LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/5997 03.05.2019 Datum des Originals: 03.05.2019/Ausgegeben: 08.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2311 vom 2. April 2019 der Abgeordneten Nadja Lüders SPD Drucksache 17/5771 Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ende August als auch Anfang September 2018 kam es, in Folge eines Tötungsdeliktes im Rahmen des Chemnitzer Stadtfestes und einer Meldung, dass Migranten an dem Tötungsdelikt beteiligt gewesen seien, in Gänze an etwa zehn Tagen zu wiederkehrenden Aufzügen im Chemnitzer Stadtgebiet, die sich, insbesondere von der rechtspopulistischen/rechtsextremistischen Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“, vornehmlich gegen die „Überfremdung“ der Bundesrepublik, sowie die – in den Augen der Veranstalter – „nicht mögliche Integration“ von Migranten in die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland. Ausweislich verschiedener Medienberichte nahmen an den, teils unfriedlich, stattgefundenen Aufzügen neben Vertretern der bereits erwähnten Bürgerbewegung „pro Chemnitz“, Landtagsabgeordnete der AfD-Fraktionen aus Baden-Württemberg, Sachsen, Brandenburg und NRW, Pegida-Funktionäre, bekannte Mitglieder der vom Verfassungsschutz als Rechtsextrem eingestuften Parteien Der III. Weg und die Rechte, sowie bekannte Vertreter der Identitären Bewegung, sowie der Kameradschaften-Szene teil. Der Berliner Verfassungsschutz sah etwa durch in der - bis dato - eher ungewöhnlichen Zusammensetzung eines Aufzuges aus Rechtspopulisten und Mitgliedern offen rechtsextremer Gruppierungen „einen offenkundigen Schulterschluss“1. Auch aus Nordrhein-Westfalen nahmen neben den Mitgliedern der AfD-Fraktion Röckemann und Dr. Blex, die während des „Trauermarsches“ in Chemnitz zugegen waren, bekannte Neonazis an den vorstehend beschriebenen Aufzügen in Chemnitz teil. So nahmen etwa die 1 Katharina Fest, kommissarische Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes, gegenüber der Zeitung „Die Welt“ am 05.09.2018, https://www.welt.de/regionales/berlin/article181430914/Berliner-Neonazisdemonstrierten -in-Chemnitz-mit.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5997 2 bekannten Dortmunder Neonazis, im September vergangenen Jahres beide Bundesvorsitzende der Partei „Die Rechte“ , Michael Brück2 und Sascha Krolzig an einer von der Bürgerinitiative „Pro Chemnitz“ organisierten Kundgebung am 07.09.2018 in Chemnitz teil. Vor dem Hintergrund, dass es nach Einschätzung der Behörden anderer Bundesländer in Chemnitz zu einem offensichtlichen Schulterschluss zwischen Rechtspopulisten und Rechtsextremen, unter denen sich auch führende Mitglieder des Dortmunder Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“ befanden, kam, frage ich die Landesregierung: Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2311 mit Schreiben vom 3. Mai 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der rechtsextremen Kleinpartei „Der III. Weg“? Einige Akteure von „Die Rechte“ und „Der Dritte Weg“ pflegen Kontakte miteinander. Vor allem im Themenbereich „Kampfsport“ sind dem Verfassungsschutz Kooperationen zwischen Mitgliedern und Führungspersonen der beiden Parteien bekannt, wobei mutmaßlich kommerzielle Erwägungen im Vordergrund stehen. Vertreter beider Parteien unterhalten Verbindungen zu den gleichen ausländischen, rechtsextremistischen Gruppierungen und nehmen an deren Veranstaltungen teil. Im Übrigen grenzen sich die beiden neonazistischen Parteien „Die Rechte“ und „Der Dritte Weg“ in verschiedenster Art voneinander ab. Dies gilt zunächst in regionaler Hinsicht, auch wenn sich mittlerweile einige Landes- beziehungsweise Gebietsverbände der beiden Parteien überschneiden. Der Schwerpunkt der Partei „Die Rechte“ ist in Nordrhein-Westfalen und dem Süd- beziehungsweise Nordwesten Deutschlands zu sehen, während die Partei „Der Dritte Weg“ vor allem im Südosten und Osten beziehungsweise im mittleren Westen Deutschlands über Strukturen verfügt. Die beiden Parteien grenzen sich auch dadurch voneinander ab, dass sie das rechtsextremistische Personenspektrum mit konkurrierenden Veranstaltungen dazu zwingt, sich für die Teilnahme an jeweils einer der Veranstaltungen zu entscheiden. Als Beispiele können hier die jährlichen Demonstrationen zum 01. Mai angeführt werden, die im Jahr 2019 in Duisburg (Die Rechte) und in Plauen (Der Dritte Weg) stattfanden. Die gegenseitige Abgrenzung voneinander wird darüber hinaus auch immer wieder durch Redebeiträge oder in Artikeln im Internet verdeutlicht. So heißt es in einem Jahresrückblick der Partei „Die Rechte“: „Im Jahr 2018 ließ sich die eingeschlagene Entwicklung bei zwei radikal-rechten Parteien, DIE RECHTE und dem Dritten Weg, weiter beobachten, die inhaltlich sicher nah beieinander stehen, jedoch grundlegend andere Konzepte verfolgen, sowohl vom Aufbau ihrer Organisation als auch im Hinblick auf das öffentliche Auftreten.“ [https://die-rechte.net/allgemein/fazit-und-ausblick-das-jahr-ist-vorbei-wir-nehmen-kurs-auf- 2019/] Abgerufen am 24.04.2019 2 https://www.flickr.com/photos/korallenherz/43850585134/in/album-72157671067786137/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5997 3 In einem Interview der Partei „Der Dritte Weg“ aus dem Jahr 2016 wird auf die Frage, wie sich die Partei von „direkten Konkurrenten im Nationalen Widerstand (NW) – von NPD und Die Rechte“ abgrenze, wie folgt geantwortet: „Von anderen wird uns […] immer vorgeworfen, wir würden uns elitär und sektiererisch geben. Dem kann ich nur entgegnen, dass es durchaus sinnvoll ist, wenn man sein Wachstum nicht den Gesetzgebungen der Quantität, sondern eben der Qualität unterordnet. Auch bezüglich des Vorwurfs, wir wären sektiererisch, können wir nur den Kopf schütteln. Es gibt nun einmal Personen, die sich durch ihr Verhalten dauerhaft für den Nationalen Widerstand disqualifiziert haben. Man sollte hier nicht uns vorwerfen, dass wir solche Minusmenschen ausgrenzen, sondern eher dem NW an sich ankreiden, dass er offenbar nicht in der Lage ist, schädliche Charaktere auszugrenzen.“ [https://der-dritte-weg.info/2016/11/sdv-gespraech-mit-kai-zimmermann-ueber-die-partei-derdritte -weg/] Abgerufen am 24.04.2019 2. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der Alternative für Deutschland NRW? Dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind keine Verbindungen zu Vertretern des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Alternative für Deutschland bekannt. Auch hier hat es in der Vergangenheit Äußerungen gegeben, die auf eine Abgrenzung hindeuten. Einer der beiden Bundesvorsitzenden der Partei „Die Rechte“, Sascha Krolzig, hat in einem aktuellen Spiegel-Interview das Verhältnis zur AfD wie folgt beschrieben: „Die haben ganz gute Ansätze, was die Einwanderungspolitik angeht, aber wir sehen das konsequenter und radikaler." [http://www.spiegel.de/plus/wie-neonazis-in-dortmund-dorstfeld-ungestoert-leben-koennen-af 1605c43-d230-4ef7-a0db-c0448aa00c31] Abgerufen am 24.04.2019 3. Welche Verbindungen bestehen nach Kenntnis der Landesregierung zwischen dem Kreisverband der Partei „Die Rechte“ und dem Dortmunder Kreisverband der Alternative für Deutschland? Im Dezember 2018 ist der damalige Kreissprecher des AfD-Kreisverbands Dortmund bei einer Demonstration der Partei „Die Rechte“ in Dortmund als Redner aufgetreten. Einem daraufhin angestoßenen Parteiausschlussverfahren ist er nach Kenntnis des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen zuvorgekommen, indem er im Januar 2019 der Partei „Die Rechte“ beigetreten ist. Nach Angaben der Partei „Die Rechte“ im Internet sollen noch weitere „nationalkonservative AfDler“ der Partei „Die Rechte“ beigetreten sein. Hierzu liegen keine weiteren Erkenntnisse vor. 4. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der Jugendorganisation „Junge Alternative“? Dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen sind keine entsprechenden Verbindungen bekannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/5997 4 5. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der „Identitären Bewegung“? Eine rund 10 Personen umfassende Gruppierung firmierte bis 2014 unter dem Namen „Identitäre Bewegung Rheinland“ und unterhielt Verbindungen zum Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“. Die Bundesführung der „Identitären Bewegung“ (IB) missbilligte diese Kontakte zu neonazistischen Rechtsextremisten wie „Die Rechte“, woraufhin die Gruppierung sich mit der IB überwarf und seitdem als „Identitäre Aktion“ auftritt. Auf einem Schulungswochenende der Partei „Die Rechte“, das vom 15. bis 17. März 2019 stattfand, beschreibt der Dortmunder Ratsherr von „Die Rechte“ in seinem Vortrag das Verhältnis zur Identitären Bewegung als konkurrierend und ergänzend. In einem Online- Beitrag über den Vortrag heißt es: „Im Vortrag und der Diskussion wurde auch die Bedeutung der neurechten Opposition – insbesondere AfD und IB – thematisiert, wobei beide Gruppen momentan ihren Zenit erreicht zu haben scheinen und abzuwarten ist, in welche Richtung sich die Entwicklung nach einem relativ konstanten Aufstieg der letzten Jahre fortsetzt. Letztendlich muss die nationale Bewegung sich aber in erster Linie auf die eigenen Inhalte, die sie quasi der geöffneten Tür als nächste Stufe hinterherschiebt, konzentrieren und selbstbewusster Auftreten, gleichzeitig jedoch andere, rechte Strömungen nicht als Feind begreifen. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, gute Aktionen werden bestenfalls mit eigenen, guten Aktionen im Rahmen eines konstruktiven Wettstreites beantwortet und jede Energie, die auf ein gegeneinander zielt, ist verschwendet.“ [https://www.dortmundecho.org/2019/03/spannendes-schulungs-unddiskussionswochenende -im-ruhrgebiet/] Abgerufen am 24.04.2019