LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5919 26.04.2019 Datum des Originals: 26.04.2019/Ausgegeben: 02.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2151 vom 25. März 2019 der Abgeordneten Josef Neumann, Jochen Ott und Eva-Maria Voigt-Küppers SPD Drucksache 17/5430 Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage „Aus Sicht der Landesregierung besitzt die Berufseinstiegsbegleitung ein bedeutsames Alleinstellungsmerkmal für den erfolgreichen Übergang von Schülerinnen und Schülern mit schlechteren Startchancen in den Ausbildungsmarkt.“1 „Als einziges Angebot im Regelsystem stellt sie eine personelle Kontinuität in der Begleitung sicher, da sie bereits während des Schulbesuchs beginnt und bis zur erfolgreichen Einmündung in ein Ausbildungsverhältnis andauert. Auch aus diesem Grund findet das Angebot landesweit eine hohe Akzeptanz.“2 Angesichts dieser Aussagen ist es umso überraschender, dass das Programm der Berufseinstiegsbegleitung (BerEb) voraussichtlich zum Ende des Schuljahres 2018/2019 eingestellt wird. Aufgrund entsprechender Rücklagen werden lokal einige Maßnahmen wohl noch vereinzelt ein oder zwei Jahre länger geführt werden können – diese stellen allerdings Ausnahmen dar. Das Programm begleitet Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Förderschulen, die mit schwierigeren Startchancen zu kämpfen haben, bei ihrem Wunsch eine Ausbildung zu beginnen. Von der Auswahl eines realistischen Berufsziels über die Such- und Bewerbungsphase bis hin zum ersten Ausbildungsjahr werden sie dabei von Experten – in der Regel Pädagog*innen und Personen mit Qualifikationen und Berufserfahrung aus den Branchen – begleitet. Die BerEb beginnt bereits in der Vorabgangsklasse und unterstützt die 1 Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen: Berufseinstiegsbegleitung – Aktueller Sachstandsbericht vom 16.11.2018, Vorlage 17/1388, S. 1. 2 Ebenda, S. 4. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5919 2 Jugendlichen mit individuellen Förderplänen passgenaue Wege in die betriebliche Ausbildung zu finden. Die meisten Bildungsträger, über die die Berufseinstiegsbegleiter*innen in die Maßnahmen vor Ort eingebunden sind, bauen ihr Angebot jedoch kontinuierlich ab – d.h. konkret werden keine neuen Verträge mehr mit Berufseinstiegsbegleiter*innen geschlossen oder alte Verträge nicht weiter verlängert. Grund hierfür ist eine fehlende Finanzierungsgrundlage des Programmes. Obwohl anders als geplant, ist die BerEb bislang ausschließlich über den Bund finanziert worden. Eine Ko- Finanzierung und später alleinige Finanzierung durch die Bundesländer wurde bislang seitens dieser strikt abgelehnt. Obwohl der Druck sich nun erhöht und der Bund durchaus Flexibilisierungsspielräume den Ländern zugesteht, soll nun ein solides Programm, welches Tausende von Jugendlichen3 in Nordrhein-Westfalen in Ausbildungen verholfen hat, eingestellt werden. Auch Nordrhein-Westfalen hat sich bislang nicht – auch nicht nur zur anteiligen Finanzierung dieses Programmes – bekannt. Als Begründung hierfür gibt das Land an, dass „der Bund zwar eine hälftige Kofinanzierung (…) erwartet, aber zugleich sehr enge Grenzen für eine länderspezifische Ausgestaltung der Berufseinstiegsbegleitung zieht.“4 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2151 mit Schreiben vom 26. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Welche konkreten und NRW-spezifischen Anpassungen der bestehenden Berufseinstiegsbegleitung sieht die Landesregierung vor, um Effektivität, Effizienz und Qualität des Programmes für Schülerinnen und Schüler zu verbessern? Zentrales Anliegen der Landesregierung ist es, eine zielführende Verzahnung der Berufseinstiegsbegleitung mit den Angeboten der Schulsoziarbeit zu ermöglichen. Zum Aufgabenspektrum der Berufseinstiegsbegleitung gehört gemäß „Fachkonzept Berufseinstiegsbegleitung“ der Bundesagentur für Arbeit u.a. die sozialpädagogische Begleitung von Schülerinnen und Schülern ab der Vorabgangsklasse der allgemein bildenden Schulen. Ziel ist eine sinnvolle Verzahnung der Arbeit der Akteursgruppen zu ermöglichen, um Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf eine übergreifende und effiziente Unterstützung anbieten zu können. 2. Welche Vorgaben existieren hinsichtlich einer länderspezifischen Anpassung? Seit Dezember 2018 liegt dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) die Ankündigung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vor, das Gespräch mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu suchen, um auszuloten, ob und ggf. wie die Berufseinstiegsbegleitung in Zukunft stärker flexibilisiert werden kann. In diesem Zusammenhang hatte das Land ein erstes Lösungsmodell vorgelegt, das zunächst keine Zustimmung beim BMAS bzw. der Zentrale der BA gefunden hat. Am 29. März 2019 ist 3 Im Zeitraum 2012 bis Juli 2018 sind es knapp über 50.000 Teilnehme, vgl.: Ebenda, S. 3. 4 Ebenda, S. 5. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5919 3 nun ein Schreiben des BMAS im MAGS eingegangen, in dem erweiterte Flexibilisierungsspielräume zur künftigen Ausgestaltung einer länderkofinanzierten Berufseinstiegsbegleitung aufgelistet werden. Der Inhalt ist grundsätzlich positiv zu bewerten, da sich die Planungen des MAGS mit dem nunmehr vorgesehenen Flexibilisierungsrahmen des Bundes voraussichtlich decken werden und sich auf dieser Basis eine Lösung abzeichnet. 3. Welche zielgruppenspezifischen Maßnahmen plant die Landesregierung alternativ als Zwischenlösung für den Fall, dass die Berufseinstiegsbegleitung aufgrund fehlender Finanzierung tatsächlich mit Ende des laufenden Schul-jahres 2018/2019 beendet wird? Die Landesregierung hat ein hohes Interesse daran, sicherzustellen, dass eine künftige Berufseinstiegs- bzw. Übergangsbegleitung im Rahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ Jugendliche mit Unterstützungsbedarf am Übergang Schule-Beruf möglichst passgenau und breit erreicht. Hieran wird zurzeit intensiv gearbeitet, gemeinsam mit den Arbeitsmarktpartnern im Land. 4. Sind weitere Gespräche mit dem Bund zur Finanzierung und Ausgestaltung der Berufseinstiegsbegleitung geplant? Aufgrund des Schreibens des BMAS besteht aus Sicht der Landesregierung nun Klarheit hinsichtlich der Flexibilisierungsspielräume auf Bundesebene. Die konkrete Umsetzung muss nun u.a. mit den Partnern im Land abgestimmt werden. Dazu laufen zurzeit intensive Gespräche, insbesondere mit dem Kofinanzierer der Maßnahme, der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. 5. Welche Maßnahmen treffen andere Landesregierungen, um eine Lösung zu finden und die Berufseinstiegsbegleitung zu retten? Es ist bekannt, dass die Länder Bayern und Sachsen eine Fortsetzung der Berufseinstiegsbegleitung mit Kofinanzierung durch die Länder vereinbart haben. Aus den anderen Ländern liegen keine abschließenden Ergebnisse vor. Dort wird zurzeit geprüft, ob bzw. in welcher Form eine Fortsetzung der Berufseinstiegsbegleitung erfolgen soll oder ggf. durch andere Angebote ergänzt oder ersetzt werden soll.