LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5920 29.04.2019 Datum des Originals: 26.04.2019/Ausgegeben: 03.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2310 vom 11. April 2019 der Abgeordneten Nadja Lüders SPD Drucksache 17/5770 Welche Informationen über Verbindungen und Straftaten liegen der Landesregierung über die „Aktionsgruppe Dortmund West“ vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Aktionsgruppe Dortmund West versteht sich und ihre Mitglieder ausweislich des Social- Media Auftrittes der Gruppierung als „parteifreie Aktivisten aus dem Dortmunder Westen – jung, national & sozialistisch“. Sie wird vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz als im Umfeld des Dortmunder Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“ befindliche rechtsextremistische Organisation ausgewiesen1. Neben der Teilnahme an diversen Demonstrationen (jüngst etwa an einer Demonstration in Dortmund für inhaftierte Dortmunder Neonazis), dem Durchführen diverser Mobilisierungsaktionen für neonazistische Großveranstaltungen und der Störung von Veranstaltungen zum Holocaust Gedenken (etwa am 28.01.2019) pflegt die Gruppierung einen regen Internetauftritt, auf dem der politische Gegner diffamiert und das eigene Image als „rechtsextremistischer Aktivist“ gepflegt wird. Die Dortmunder Polizei hat bereits vom 27.09.2018 mehrere Strafverfahren2 gegen Mitglieder der Gruppierung „Aktionsgruppe Dortmund West“ eingeleitet. Eine genauere Aufschlüsselung, um welche Art von Delikten es sich handelt, ob beispielsweise um Gewaltdelikte oder Delikte gegen die persönliche Ehre bleibt in der Pressemitteilung aus. Vor dem Hintergrund der konstant hohen Aktivität der „Aktionsgruppe Dortmund West“ in Dortmunds neonazistischen Strukturen und aufgrund der eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Gruppierung frage ich die Landesregierung: 1 Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2017, S. 47 2 Pressemitteilung Pol-Do vom 27.09.2018, Lfd. Nummer 1314 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5920 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2310 mit Schreiben vom 26. April 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Ist die „Aktionsgruppe Dortmund West“ nach Ansicht der Landesregierung eine Kameradschaft ähnlich der 2012 durch das Innenministerium verbotenen Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“? Die „Aktionsgruppe Dortmund West“ hat sich – nach eigenen Angaben auf ihrer Homepage – im Jahr 2012 als „parteifreie, unabhängige und außerparlamentarische politische Gruppierung“ gegründet. Namentlich ist die Gruppierung dem Verfassungsschutz ab dem Jahr 2015 bekanntgeworden. Bei ihr handelt es sich um eine kleine, lose strukturierte Gruppierung auf lokaler Ebene. Stilistisch lehnen sich die Mitglieder der Gruppierung an die Erscheinungsform der „Autonomen Nationalisten“ an. Dies zeigt sich einerseits durch das äußere Erscheinungsbild der Mitglieder, zum anderen aber auch durch die von der Gruppierung durchgeführten Aktionen und deren Aufarbeitung, beispielsweise in Videos. Es wird versucht, die eigenen rechtsextremistischen Positionen mit einer rebellischen Attitüde zu transportieren, die auch Jugendliche ansprechen könnte, die bisher keinen Kontakt zu rechtsextremistischen Gruppierungen besaßen. Herauszuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die „Aktionsgruppe Dortmund West“ auch bereits konkret versucht hat, ihre Zielgruppe - nämlich männliche, junge, aktionsorientierte Deutsche – vor Dortmunder Schulen anzusprechen. Die „Aktionsgruppe Dortmund West“ agiert im Umfeld der Partei „Die Rechte“ in Dortmund, bei der es sich um eine Auffangstruktur der im Jahr 2012 durch das nordrhein-westfälische Innenministerium verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ handelt. Es ist davon auszugehen, dass es auch personelle Überschneidungen zwischen beiden Gruppierungen gibt, zumindest ist eine sehr enge Kooperation festzustellen. Es besteht die Möglichkeit, dass die „Aktionsgruppe Dortmund West“ durch ihr eher unvorbelastetes Image auch dazu genutzt wird, Jugendliche und junge Erwachsene an die Szene heranzuführen und diese langfristig an die Partei „Die Rechte“ zu binden. Letztlich handelt es sich bei der „Aktionsgruppe Dortmund West“ aber weder um eine Nachfolgebestrebung des „Nationalen Widerstand Dortmund“, noch ist die „Aktionsgruppe Dortmund West“ in ihrer Mitgliederzahl, ihrem Organisationsgrad, ihrem Aktionsniveau, der Zahl an Straftaten oder ihrer Bedeutung in der rechtsextremistischen Szene mit der verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ vergleichbar. 2. Welche Straftaten gingen im Jahr 2018 von Mitgliedern der „Aktionsgruppe Dortmund West“ nach Kenntnis der Landesregierung aus? (Bitte nach Delikt aufschlüsseln) Nach derzeitigen Erkenntnissen sind der „Aktionsgruppe Dortmund-West“ zehn Personen zuzurechnen. Für diese Personen wurde für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 eine manuelle Datenrecherche im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem durchgeführt. Die Auswertung ergab, dass sechs Personen an elf Delikten als Beschuldigte beteiligt waren (siehe Tabelle). Zu den jeweiligen Verfahrensausgängen liegen keine Erkenntnisse vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5920 3 Delikt Anzahl Entziehung elektrischer Energie 1 Straftat nach dem Kunsturheberrechtsgesetz 1 Warenbetrug 1 Vorsätzliche einfache Körperverletzung 1 Gefährliche Körperverletzung 3 Sonstige Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 1 Unbefugter Gebrauch von Mopeds und Krafträdern 1 Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 1 Nötigung 1 3. Sind nach Kenntnis der Landesregierung ehemalige Mitglieder der Vereinigung „Nationaler Widerstand Dortmund“ Mitglieder der Vereinigung „Aktionsgruppe Dortmund West“? Die der Landesregierung bekannten Mitglieder der „Aktionsgruppe Dortmund West“ waren nicht Adressaten der Verbotsverfügung und sind weit überwiegend auch erst in den Folgejahren szenerelevant in Erscheinung getreten. 4. In welchen Dortmunder Stadtteilen agiert die Vereinigung „Aktionsgruppe Dortmund West“ nach Kenntnis der Landesregierung überwiegend? Nach Aussage auf ihrer Homepage agiert die „Aktionsgruppe Dortmund West“ hauptsächlich in den Dortmunder Ortsteilen Huckarde, Mengede und Lütgendortmund. Darüber hinaus sind auch Aktionen in Westerfilde, Marten, Kirchlinde, Bodelschwingh, Bövinghausen, Nette und Rahm bekanntgeworden. 5. Unterhalten Mitglieder der Vereinigung „Aktionsgruppe Dortmund West“ nach Erkenntnissen der Landesregierung Verbindungen zu Mitgliedern der Vereinigungen „Blood & Honour“ oder „Combat 18“? Bei einzelnen Veranstaltungen der Partei „Die Rechte“ haben Mitglieder von „Blood & Honour Schweden“ oder „Combat 18“ und Mitglieder der „Aktionsgruppe Dortmund West“ teilgenommen. Nach Erkenntnissen der Landesregierung liegt aber keine strukturierte Zusammenarbeit vor.