LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6130 08.05.2019 Datum des Originals: 08.05.2019/Ausgegeben: 13.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2359 vom 11. April 2019 der Abgeordneten Nadja Lüders SPD Drucksache 17/5822 Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zur rechtsextremen Szene im europäischen Ausland? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einem Artikel der Online Plattform „Watson“1 vom 11.02.2019 - welcher sich auf Berichte des „Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus“ bezieht - nahmen hunderte deutsche Neonazis in Budapest am 09.02.2019 am „Tag der Ehre“ teil. Im Zusammenhang mit dem seit 1997 begangenen „Tag der Ehre“ gedenken europäische Neonazis der Belagerung Budapests durch die „Rote Armee“ samt eines Ausbruchsversuchs2 der Wehrmacht mit ihren, ebenfalls faschistischen, ungarischen Verbündeten Mitte Februar 1945. Unter den Teilnehmern des diesjährigen Aufzuges befanden sich, neben Teilnehmern aus Osteuropa, Italien und Schweden, auch augenscheinlich deutsche Vertreter der rechtsextrem Parteien „der III. Weg“ und „Die Rechte“. Neben der bloßen Teilnahme an der Versammlung hielt der Dortmunder Neonazi Matthias Deyda, unter anderem Kandidat des Dortmunder Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“ bei der letzten Landtagswahl, eine Rede, in der er nicht nur unterstellte, dass Adolf Hitler der bekannteste und größte Staatsmann der deutschen Geschichte gewesen sei, sondern die er auch mit einem Originalzitat Hitlers aus dem Jahre 1 „Deutsche Neonazis marschierten in Ungarn auf – die rechte Szene ist europaweit vernetzt“, watson.de – Felix Huesmann, 11.02.2019, https://www.watson.de/international/rechtsextremismus/576970279-tag-der-ehre-in-budapesthunderte -deutsche-rechtsextreme-marschierten-mit 2 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Budapest LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6130 2 19363 unverhohlen antisemitisch beendete. Ein Mitschnitt der Rede des Dortmunder Neonazis Deyda, mit besagten Zitaten, vom 09.02.2019 ist videografisch4 festgehalten. Vor dem Hintergrund, dass Dortmunder Neonazis auf einer im europäischen Ausland stattfindenden Neonazi Gedenkveranstaltung die Gelegenheit bekommen, öffentlich eine offen antisemitische Rede zu halten, frage ich die Landesregierung: Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2359 mit Schreiben vom 8. Mai 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der Neonaziszene in Ungarn? Der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ unterhält seit mehreren Jahren Kontakte zur rechtsextremistischen Szene in Ungarn. Bereits mehrfach haben Szeneangehörige aus Dortmund den jährlich veranstalteten „Tag der Ehre“ besucht. Auch Szeneangehörige aus Ungarn haben an Veranstaltungen des Kreisverbands Dortmund der Partei „Die Rechte“ teilgenommen. Herauszuheben ist hier die Demonstration „Europa Erwache“ am 14.04.2018 in Dortmund, an der eine größere Gruppe aus Ungarn teilgenommen hat. Zudem hielt auch ein ungarischer Rechtsextremist einen Redebeitrag. 2. War den nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden im Vorfeld eine Teilnahme Dortmunder Neonazis am „Tag der Ehre“ in Budapest am 09.02.2019 bekannt? Aufgrund der seit mehreren Jahren bestehenden Kontakte zur rechtsextremistischen Szene in Ungarn, war von einer Teilnahme auszugehen. 3. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der Neonaziszene in Italien? Italienische Rechtsextremisten sind nach Einschätzung des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes ebenfalls Teil eines europäischen Netzwerks rechtsextremistischer Gruppierungen. In diesem Kontext bestehen auch Kontakte zur Partei „Die Rechte“ in Dortmund. Darüber hinaus ist bekannt, dass es Verbindungen innerhalb der Kampfsport-Szene nach Italien gibt. 3 Universität Heidelberg - „Hitlers Reden an die Politischen Leiter – Zusammenstellung nach Themenkreisen“ S. 259, http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/4903/5/Teil_5.pdf 4 https://www.youtube.com/watch?v=MyOUQquZVg0, Ab Minute 0:43 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6130 3 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Teilnehmer aus dem Bereich der Vereinigung „Blood & Honour“ Nordrhein-Westfalen am „Tag der Ehre“ in Budapest 2019 vor? Das Bundesinnenministerium hat im Jahr 2000 die Gruppierung „Blood & Honour Division Deutschland“ verboten. Allerdings gehört derzeit eine einstellige Anzahl von Rechtsextremisten aus Nordrhein-Westfalen der Gruppierung „Blood & Honour Schweden“ an. Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz sind keine in Nordrhein-Westfalen lebenden Teilnehmer am „Tag der Ehre“ in Budapest 2019 aus dem Umfeld der Gruppierung „Blood & Honour Schweden“ bekannt. 5. Welche Verbindungen unterhält der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte“ zu Vertretern der Neonaziszene im übrigen europäischen Ausland? (Bitte nach EU-Mitgliedsstaat aufschlüsseln) Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz beobachtet bereits seit mehreren Jahren eine steigende Vernetzung zwischen verschiedenen rechtsextremistischen Gruppierungen in Europa. Hierzu zählt, dass die Gruppierungen sich regelmäßig gegenseitig besuchen und sie dann zumeist gemeinsam an öffentlichen Demonstrationen im jeweiligen Gastland teilnehmen. Darüber hinaus wurden mittlerweile verschiedene interne Veranstaltungen auf europäischer Basis etabliert, die in verschiedenen Zeitintervallen und in wechselnden Gastgeberländern stattfinden. Hierzu zählt auch die Kampagne „Gemeinsam für Europa“, im Rahmen derer am 04.11.2017 ein internationaler Kongress von Mitgliedern der Partei „Die Rechte“ aus Dortmund durchgeführt wurde. An diesem nahmen Rechtsextremisten aus Bulgarien, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Russland und Ungarn teil. Den Abschluss fand die Kampagne für das Gastgeberland Deutschland mit der Demonstration „Europa Erwache“ am 14.04.2018. Als nächstes Gastgeberland wurde am gleichen Tag Bulgarien verkündet. Dort fanden vom 20. bis zum 21.04.2019 in Sofia nicht nur entsprechende Veranstaltungen statt, sondern es wurde auch das offizielle Bündnis „Festung Europa“ gegründet. Alle daran beteiligten Gruppierungen verfolgen das gemeinsame Ziel, ein „Europa der Vaterländer“, also von der Europäischen Union unabhängige Nationalstaaten, zu erreichen. Dies trifft auch auf die Partei „Die Rechte“ zu, die selbst einen Vertreter, erstmals als „Auslandsbeauftragten“ betitelt, zu der Veranstaltung entsandt hat. In diesem Kontext sind Kontakte zu Gruppierungen oder engere persönliche Kontakte zu Rechtsextremisten in folgenden EU-Mitgliedsstaaten bekannt: Belgien Bulgarien Estland Finnland Frankreich Griechenland Italien Kroatien Lettland Niederlande Österreich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6130 4 Polen Rumänien Schweden Spanien Tschechische Republik Neben den Kontakten zu Rechtsextremisten in den genannten EU-Mitgliedsstaaten sind hier außerdem wechselseitige Verbindungen zu Rechtsextremisten aus Norwegen, der Schweiz, der Ukraine und Russland bekannt.