LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6118 07.05.2019 Datum des Originals: 07.05.2019/Ausgegeben: 10.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2269 vom 9. April 2019 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5717 Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den wiederholten Verstößen gegen Naturschutzrecht im Zuge der A3-Sanierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundesnaturschutzrecht hat die Aufgabe, sicherzustellen, dass unsere natürlichen Ressourcen und der Artenreichtum auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben. Auch im Zuge notwendiger Baumaßnahmen sind daher naturschutzrechtliche Vorgaben zu beachten. Durch die zuständigen Naturschutzbehörden ist darauf zu achten, dass diesen Vorgaben Folge geleistet wird und dass Verstöße entsprechend sanktioniert werden. Das gilt auch für die bei Bauvorhaben beauftragten Drittunternehmen. Im Zuge der Sanierung der A3 zwischen Hilden und Leverkusen-Opladen verstieß eine vom landeseigenen Betrieb Straßen.NRW beauftragte Baufirma wiederholt gegen geltendes Naturschutzrecht. Bei einem ersten Vorfall im Januar 2019 kam es zu umfangreichen Rodungen im Landschaftsschutzgebiet Viehbach/ Götsche/ Krüdersheide/ Graven/ Feldhaus/ Im Torfbruch, wo unter anderem eine auf der Roten Liste geführte und daher geschützte Orchideenart heimisch war. Bei einem zweiten Vorfall errichtete dieselbe Baufirma auf einer in Privateigentum stehenden Fläche im Landschaftsschutzgebiet Kaiserbusch/ Furth/ Hapelrath/ Galkhausen/ Reusrath/ Mittelheide ein Containerdorf. In einer Vorlage der Landesregierung zu den genannten Vorkommnissen (Vorlage 17/1798) wurde ausgeführt, dass eine umfassende Prüfung der einzelnen Sachverhalte erfolge. Hier heißt es, der Landesbetrieb Straßen.NRW „beabsichtige, alle Kosten, die im Zusammenhang mit den erfolgten Eingriffen entstehen, der zustandsstörenden Firma in Rechnung zu stellen“. Ob dies gelingt oder die Kompensation vom Landesbetrieb getragen werden muss, ist bislang offen. Weiter heißt es in der Vorlage, zusätzlich könne ein Ausschluss von der Teilhabe an zukünftigen Vergabeverfahren erfolgen, wenn ein Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- und arbeitsrechtliche LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6118 2 Verpflichtungen verstoßen hat. Dementsprechend erfolgt auch bei wiederholten Verstößen gegen Naturschutzrecht dieser Ausschluss nicht zwangsläufig. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2269 mit Schreiben vom 7. Mai 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Naturund Verbraucherschutz beantwortet. 1. Führt Straßen.NRW eine Art Negativ-Register, in dem Unternehmen gelistet sind, die durch Verstöße gegen umwelt-, sozial- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen auffällig geworden sind? Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen führt kein derartiges Register. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 2. Inwiefern beabsichtigt die Landesregierung den Landesbetrieb Straßen.NRW anzuweisen, zukünftige Verträge dahingehend auszugestalten, dass eine lückenlose Haftung von Drittunternehmen für durch derartige Verstöße gegen Umwelt- und Naturschutzauflagen verursachte Schäden gewährleistet ist? Die Landesregierung hat die Prüfungen der benannten Vorfälle an der A 3 sowie die Abstimmungen und Umsetzungen der Handlungsmöglichkeiten zur Behebung der erfolgten Eingriffe noch nicht abgeschlossen. Bevor dies nicht erfolgt ist, sieht die Landesregierung keine Veranlassung, auf die grundsätzliche Ausgestaltung der Verträge des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen mit Bauunternehmen Einfluss zu nehmen. Dies bleibt dann zu prüfen. 3. Welche konkreten Schritte wurden bisher seitens der Landesregierung unternommen, um alle Kosten, die im Zusammenhang mit den erfolgten Eingriffen entstanden sind, der zustandsstörenden Firma in Rechnung zu stellen? Konkretes Ziel der laufenden Abstimmungen in der Landesregierung ist es, die Waldflächen und die Brachflächenbereiche jeweils in ihrer Funktion vollständig wiederherzustellen. Erste Maßnahmen wurden bereits Ende Februar eingeleitet. Gleichzeitig erfolgt auf Landesregierungsebene eine Zusammenstellung der nach derzeitigem Stand zu erwartenden Kosten für Leistungen auch von Seiten Dritter. Dies soll ein wesentlicher Teil der Anspruchsgrundlage für Forderungen gegen die zustandsstörende Bauunternehmung werden. 4. Beabsichtigt die zuständige Naturschutzbehörde, rechtliche Schritte gegen den privaten Eigentümer der Fläche Kaiserbusch aufgrund der Vermietung des ihm gehörenden Landschaftsschutzgebietes an die Baufirma einzuleiten? Die untere Naturschutzbehörde des Kreises Mettmann beabsichtigt nicht, gegen den privaten Eigentümer der Fläche Kaiserbusch rechtlich vorzugehen. Ordnungsrechtlich hat sich der Fall durch Inanspruchnahme der bauausführenden Firma erledigt. Diese hat die Container zwischenzeitlich absprachegemäß mit der Stadt Langenfeld wieder beseitigt. Die Container waren innerhalb des Landschaftsschutzgebietes auf einer Wiesenfläche abgestellt worden; nach fachlicher Bewertung durch die untere Naturschutzbehörde des Kreises Mettmann ist es LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6118 3 durch diese temporäre Maßnahme zu keiner nachhaltigen Beeinträchtigung von Natur und Landschaft gekommen. 5. In der Vorlage 17/1798 konnte zum damaligen Zeitpunkt noch keine abschließende Aussage über die Untersuchung der Vorfälle getroffen werden. Wann rechnet die Landesregierung mit der abschließenden Beurteilung über eine weitere Beschäftigung der Baufirma? Grundsätzlich stellt die Landesregierung fest, dass bei neuen Ausschreibungen ein öffentlicher Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen kann, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat (s. § 6e EU Abs. 6 VOB/A). Ein Ausschluss kann, obwohl ein Ausschlussgrund nach § 6e EU VOB/A vorliegt, aufgrund von Selbstreinigungsmaßnahmen des Unternehmens nicht mehr in Frage kommen (s. § 6f EU VOB/A). Der öffentliche Auftraggeber hat die von dem Unternehmen ergriffenen Selbstreinigungsmaßnahmen zu bewerten. Erst wenn ein Unternehmen keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen ergreift, darf es vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden (s. § 6f EU Abs. 3 VOB/A). Dies erfordert eine umfassende Prüfung der einzelnen Sachverhalte. Als zu bewertende Selbstreinigungsmaßnahmen in diesem Zusammenhang sind alle Maßnahmen zu verstehen, die zum Ausgleich eines Schadens unternommen werden, die die aktive Mitwirkung bei der Aufklärung von Sachverhalten beinhalten sowie alle qualitätssichernden Maßnahmen zur Vermeidung zukünftigen Fehlverhaltens. Der hier konkret vorliegende Vorgang ist noch nicht abgeschlossen, daher kann zurzeit keine abschließende Beurteilung über die weitere Beschäftigung abgegeben werden. Eine belastbare Zeitangabe für den Abschluss des Verfahrens kann derzeit nicht gegeben werden.