LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5853 16.04.2019 Datum des Originals: 16.04.2019/Ausgegeben: 23.04.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2147 vom 13. März 2019 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/5424 Tragen nun doch Versicherte den Schaden des Zahlungsausfalls der FDP-Bundestagsfraktion gegenüber der RZVK? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie bereits in meinen Kleinen Anfragen vom 15. September 2017, 18. Juni 2018 und 1. August 2018 thematisiert, scheint es weiterhin einen Zahlungsausfall der früheren FDP-Bundestagsfraktion gegenüber der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK) zu geben. Die Rheinische Zusatzversorgungskasse (RZVK) mit Sitz in Köln ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die die Zusatzversorgung von über 340.000 RZVK-Versicherten in Form einer Betriebsrente übernimmt. Bereits im Jahre 2017 wurde bekannt, dass die in Liquidation befindliche FDP-Bundestagsfraktion, nachdem sie dem 18. Deutschen Bundestag vom 22. Oktober 2013 bis zum 24. Oktober 2017 nicht mehr angehörte und die ihre Mitarbeiter ebenfalls im System der RZVK versichert hat, wegen des vorzeitigen Ausscheidens fällig gewordene Beiträge in Höhe von rund 5,8 Millionen Euro nicht zahlte.1 In mehreren Kleinen Anfragen thematisierte ich den Zusammenhang des Zahlungsausfalls der FDP-Bundestagsfraktion gegenüber der RZVK mit dem Versicherungsschutz anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des gesamten Systems der Zusatzversorgungskasse. In der Antwort der Landesregierung vom 06. September 2018 (DS 17/3554) heißt es so beispielsweise : „Der entstandene Schaden, der darin besteht, dass der gegenüber der FDP-Bundestagsfraktion i.L. bestehende Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags in Höhe von rd. 5,8 Mio. Euro nicht mit Erfolg durchgesetzt werden kann, geht zu Lasten der Solidargemeinschaft aller rd. 2.500 Mitglieder (also Arbeitgeber) im umlagefinanzierten Abrechungsverband I der RZVK. (…) Die Insolvenz, bzw. Zahlungsunfähigkeit einzelner Mitglieder führt dem- 1 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-ex-bundestagsfraktion-begleicht-schulden-nicht-a- 1167041.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5853 2 nach dazu, dass die der betreffenden Mitgliedschaft zuzurechnenden Anwartschaften und Ansprüche zu Lasten der Solidargemeinschaft aller Mitglieder aufgefangen werden müssen und belastet somit das verbleibende Kollektiv. Dies ist in dem System so angelegt und wird von den verbleibenden Mitgliedern solidarisch mitgetragen. Auswirkungen auf die Versicherten und Rentenberechtigten im Hinblick auf deren Anwartschaften und Ansprüche ergeben sich hingegen nicht.“ Nun berichtet jedoch der Spiegel vom 18. Februar 2019 über die Kürzung von Rentenansprüchen bei rund 21.500 RZVK-Versicherten.2 Die Betroffenen seien von der Kasse darüber informiert worden, dass die bis zum Ende 2010 erworbenen Ansprüche um 25 Prozent gekürzt würden. Trotz in der Vergangenheit anderslautender Behauptungen der RZVK muss hier der Zusammenhang zwischen dem unsolidarischen Verhalten der aus dem Bundestag ausgeschiedenen FDP-Bundestagsfraktion und der Kürzung der Renten von RZVK-Versicherten hergestellt werden , denn es stellt sich mindestens die Frage, wie es sich die RZVK, die die Leistungen von Versicherten erheblich kürzt, erlauben kann, auf rund 5,8 Millionen Euro Ausgleichszahlungen zu verzichten. Die Kürzung des Rentenversicherungsanspruchs von rund 21.500 RZVK-Versicherten lässt klar vermuten, dass die Schulden der FDP-Bundestagsfraktion nun zulasten anderer Versicherter umverteilt werden. Eine solche Vergesellschaftung von Schulden ist ein Vorgang, den FDP-Funktionäre in anderen Zusammenhängen regelmäßig scharf verurteilen. Bislang hat die RZVK offenbar das gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung des Anspruchs weiterhin nicht eingeleitet, während die FDP-Bundestagsfraktion behauptet, es habe überhaupt keine Forderung seitens der RZVK gegeben.3 Es ergibt sich aus dem Verzicht eines Klageverfahrens zur gerichtlichen Durchsetzung des in Rede stehenden Anspruchs somit weiterhin , dass dem System der RZVK diese mehr als 5,8 Mio. Euro fehlen. Die Tatsache hatte meiner Auffassung nach bereits in der Vergangenheit mindestens zur Folge, dass alle Beitragszahler des Systems gemeinsam für die Betriebsrenten ehemaliger FDP-Fraktionsmitarbeiter aufkommen, weil diese zwar volle Ansprüche auf die vereinbarte Betriebsrente erhalten, jedoch nicht die erwarteten Einzahlungen und auch nicht die durch das Ausscheiden nötig gewordenen Ausgleichszahlungen geleistet wurden. Darüber hinaus müssen nun andere RZVK-Versicherte nicht nur für die Rentenansprüche besagter ehemaliger FDP-Mitarbeiter aufkommen, sondern auch noch selbst Rentenanspruchskürzungen hinnehmen. Auch die RZVK selbst musste laut Spiegel einräumen: „Da der Fehlbetrag nur teilweise durch den Wegfall des vertraglich nicht garantierten Anteils gedeckt werden konnte, erfolgte als ergänzende Konsolidierungsmaßnahme eine Gegenfinanzierung aus dem Abrechnungsverband I.“4 Das Verhalten der damals aus dem Bundestag ausgeschiedenen FDP-Fraktion erreicht damit einen neuen Höhepunkt unsolidarischen Verhaltens. 2 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-bezahlt-schulden-nicht-versicherer-kuerzt-renten-a- 1253182.html 3 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-bezahlt-schulden-nicht-versicherer-kuerzt-renten-a- 1253182.html 4 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-bezahlt-schulden-nicht-versicherer-kuerzt-renten-a- 1253182.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5853 3 Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 2147 mit Schreiben vom 16. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Zum Sachverhalt wird zunächst auf die Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen 330 vom 24. Oktober 2017 (Drs. 17/1035), 1166 vom 18. Juni 2018 (Drs. 17/3237) sowie 1354 vom 06. September 2018 (Drs. 17/3554) verwiesen. Die RZVK ist gesetzlich verpflichtet, verschiedene Abrechnungsverbände (Vermögen) für die Pflichtversicherung einerseits und für die Freiwillige Versicherung andererseits einzurichten und zu verwalten. Der Vorgang der FDP-Bundestagsfraktion in Liquidation hat sich im Abrechnungsverband I (AV I) der Pflichtversicherung zugetragen. Dort entstandene Verbindlichkeiten können sich aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht zu Lasten des Abrechnungsverbandes der Freiwilligen Versicherung auswirken. Bei dem genannten Betrag von 5,8 Millionen Euro handelt es sich entgegen der Bezeichnung durch den Fragesteller in der vorliegenden Kleinen Anfrage nicht um einen wegen des vorzeitigen Ausscheidens aus der Mitgliedschaft der RZVK fällig gewordenen Mitgliedsbeitrag, sondern um den errechneten Ausgleichbetrag nach §§ 15, 15a der Satzung der RZVK, der von dem aus dem Abrechnungsverband I der RZVK ausgeschiedenen Mitglied zu entrichten ist. Der Ausgleichsbetrag ist ein Einmalbetrag, der als Kompensation für die vom ausgeschiedenen Mitglied zurückgelassenen Versorgungsverpflichtungen bei gleichzeitigem Wegfall künftiger Umlagezahlungen dient. Infolge der Nichtzahlung dieses nie gerichtlich geltend gemachten Ausgleichsbetrages im arbeitgeberfinanzierten AV I hat kein aktueller oder zukünftiger Leistungsberechtigter der RZVK einen Schaden erlitten, denn die Leistungen der Zusatzversorgung aus der Pflichtversicherung sind satzungsrechtlich und tarifvertraglich garantiert (siehe bereits die Antwort auf Frage Nummer 4 der Kleinen Anfrage 1166). Die vom Fragesteller mit diesem Sachverhalt – in nicht korrekter Weise - in Verbindung gebrachte Herabsetzung von Leistungen in der Freiwilligen Versicherung der RZVK (AV Freiwillige Versicherung / Tarif 2002) um 25 % betrifft hingegen die Versicherten und Rentenberechtigten , die als versicherte Beschäftigte durch freiwillige Beiträge die Freiwillige Versicherung finanzieren. In Abschnitt D., Ziffer 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ist für die Freiwillige Versicherung über die RZVK-Zusatzrente (Entgeltumwandlung) geregelt, dass im Vorgriff auf erwartete höhere Zinserträge für die Rentenlaufzeit ein um 2,0 v.H. jährlich höherer Zins einkalkuliert ist. Es handelt sich dabei um eine vorweggenommene Beteiligung der Versicherten an erwarteten Zinsüberschüssen. In den AVB wird insoweit ausdrücklich klargestellt, dass auf diese vorweggenommenen höheren Zinserträge ein Anteil von 25 % der nach der Alterstabelle ermittelten Leistungen entfällt, der nicht garantiert werden kann. Außerdem wird ausdrücklich klargestellt, dass die Anwartschaften und Ansprüche im Tarif 2002 der Freiwilligen Versicherung um bis zu 25 % ihres ursprünglichen Betrages herabgesetzt werden können, wenn sich bei der Freiwilligen Versicherung ein Fehlbetrag ergibt, der durch die Inanspruchnahme der Verlustrücklage und die Rückstellung für künftige Leistungsverbesserungen nicht gedeckt werden kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5853 4 Durch Einbeziehung der AVB in die jeweiligen Versicherungsverträge sind diese möglichen Leistungskürzungen auch einzelvertraglich vorbehalten worden. Aufgrund der bekannten lang andauernden Niedrigzinsphase war bilanziell ein Fehlbetrag im AV der Freiwilligen Versicherung entstanden, der behoben werden musste, um auch weiterhin die dauernde Erfüllbarkeit der Verpflichtungen gewährleisten zu können. Dies geschah u.a. durch die Realisierung des in den AVB und in der Satzung (§ 59 Absatz 3 der Satzung der RZVK) niedergelegten Vorbehalts zur Leistungsherabsetzung bis auf den vertraglich garantierten Teil der Leistungszusage in Höhe von 75 %. Alle Betroffenen sind im Vorfeld schriftlich informiert worden. Die Website der RVK enthält unter der Rubrik „Nachrichten“ (www.versorgungskassen.de) insoweit auch eine Liste der vielfach gestellten Fragen und Antworten zur Information. Unzutreffend ist ferner die Mutmaßung des Fragestellers in der aktuellen Kleinen Anfrage, wonach „nun andere RZVK-Versicherte … nicht nur für die Rentenansprüche besagter ehemaliger FDP-Mitarbeiter aufkommen, sondern auch noch selbst Rentenanspruchskürzungen hinnehmen“ müssen. Für diese persönliche Einschätzung gibt es angesichts der erfolgten Antworten der RZVK auf Anfragen bzw. der Antworten der Landesregierung auf entsprechende Kleine Anfragen keine seriöse Grundlage. 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Anzahl der von Rentenkürzung betroffenen RZVK-Versicherten mit Wohnsitz in NRW? Die RZVK hat hierzu dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung berichtet , dass von der Herabsetzung der Leistungen in der Freiwilligen Versicherung (Tarif 2002) rund 17.000 freiwillig Versicherte und ca. 4.600 Rentenberechtigte betroffen sind. Darunter befinden sich 14.630 Versicherte und 3.958 Rentenberechtigte mit Wohnsitz in Nordrhein -Westfalen. 2. Erkennt die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen der Leistungsverweigerung der FDP-Bundestagsfraktion und der Auszahlungskürzung im Sinne der Berichterstattung des Spiegels vom 18.02.2019? 3. Wird die Landesregierung sich nun zum Schutz von RZVK-Versicherten aus NRW aktiver als bisher einbringen? 4. Sieht die Landesregierung nun trotz der massenhaften Rentenkürzungen, die die RZVK laut Spiegel-Bericht selbst mit dem Zahlungsausfall der FDP-Bundestagsfraktion in Zusammenhang bringt, weiterhin keinen Anlass, ihre Aufgabe der Rechtsaufsicht auszuüben? 5. Welche Botschaft hat die Landesregierung für die laut Spiegel-Bericht rund 21.500 anderen RZVK-Versicherten vor dem Hintergrund der in der Antwort der Landesregierung (DS 17/3554) zitierten Aussage der RZVK, Auswirkungen auf Versicherte und Rentenberechtigte im Hinblick auf deren Anwartschaften und Ansprüche ergäben sich nicht? Die Fragen 2 bis 5 werden gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5853 5 Aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen besteht keinerlei sachlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen der Nichtrealisierbarkeit der gegen die FDP-Bundestagsfraktion in Liquidation gerichteten Ausgleichsbetragsforderung einerseits und den Maßnahmen zur Sanierung der Freiwilligen Versicherung (Tarif 2002) andererseits. Die Landesregierung erkennt keine Defizite des für Kommunales zuständigen Ministeriums bei der Wahrnehmung der diesem gemäß § 18 des Gesetzes über die kommunalen Versorgungskassen und Zusatzversorgungskassen im Lande Nordrhein-Westfalen obliegenden Aufsicht über die RZVK und sieht keine Veranlassung, aufsichtsrechtlich tätig zu werden. Die getroffene Aussage in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1354 vom 06. September 2018 (Drs. 17/3554) gilt weiterhin.