LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/599 12.09.2017 Datum des Originals: 12.09.2017/Ausgegeben: 15.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 175 vom 8. August 2017 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/328 Warum bleibt die Landesregierung angesichts der Fipronil-Belastung von Eiern und eihaltigen Produkten untätig? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kürzlich wurde der Insektizid-Wirkstoff Fipronil in Eiern festgestellt, die hauptsächlich aus den Niederlanden und aus Belgien importiert wurden. Aber auch in Niedersachen ist das Fipronilhaltige Desinfektionsmittel „Dega 16“ zum Einsatz gekommen, womit auch Eier mit einer deutschen Kennung belastet sind. Aus Medienberichten ist bekannt, dass diese Eier auch in Nordrhein-Westfalen in Lebensmittelmärkten verkauft oder aber zur Herstellung anderer Lebensmittelprodukten verarbeitet worden sind. Fipronil wird in Pflanzenschutzmitteln und Mitteln gegen Parasiten eingesetzt. Eine Anwendung bei Tieren zur Lebensmittelproduktion ist nicht zulässig, da die Gefahr einer Schädigung des Nervensystems besteht. Es ist folglich davon auszugehen, dass das Insektizid Fipronil illegal bei Nutztieren zum Einsatz gekommen ist. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass bei Gehalten von bis zu 0,72 Milligramm Fipronil pro Kilogramm Hühnerei weder für Erwachsene noch für Kinder ein akutes gesundheitliches Risiko besteht. Da in Belgien aber auch Analyseergebnisse mit Werten von bis zu 1,2 Milligramm Fipronil pro Kilogramm Hühnerei nachgewiesen wurden, hält das BfR aufgrund der Höhe der Dosierung eine akute gesundheitliche Gefährdung für Kinder für möglich. Die Landesregierung erklärt in ihrer Stellungnahme am 01. August jedoch, dass kein gesundheitliches Risiko beim Verzehr der belasteten Eier besteht. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 175 mit Schreiben vom 12. September 2017 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/599 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung ist im Fipronil-Geschehen keineswegs untätig geblieben. Schon nach den ersten Informationen wurden unverzüglich die Überwachungsbehörden in Nordrhein- Westfalen tätig. Noch am Wochenende des 30.7.2017 hat das Ministerium eine Presseinformation zur Sachlage herausgegeben und in den darauffolgenden Tagen in Abstimmung mit den anderen Ländern und den Bundesbehörden das Geschehen intensiv bearbeitet. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen wurden jeweils umfassend informiert. Durch eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Lebensmittelwirtschaft konnte diese ihrer Eigenverantwortung nachkommen und für die Sicherheit der Lebensmittel sorgen. 1. Warum hat die Landesregierung die gesundheitliche Gefahr für Verbraucher*innen bestritten, wenn zeitgleich niederländische Behörden und auch das BfR angesichts der Höhe der Dosierung eine akute gesundheitliche Gefährdung feststellen? Die Landesregierung hat zu keinem Zeitpunkt gesundheitliche Gefahren für Verbraucherinnen und Verbraucher bestritten. Vielmehr wurde von Anfang an auf die umfassenden Stellungnahmen des Bundesinstitutes für Risikobewertung hingewiesen. Die nach Nordrhein- Westfalen gelieferten Eier wiesen zum Zeitpunkt der ersten Informationen Fipronilgehalte auf, die weit unterhalb der vom Bundesinstitut für Risikobewertung ermittelten akuten Referenzdosis (ARfD-Wert) lagen. Bei normalen Verzehrsbedingungen ist nach einhelliger Auffassung der Experten bei diesen Werten von keinen gesundheitlichen Risiken für alle Bevölkerungsgruppen, zu denen auch Kinder zählen, auszugehen. 2. Andere Bundesländer haben über das Portal Lebensmittelüberwachung.de neben Konsumeiern, auch Produkte zurückgerufen in denen mit Fipronil belastete Eier verarbeitet wurden, wie z.B. Salate. Nordrhein-Westfalen hat jedoch keine Produkte über das Portal zurück gerufen, lässt sich daraus schlussfolgern, dass in Nordrhein-Westfalen keine Produkte mit belasteten Eiern verkauft worden sind? Die Länder rufen über das Portal Lebensmittelwarnung keine Produkte zurück, vielmehr informieren sie auch über von der Wirtschaft auf freiwilliger Basis durchgeführte Rückrufe. Eine Meldung eines anderen Landes über Feinkostsalate verwies lediglich auf eine Rücknahme eines Unternehmens. Dieses Unternehmen hat dieses Produkt aus Vorsorgegründen vom Markt genommen. Bei dieser konkreten Meldung wurden den Behörden in Nordrhein- Westfalen keine Vertriebswege des Produktes nach Nordrhein-Westfalen bekannt, so dass es nicht notwendig war, sich dieser Meldung anzuschließen. 3. Auf den Verpackungen von eihaltigen Produkte ist nicht ersichtlich, aus welcher Haltung die hier verwendeten Eier stammen. Wie kann die Landesregierung trotzdem sicherstellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher über die Herkunft der in dem Produkt verarbeiteten Eier ausreichend informiert und vor mit Fipronil kontaminierten Produkten geschützt sind? Das Land Nordrhein-Westfalen hat außer der Kontrolle und Untersuchung von Eiern frühzeitig die Überwachung und Probenahme in Betrieben, die Eiprodukte zur Herstellung anderer Lebensmittel produzieren, angeordnet. Außerdem hat sich Nordrhein-Westfalen mit Nachdruck für ein bundesweites Überwachungsprogramm eingesetzt, in dessen Rahmen umfangreich eihaltige Lebensmittel untersucht werden. Zusätzlich werden die von der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/599 3 Wirtschaft im großen Umfang durchgeführten Eigenkontrollen und Untersuchungen im Rahmen der amtlichen Kontrollen durch die Behörden überprüft. Dies ist ein weiteres Element im Sicherungssystem. 4. Eine Herkunftskennzeichnung auch für verarbeitete Eier in Lebensmittel würde eine Rückverfolgung deutlich erleichtern. Beabsichtigt die Landesregierung sich vor diesem Hintergrund auf Bundesebene für eine Produktkennzeichnung für verarbeitete Lebensmittelprodukte einzusetzen? Die Rückverfolgbarkeit für verarbeitete Eier ist durch die Lebensmittelunternehmer voll umfänglich sicherzustellen. Dies kann durch die Behörden jederzeit kontrolliert werden. Im gesamten Geschehen gab es bisher keine Probleme mit der Rückverfolgbarkeit von Produkten. Eiproduktewerke sind nach EU-Recht zugelassene Betriebe. Die Produkte aus diesen Betrieben sind an dem EU-rechtlich vorgeschriebenen Identitätskennzeichen eindeutig identifizierbar und auch rückverfolgbar. Eine darüber hinausgehende Kennzeichnung der Herkunft für verarbeitete Eier in Lebensmittelprodukten aus Gründen des Verbraucherschutzes wird daher von der Landesregierung für nicht erforderlich gehalten. 5. Laut der medialen Berichterstattung, wussten belgische Behörden bereits seit Juni 2017 von den Belastungen und somit zwei Monate vor der öffentlichen Bekanntmachung. Wann und wie haben die Landesregierung sowie die für Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden von der Belastung von Eiern durch Fipronil erfahren? Am 20.7.2017 haben die belgischen Behörden die Informationsmeldung 2017/1065 „K2- Fipronil in Eiern unterschiedlicher Herkunft“ in das Schnellwarnsystem eingestellt. Diese Meldung wurde am 21.07.2017 an die Länder weitergeleitet. Dabei handelt es sich um eine so genannte Informationsmeldung, die über Sachverhalte in anderen Mitgliedstaaten informiert, ohne dass der eigene Mitgliedstaat direkt betroffen sein muss. Die belgischen Behörden haben in dieser Informationsmeldung mitgeteilt, dass bei unterschiedlichen Probenahmen in Belgien in Eiern Fipronil nachgewiesen worden ist. Es wird über das Produkt „DEGA-16“ informiert, dass nach den Erkenntnissen der belgischen Behörden zu diesem Zeitpunkt wohl auch in anderen Mitgliedstaaten, nämlich den Niederlanden, Frankreich, Italien, Deutschland und Polen vertrieben worden sei. Welche Chargen und in welchem Umfang diese Chargen von dem Fipronilgeschehen betroffen waren, konnten die belgischen Behörden nicht berichten. Die Behörden in Nordrhein-Westfalen haben darauf hin einen möglichen Einsatz von DEGA-16 in Legehennen-Betrieben mit überprüft. In Bezug auf Eier ergab sich aus dieser Informationsmeldung keine Handlungsnotwendigkeit in Nordrhein-Westfalen. Über den Vertrieb von Fipronil-belasteten Eiern nach Nordrhein-Westfalen wurde erstmals am 28. Juli 2017 unterrichtet. Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen wurden dazu unverzüglich eingeleitet und umgesetzt.