand - widmet und zu gegenseitiger Rücksicht der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden (Fuß zu Rad, Rad zu Auto usw.) auffordert. Die Kampagne wird in diesem Jahr fortgesetzt. Darüber hinaus werden Fahrrad- und auch Pedelec-Schulungen von den örtlichen Verkehrswachten und ihren rund 50 ausgebildeten Moderatoren angeboten. Die Moderatoren der Verkehrswachten sind in einem Programm „Fit mit dem Fahrrad“ geschult. 1 Quelle: Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5644 3 Die Polizei Nordrhein-Westfalen bezieht in die Verkehrssicherheitsarbeit auch die vielfältigen Einflüsse wie den demografischen Wandel, die zunehmende Mobilität, die Veränderung von Werten und die Digitalisierung (insbesondere digitale Konnektivität) mit ein. Entsprechend hat sie sich in ihrer neuen Fachstrategie Verkehr (Erlass des Ministerium des Innern vom 14.11.2018 – 414 – 59.03.02 –) danach ausgerichtet. Sie verbindet damit das Ziel, durch ihre Arbeit eine größtmögliche Sicherheit für die Menschen im Straßenverkehr zu erzielen. Die Fachstrategie thematisiert auch das Vorgehen im gleichermaßen präventiven wie repressiven Umgang mit Ablenkung beim Fahren, zum Beispiel durch Handynutzung. Diese Ablenkung beeinträchtigt nicht nur die Aufmerksamkeit des jeweils nutzenden Fahrzeugführers, vielmehr auch die der schwächeren Verkehrsteilnehmenden, zu denen neben Fußgängern auch Zweiradfahrer allgemein zählen. Im Jahr 2018 wurden 166.893 Verstöße im Zusammenhang mit Benutzung elektronischer Geräte festgestellt. 24.750 davon durch Fahrradfahrende. Die Polizei Nordrhein-Westfalen bekämpft durch Aufklärung und Kontrollen das unfallträchtige Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden von und gegenüber Radfahrenden bzw. Pedelecfahrenden. Ein landesweiter Schwerpunkteinsatz unterstreicht die Arbeit in allen Polizeibehörden und verdeutlicht öffentlichkeitswirksam die Maßnahmen der Polizei Nordrhein-Westfalen zur Bekämpfung des Phänomens. Der Aktionstag wird am Europäischen Tag des Fahrrads (03.06.2019) stattfinden. Als ein Problemfeld erkannt sind Unfallgeschehen zwischen den Verkehrsbeteiligungsarten LKW und Fahrrad. In 16 Fällen, bei denen Fahrradfahrende zu Tode kamen, handelte es sich um Kollisionen mit LKW. In den 11 Fällen, in denen LKW-Fahrende Verursacher waren, handelte es sich um Rechtsabbiegerunfälle zum Nachteil von Radfahrenden. Die Landesregierung hat sich auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass die Vorgaben für Notbrems- und Abbiegeassistenten europaweit dahingehend verschärft werden, dass diese dauerhaft in Betrieb sein müssen und keine Abschaltvorrichtung vorgesehen wird. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 06.07.2018 die Bundesregierung aufgefordert, bei der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass die im Verordnungsvorschlag enthaltenen Vorgaben zur Abschaltbarkeit von Notbrems- und Abbiegeassistenzsystemen so umgestaltet werden, dass die Abschaltbarkeit nicht möglich ist. Der zuständige Ausschuss im Europäischen Parlament hat sich gegen das Votum des Bundesrates gestellt. 3. Wie möchte die Landesregierung die besonders gefährdete Gruppe der Radfahrerinnen und Radfahrer schützen? Über die in der Beantwortung zur Frage 2 genannten Maßnahmen hinaus schützt die Landesregierung die Gruppe der Radfahrenden in erster Linie durch die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur. Dazu wurden im Jahr 2018 36 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das waren 7 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Für 2019 werden noch einmal 3 Millionen Euro zusätzlich für die Radverkehrsinfrastruktur investiert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5644 4 Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen. 4. Wie möchte die Landesregierung langfristig die Verkehrssicherheit aller Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens gewährleisten? Auf die Ausführungen zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen.