LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5923 29.04.2019 Datum des Originals: 26.04.2019/Ausgegeben: 03.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2197 vom 25. März 2019 der Abgeordneten Johannes Remmel, Wibke Brems und Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5545 Restkohlebedarf für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath C (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach) Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die „Kommission Wachstum, Struktur und Beschäftigung“ (sog. „Kohlekommission“) hat in einem Abwägungsprozess unter Beteiligung eines breiten Spektrums gesellschaftlicher Organisationen am 26. Januar 2019 den Einstieg in den Ausstieg aus der Kohleverstromung in der Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagen und dabei eine fast einstimmige Kompromisslösung gefunden. Diese sieht vor, dass die Leistung der Ende 2020 noch im Markt befindlichen 18,1 GW Braunkohlekraftwerke (Seite 22 Kommissionsbericht) bis 2022 auf rund 15 GW reduziert werden sollen (Seite 62 Kommissionsbericht). In der Kommission gab es eine Verständigung, dass die Abschaltungen der Kraftwerke bis 2022 im Rheinischen Revier erfolgen sollen. Im Gegenzug dafür gab es auf intensives Drängen der NRW-Landesregierung die Zusage, dass es bei den geplanten 40 Mrd. € Strukturhilfen (davon laut Äußerungen des Ministerpräsidenten 15 Mrd. € für NRW) für das Revier mit frühzeitigeren Abschaltungen auch frühzeitig einen größeren Anteil am Plafond der Strukturhilfen geben soll (Seite 104 Kommissionsbericht). Damit müssten bis 2022 Braunkohle Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von rd. 3,1 GW im rheinischen Revier aus dem Markt genommen werden. Davon völlig unabhängig, und in den Berechnungen der Kommission berücksichtigt, sind die 2,7 GW Braunkohle, die zwischen dem 1.10.2016 und dem 1.10.2019 in Deutschland aus dem Markt genommen werden und für jeweils 4 Jahre vor ihrer endgültigen Stilllegung in die Sicherheitsbereitschaft gehen. Die beiden Blöcke Neurath C mit 300 MW und Jänschwalde E mit 500 MW sind die letzten Kraftwerksblöcke, die am 30.9.2023 aus der Sicherheitsbereitschaft ausscheiden (Seiten 24 und 25 des Kommissionsberichtes). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5923 2 Zwischen 2023 und 2030 sollen weitere 6 GW Braunkohlekraftwerke den Markt verlassen, so dass im Jahr 2030 in Deutschland noch 9 GW Braunkohlekraftwerke im Markt sind. Diese Reduktionen der Kraftwerkskapazitäten sollen möglichst stetig über die 8 Jahre erfolgen (Seite 63 Kommissionsbericht). „Im Jahre 2030 wäre dann der gesamte vor 1995 errichtete Bestand an Kohle-Kraftwerken aus dem Markt genommen. Im Bereich der Braunkohle-Verstromung würden damit jeweils etwa 3 GW Kraftwerkskapazitäten im Rheinischen, im Mitteldeutschen sowie im Lausitzer Revier verbleiben.“ (Stellungnahme 17/1199, S. 3). Für den Fall, dass eine einvernehmliche Lösung mit den Betreibern von Braunkohlekapazitäten nicht bis zum 30. Juni 2020 erfolgt ist, empfiehlt die Kommission eine ordnungsrechtliche Lösung mit Entschädigungszahlungen im Rahmen der rechtlichen Erfordernisse“ [...] “So wird aus Gründen der Versorgungssicherheit eine planbare Entwicklung sichergestellt.“ (Seite 64 Kommissionsbericht) Spätestens im Jahr 2038 soll die Stromgewinnung aus Braunkohle ein Ende finden, sofern nicht die Erreichung der Klimaziele einen früheren Ausstieg erforderlich macht. Während die Restlaufzeit des Kraftwerks Weisweiler, das dem Tagebau Inden zugeordnet wird, planmäßig 2030 endet und für die genaueren Stilllegungsplanungen außer Betracht bleibt, ist zu erwarten, dass die älteren und ineffizientesten Kraftwerksblöcke in den Abbaubereichen Hambach und Garzweiler zuerst vom Netz gehen werden. Der Block C des Braunkohlekraftwerks Neurath (292 MW), Baujahr 1973, Wirkungsgrad (elektrisch) ca. 34%, hat einen spezifischen Kohleverbrauch von 1,2 kg/kWh (oder umgerechnet 1,2 Mio. t/TWh). Auf der Basis der Stromproduktion in TWh/Jahr lt. Fraunhofer ISE Energy Charts in den Jahren 2014 bis 2018 (zwischen 1,96 und 2,27 TWh/a) errechnet sich ein durchschnittlicher Kohleverbrauch in diesem Zeitraum von 2,357 Mio. t, der Spitzenwert lag demnach bei 2,652 Mio. t. Der Kraftwerksblock Neurath C soll ab 1.10.2019 in die Sicherheitsreserve gehen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2197 mit Schreiben vom 26. April 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. In wieweit decken sich die zugrunde gelegten Stromproduktionsdaten der Fraunhofer ISE Energy Charts mit den Zahlen der Landesregierung? Blockscharfe Lastgänge und daraus ermittelte Stromproduktionsdaten werden vom Betreiber RWE Power AG nicht veröffentlicht und liegen der Landesregierung daher nicht vor. 2. In wieweit ist die Annahme zutreffend, dass auf der Basis des jährlichen Durchschnittskohleverbrauchs des Blocks Neurath C in den Jahren 2014-2018 insgesamt mit einem Restkohlebedarf von ca. 2,36 Mio. Tonnen Braunkohle für diesen Block bis Ende 2019 zu kalkulieren ist? 3. In wieweit ist die Annahme zutreffend, dass bei Zugrundelegung des Höchstwertes an jährlichem Kohleverbrauch im Zeitraum 2014 bis 2018 (2,652 Mio. t in 2015) bis Ende 2019 mit einem Restkohlebedarf von insgesamt ca. 2,65 Mio. t zu rechnen ist? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5923 3 Die Fragen 2 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die jährliche Kohlemenge für einen Kraftwerksblock wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Hierzu gehören unter anderem die installierte Leistung sowie der Wirkungsgrad des Kraftwerksblocks und seine Verfügbarkeit ebenso wie die Heizwerte der eingesetzten Kohlen sowie die Anzahl der Volllast- und Teillaststunden. Detaillierte Daten zum tatsächlichen Kohleverbrauch, die eine Ermittlung des jährlichen Durchschnittskohleverbrauchs ebenso wie eine Ermittlung des Höchstwertes des jährlichen Kohleverbrauchs für den Braunkohleblock Neurath B ermöglichen würden, liegen der Landesregierung nicht vor. Die mit den Fragestellungen verbundene rechnerische Kombination öffentlich zugänglicher Daten für den Kraftwerksblock mit allgemeinen Annahmen zum spezifische Kohleeinsatz für eine erzeugte Strommengeneinheit erscheinen zwar in der Größenordnung nicht unplausibel, können jedoch für eine verlässliche kraftwerksblockspezifische Ermittlung des tatsächlichen jährlichen Kohleverbrauchs kaum herangezogen werden. Auf dieser wenig verlässlichen Datenbasis werden gemäß den Fragestellungen Restkohlebedarfe bis Ende 2019 für den Kraftwerksblock Neurath C hochgerechnet, der ab 01.10.2019 in die vereinbarte Sicherheitsreserve überführt wird. Auch dieser Berechnung vermag die Landesregierung nicht zu folgen, da zum einen die Datenbasis – wie oben ausgeführt – wenig verlässlich ist und zudem nicht vorhersehbar ist, ob und in welchem Umfang von der bis 2023 laufenden Sicherheitsbereitschaft des Kraftwerksblockes Neurath C Gebrauch gemacht werden wird – mit entsprechenden Kohlebedarfen für die Erbringung dieser Leistung. Aus den genannten Gründen kann zum jetzigen Zeitpunkt keine seriöse Abschätzung der Restkohlemenge für den Block Neurath C vorgenommen werden. 4. Wie hoch war in dem genannten Fünfjahreszeitraum 2014 bis 2018 der durchschnittliche CO2-Ausstoß dieses Kraftwerksblocks? Die CO2-Berichterstattung der Kraftwerksbetreiber an die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Rahmen des europäischen Emissionshandels erfolgt nur standortspezifisch und nicht blockscharf. Daher liegen der Landesregierung keine blockspezifischen Angaben zu den tatsächlichen CO2-Emissionen vor.