LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5907 25.04.2019 Datum des Originals: 25.04.2019/Ausgegeben: 30.04.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2235 vom 28. März 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5612 Englisch erst ab Klasse 3 - auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt sich die Landesregierung bei der geplanten Änderung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Schulministerin Gebauer hat angekündigt, im Rahmen eines Masterplans Grundschule den Beginn des Englischunterrichts von Klasse 1 auf Klasse 3 zu verschieben. Das war zumindest der Presse zu entnehmen. Denn entgegen früherer Ankündigungen wurde der Masterplan nicht bis Ende 2018 vorgelegt, sondern bislang nur einzelne Elemente der Presse gegenüber verkündet. Die Ankündigung zum Englischunterricht überrascht und wirft Fragen auf. Es bleibt schleierhaft, worauf sich die Schulministerin stützt. Denn im Koalitionsvertrag von CDU und FDP von 2017 hieß es zu dem Thema noch: „Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse soll die Erteilung des Fachs Englisch in den Grundschulen überprüft werden.“ Diese Ankündigung hatte die Fachwelt insofern beruhigt, als dass eine Entscheidung wissenschaftlich fundiert getroffen werden soll. Seit der Einführung des Englischunterrichts in der Grundschule 2003 wurde von konservativer Seite befürchtet, dass die Kinder zu jung zum Fremdsprachenlernen seien und das Erlernen der deutschen Sprache behindert werde. Die wissenschaftliche Begleitung konnte das aber eindrucksvoll widerlegen. Folglich wurde der Beginn des Unterrichts dann von Klasse 3 auf Klasse 1 vorgezogen. Auch dieser Schritt wurde in seinen Auswirkungen wissenschaftlich begleitet. Durch verschiedene Studien wurde nachgewiesen, dass die „early starters“ höhere Kompetenzen erwerben als die „late starters“. Trotz dieser Faktenlage wurde weiter behauptet, dass der frühe Englischunterricht schädlich sei. Die AfD-Fraktion im Landtag NRW hatte deshalb beantragt, den Englischunterricht durch mehr Deutschunterricht zu ersetzen. In der Expertenanhörung zu dem Thema haben alle geladenen Sachverständigen die Forderung und Argumentation als falsch und unbegründet zurückgewiesen. Deutlich wurde vielmehr, dass es Optimierungsbedarf in der Fachdidaktik in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5907 2 der Sekundarstufe I gibt. Denn die Schülerinnen und Schüler können in Klasse 5 nicht an die Lernstrategien der Grundschule anknüpfen, deren Fachdidaktik weiter entwickelt ist. Gerade wegen der Eindeutigkeit, die in dieser Anhörung deutlich wurde, hat es die Fachwelt alarmiert, dass die Landesregierung eine Verschiebung plant. 28 Professorinnen und Professoren haben einen Brief an Ministerin Gebauer mitgezeichnet, in dem sie nochmals auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinweisen: Früher Start erhöht die Kompetenz, Kinder mit Migrationshintergrund werden nicht benachteiligt und die Weiterentwicklung des Deutsch- und Mathematikunterrichts muss unabhängig vom Englischunterricht erfolgen. Mit einer zweiseitigen Liste an wissenschaftlichen Veröffentlichungen werden die Aussagen gestützt. In dem Brief wird beklagt, dass mit der geplanten Änderung die Stellung des Fachs Englisch insgesamt geschwächt wird und NRW seine Vorreiterrolle aufgebe. Am Ende werden konstruktive Empfehlungen zum weiteren Umgang mit dem Thema ausgesprochen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) hat sich hinter den Brief gestellt und Beratung angeboten. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2235 mit Schreiben vom 25. April 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Auf welche wissenschaftlichen Erkenntnisse stützt sich die Landesregierung bei den Plänen, den Beginn des Englischunterrichts zu verschieben? Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft hängt ein erfolgreiches Fremdsprachenlernen nicht nur vom Zeitpunkt des Beginns, sondern auch vom Umfang ab. Aus Sicht der Landesregierung ist der Beginn des Englischunterrichts an Grundschulen aber nicht allein aus fachspezifischer Sicht, sondern auch im gesamten Bildungskontext Grundschule zu beurteilen, da hier in allen Fächern der Grundstein für erfolgreiche Bildungsbiographien gelegt wird. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Schreiben der 28 Professorinnen und Professoren und von der DGFF und die darin genannten Argumente? 3. In wie weit wird die Landesregierung der darin ausgesprochenen „Empfehlung zum Thema Englisch auf den Prüfstand stellen“ folgen? 4. In wie weit ist die Landesregierung gewillt, die ausgesprochene Bereitschaft der Professorinnen und Professoren und der deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung zur Beratung in Anspruch zu nehmen? Die Fragen 2, 3 und 4 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Landesregierung nimmt die Positionen der Wissenschaftler ernst. Sie wird ihre konzeptionellen Vorstellungen zum Fächerspektrum der Grundschule im Rahmen des Masterplans Grundschule vorstellen. Sie würde begrüßen, wenn dies zu einer konstruktiven, öffentlichen Debatte führt, an der sich auch Expertinnen und Experten aus der Fremdsprachenforschung beteiligen. Eine rechtliche Veränderung der Stundentafel der Grundschule müsste durch eine Änderung der Ausbildungsordnung Grundschule erfolgen. In diesem Zusammenhang ist eine LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5907 3 verpflichtende Verbändebeteiligung vorgesehen sowie letztlich die Zustimmung des Ausschusses für Schule und Bildung des Landtags erforderlich. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen der Expertinnen und Experten bei der Anhörung am 21.02.2018 im Landtag? Die Anhörung bezog sich auf den Antrag der Fraktion der AfD, der die Abschaffung des Englischunterrichts in der Grundschule gefordert hat. Dies lehnt die Landesregierung ab, da dies nicht mit ihren konzeptionellen Vorstellungen übereinstimmt. gen für Unternehmen erweitert.