LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5859 17.04.2019 Datum des Originals: 17.04.2019/Ausgegeben: 24.04.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2188 vom 20. März 2019 des Abgeordneten Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/5527 Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz bei Sonn- und Feiertagsarbeit Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Sonn- und Feiertage sind in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich arbeitsfreie Tage. An ihnen gilt ein Beschäftigungsverbot, welches im Grundgesetz verankert ist. Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen müssen, sofern sie nicht bereits anderweitig geregelt sind, bei der zuständigen Bezirksregierung beantragt werden. Laut Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 17/4990 des Abgeordneten Josef Neumann zur Situation der Arbeitsschutzverwaltung in NRW, gab es im Jahr 2017 bei Kontrollen des Arbeitsschutzes 1.638 Verstöße gegen das Rechtsgebiet „Arbeitszeit“. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2188 mit Schreiben vom 17. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Wie viele Ausnahmeanträge zur Sonn- und Feiertagsarbeit sind in den Bezirksregierungen von 2010 bis 2018 gestellt worden? Bitte nach Bezirksregierungen und Jahren aufschlüsseln. Die Anzahl der Anträge wird statistisch nicht erfasst. Daher liegen hier keine Informationen zur Beantwortung vor. Es werden lediglich die erteilten Bewilligungen sowie die abgelehnten Anträge erfasst. Die Anträge, die nicht genehmigungsfähig sind, werden in der Regel nach Beratung durch die Bezirksregierungen als Überwachungsbehörde für die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes von den Arbeitgebern zurückgezogen; diese Anträge werden nicht erfasst. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5859 2 2. Wie viele Ausnahmegenehmigungen wurden dabei von den jeweiligen Bezirksregierungen erteilt? Die Ausnahmegenehmigungen können sich auf einen oder mehrere Sonn- und Feiertage bzw. auf einen bestimmten Zeitraum beziehen. 3. Wer wird in einem Genehmigungsverfahren zu den Anträgen gehört bzw. um Stellungnahme gebeten? Dies ist abhängig von dem Bewilligungstatbestand. Bei jedem Ausnahmeantrag werden folgende Personen, Institutionen bzw. Behörden angehört und um Stellungnahme gebeten: der Antragsteller, sofern vorhanden der Betriebsrat/die Arbeitnehmervertretung, wenn Arbeitsort und Betriebssitz des Antragsstellers voneinander abweichen: die zuständige Aufsichtsbehörde am Arbeitsort. Bei Anträgen für einen längerfristigen Zeitraum werden zusätzlich Personen, Institutionen bzw. Behörden angehört und um Stellungnahme gebeten: die betreffende Gewerkschaft, auf Wunsch des Unternehmens der Arbeitgeberverband, bei öffentlich bemerkbaren Arbeiten das zuständige Ordnungsamt, in Einzelfällen das zuständige Umweltamt bzw. der Kreis (Umweltbehörde), ggf. ein Auftraggeber, auf dessen Gelände eine antragstellende Firma tätig werden will. 4. Wer erhält nach einer Ablehnung bzw. Genehmigung der Ausnahme einen Bericht über den Ausgang? Der Antragssteller erhält den Ablehnungs- bzw. Bewilligungsbescheid; soweit vorhanden erhält der Betriebsrat eine Kopie des Bescheids. Ein darüber hinausgehender Bericht über den Ausgang eines Antrages hinsichtlich einer Ablehnung bzw. Bewilligung wird in der Regel nicht erstellt. Nur wenn der Ort des Betriebssitzes und der Arbeitsort voneinander abweichen, erhält die für den Arbeitsort zuständige Aufsichtsbehörde, die für die Überwachung des Arbeitszeitgesetzes vor Ort zuständig ist, Informationen über eine erteilte Bewilligung. Bezirksregierung 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Arnsberg 1350 1408 1325 1308 1159 1390 1109 1337 1239 Detmold 529 641 762 730 676 648 687 773 847 Düsseldorf 1270 1233 1141 1332 1220 1057 1029 1185 1102 Köln 837 869 1032 992 907 943 896 1088 967 Münster 520 617 661 778 723 766 613 653 774 Gesamt 4506 4768 4921 5140 4685 4804 4334 5038 4929 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5859 3 Ggf. erhalten auch die angehörte Gewerkschaft und – bei öffentlich bemerkbaren Arbeiten – das zuständige Ordnungsamt eine Durchschrift des Bescheides. 5. Welche 10 Genehmigungsgründe wurden bei den Bezirksregierungen von den Unternehmen am häufigsten gestellt? Bitte mit Gewichtung. Die meisten Bewilligungen werden aufgrund der Ausnahmetatbestände von § 13 Abs. 3 Nrn. 2 a, b oder c ArbZG erteilt, d. h: a) für das Handelsgewerbe an bis zu zehn Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Verhältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen, b) an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern, c) an einem Sonntag im Jahr zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur. Darüber hinaus werden in Einzelfällen Bewilligungen aus folgenden Gründen erteilt, wenn bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen wöchentlichen Betriebszeiten und bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt ist und durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Beschäftigung gesichert werden kann (§ 13 Abs. 5 ArbZG), sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden (§ 15 Abs. 2 ArbZG), eine Beschäftigung nach § 10 zulässig ist (Feststellungsbescheid). Die unten aufgeführten Antworten basieren auf Erfahrungswerten der Bezirksregierungen, weil die Bewilligungsgründe statistisch nicht erfasst werden. Es werden häufig folgende Argumente vorgetragen, die allerdings nicht immer für eine Bewilligung ausreichend sind. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Bewilligungen jeweils gegeben sind. Drohende hohe Konventionalstrafe oder drohender Verlust von Folgeaufträgen wichtiger Kunden bei Nichteinhaltung zugesagter Liefer-/Fertigstellungstermine, beides infolge von o Personalausfall (z. B. hoher Krankenstand), o Maschinenausfall, o nicht rechtzeitigen oder falschen Materiallieferungen, o Witterungseinflüssen oder o Produktionsfehlern, die zu einer Neuproduktion führen. o Teilnahme an Hausmessen. Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur. Monats-/ Quartals-/ Jahresabschlussarbeiten bei Firmen, die zu internationalen börsennotierten Konzernen gehören, Durchführung betriebswirtschaftlich notwendiger Arbeiten während der Betriebsstillstandszeiten (z. B. EDV-Systemumstellung) zur Vermeidung weiterer Produktionsausfälle . Motiv/ Protagonist/ Mitwirkende bei Filmaufnahmen stehen nur an diesen Tagen zur Verfügung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5859 4 Unzumutbare internationale Konkurrenz bei Ausschöpfung der Sieben-Tage-Woche im Ausland. Umbauten oder Austausch von Ausrüstungen während der Produktionsruhe durch Fremdfirmen (keine Reparaturen oder Instandhaltungen). Aufbau neuer oder Erweiterung bestehender Anlagen in bereits bestehender Maschinenhalle; Arbeiten können nur bei Betriebsstillstand durchgeführt werden. In der Zulieferindustrie: kurzfristige (gestiegene) Abrufe durch Kunden (z. B. in der Automobilbranche). Arbeiten zur Gewährleistung der Lieferverpflichtungen aufgrund saisonaler Spitzen. Montage- und Bauarbeiten, die aus Sicherheitsgründen oder wegen Kundenverkehrs nur bei einem ruhenden Betrieb oder bei ruhendem Straßenverkehr stattfinden können. Bundesuneinheitliche Feiertage, bei bundesweit tätigen Firmen mit zentraler Betriebsstätte. Darüber hinaus werden oft Gründe angeführt, die jedoch für sich allein nicht berücksichtigungsfähig sind: Kundenwunsch, falsche bzw. keine Planung der Produktionsabläufe oder aus wirtschaftlicher Sicht bessere bzw. einfachere Projektabläufe (z. B. „Jahresbetriebsstillstände “).