LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5911 25.04.2019 Datum des Originals: 25.04.2019/Ausgegeben: 30.04.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2234 vom 28. März 2019 der Abgeordneten Alexander Langguth und Frank Neppe FRAKTIONSLOS Drucksache 17/5609 Antisemitismus- und Radikalismus-Vorwürfe: Zusammenarbeit der Diakonie Düsseldorf mit einem Imam in einer Kindertagesstätte Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In einer Kindertagesstätte in Düsseldorf-Reisholz, deren Träger die Diakonie ist, wurde laut eigener Angabe ein „evangelisch-muslimisches Kita-Projekt“ initiiert. Zur Förderung der Toleranz und für ein gutes Miteinander der Religionen komme in Zukunft neben dem zuständigen Diakoniepfarrer auch ein Imam regelmäßig zu Besuch in die evangelische Kita. Das religionspädagogische Modellprojekt sei eine Kooperation zwischen der Diakonie Düsseldorf und dem Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM).1 Dass es sich hierbei nicht um einen Islamunterricht handele und in Kindergärten generell kein Unterricht erteilt werde, betonte eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Familienministeriums. Zur frühkindlichen Bildung gehöre jedoch, „die religiöse Aufgeschlossenheit von Kindern zu unterstützen“, so die Sprecherin weiter.2 Am 21. März 2019 machte der Online-Blog „Ruhrbarone“ publik, dass der vom KDDM für das Projekt empfohlene Imam auf seinem Facebook-Profil „Inhalte von Hasspredigern“, antiisraelische Karikaturen sowie Beiträge eines als „radikal-salafistisch“ beschriebenen bosnischen Magazins geteilt habe. Im Vorfeld zum „Ruhrbarone“-Blog-Eintrag seien Medien 1 https://www.diakonie-rwl.de/diakonie-rwl/nachrichten/diakonie-duesseldorf-13 (abgerufen am 26.03.2019) 2 https://www.domradio.de/themen/soziales/2019-03-15/nrw-einsatz-eines-imam-kita-istgesetzeskonform (abgerufen am 26.03.2019) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5911 2 in der Region Düsseldorf informiert worden und am 14. März 2019 veröffentlichte die Autorin ihre Rechercheergebnisse auf ihrem privaten Blog.3 Nach Bekanntwerden der Rechercheergebnisse habe der Imam die fraglichen Inhalte umgehend von seiner Facebook-Seite gelöscht und die gegen ihn gerichteten Vorwürfe als „denunzierend“ und „hetzerisch“ bezeichnet. Die Blog-Autorin, welche SPD-Mitglied ist, nannte er eine „AfD-Gutachterin“, die angeblich „freundschaftliche Kontakte“ zu AfD-Politikern und „bewaffneten Kombattanten im Ausland“ unterhalte. Diese Vorwürfe des Imams seien auf Facebook vom Kontaktbeamten für muslimische Institutionen (KMI) der Düsseldorfer Polizei, welcher ebenfalls Vorsitzender des Düsseldorfer Wegweiser e.V. sei, mit einem „Gefällt mir“ markiert worden.4 Den für das religionspädagogische Modellprojekt mitverantwortlichen Diakoniepfarrer haben nach eigener Angabe „massive Proteste“ und „Hassmails“ erreicht. Der NRW-Integrations- und Familienminister Dr. Joachim Stamp bezeichnete die Anfeindungen gegenüber dem Kita- Träger als „völlig inakzeptabel“.5 Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel schloss sich zwar der Aussage von Minister Dr. Stamp bezüglich Beschimpfungen und Drohungen gegenüber der Diakonie an, zeigte sich jedoch sehr verwundert, „dass niemand etwas dazu sagt, was Frau Herrmann-Marschall auf dem Facebook-Profil des Imams alles gefunden hat“. Die Diffamierung der Bloggerin durch den Imam sei ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Sie erwarte von den Verantwortlichen, dass sie sich dazu äußern, „wenn ein Imam, der dazu auserwählt wurde, in eine Kita zu gehen, jede Menge Postings von Hasspredigern und auch noch abscheuliche antisemitische Karikaturen öffentlich teilt“.6 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 2234 mit Schreiben vom 25. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und dem Minister des Innern beantwortet. 1. Welche weiteren vergleichbaren religionspädagogischen Projekte in nordrheinwestfälischen Kitas sind der Landesregierung bekannt? Pädagogische Projekte, die im allgemeinen gesetzlichen Rahmen sowie im Rahmen der Vorgaben des KiBiz und der „Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in der Kindertagesbetreuung und Schulen im Primarbereich“ umgesetzt werden, werden von den Trägern der Kindertageseinrichtungen in eigener Verantwortung durchgeführt. Der Landesregierung ist bekannt, dass darunter auch religionspädagogische Projekte sind. Eine Erfassung von Projekten erfolgt nicht. 3 https://www.ruhrbarone.de/nrw-diffamierungen-wegen-enthuellungen-ueber-kita-imam/163654 (abgerufen am 26.03.2019) und https://vunv1863.wordpress.com/2019/03/14/duesseldorf-der-kita-imam/?fbclid=IwAR2QCszMAkoGm SmkKBXyrtSIV0yvZsAMaeYZWHG708sDn3AEiniFx13dN0 (abgerufen am 27.03.2019) 4 https://www.ruhrbarone.de/nrw-diffamierungen-wegen-enthuellungen-ueber-kita-imam/163654 (abgerufen am 26.03.2019) 5 https://www.domradio.de/themen/soziales/2019-03-15/nrw-einsatz-eines-imam-kita-istgesetzeskonform (abgerufen am 26.03.2019) 6 http://nrw-direkt.net/schweigen-zu-enthuellungen-ueber-kita-imam/ (abgerufen am 26.03.2019) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5911 3 2. Wie bewertet die Landesregierung die Tauglichkeit des vom KDDM empfohlenen Imams vor dem Hintergrund seiner geteilten, von der „Ruhrbarone“-Blog-Autorin als „radikal-salafistisch“ und „antisemitisch“ bezeichneten, Facebook-Beiträge? Die Landesregierung bewertet nicht die religiöse Tauglichkeit von Imamen. Gleichwohl sind Personen, die Antisemitismus oder radikal-salafistisches Gedankengut verbreiten, für eine Tätigkeit in der frühkindlichen Bildung ungeeignet. Dies in jedem Einzelfall zu prüfen, ist zunächst einmal die Aufgabe des jeweiligen Trägers. 3. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um auf die Diakonie zur Förderung der religiösen Aufgeschlossenheit von Kindern einzuwirken, dass das religionspädagogische Modellprojekt dahingehend weiterentwickelt wird, dass neben einem Imam ebenfalls ein Rabbiner sowie Vertreter des Hinduismus und Buddhismus zukünftig den Diakoniepfarrer begleiten? Religion und Ethik sind Themenbereiche, die die Landesregierung in ihren „Grundsätzen zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in der Kindertagesbetreuung und Schulen im Primarbereich“ explizit aufgenommen hat. In ihnen ist ausdrücklich formuliert, wie die pädagogischen Fachkräfte Bildungsmöglichkeiten gestalten können, und Kindern die Möglichkeit gegeben wird, unterschiedliche Formen von Weltanschauung, Glaube und Religion zu erfahren, Feste und Rituale aus eigenen und anderen Kulturkreisen zu entdecken und Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Werte von Religionen zu erfahren. Dies kann sowohl in der Verbindung mit einzelnen Religionen als auch mit mehreren Religionen umgesetzt werden. 4. Wie bewertet die Landesregierung vor dem Hintergrund des Neutralitätsgebots, dass der KMI der Düsseldorfer Polizei den oben beschriebenen Facebook-Beitrag des Imams mit einem „Gefällt mir“ markierte? Die „Gefällt mir“-Markierung des besagten Beitrages erfolgte unter außerdienstlicher Nutzung des privaten Facebook-Accounts des Kontaktbeamten für muslimische Institutionen (KMI) des Polizeipräsidiums Düsseldorf. Es handelt sich demnach um eine außerdienstliche Meinungsäußerung eines Beamten in der Öffentlichkeit, die nach den der Landesregierung dazu vorliegenden Informationen unter gebotener Trennung zwischen der beamtenrechtlichen Funktion und der privaten Teilnahme am politischen Meinungsprozess erfolgte.