LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6139 08.05.2019 Datum des Originals: 08.05.2019/Ausgegeben: 13.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2264 vom 9. April 2019 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD Drucksache 17/5707 Wie steht es um die Freiheit der Lehre an Hochschulen in NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den USA kämpfen studentische Aktivisten gegen „Mikroaggressionen“ an den Hochschulen des Landes. Gemeint sind alltägliche Äußerungen, die der „political correctness“ widersprechen. Damit wird die Diskursfreiheit über das, was in akademischen Lehrveranstaltungen als sagbar und gesellschaftlich zulässig betrachtet wird, zunehmend eingeschränkt. US-amerikanische Professoren und Dozenten bekunden bereits zu Beginn ihrer Veranstaltungen, von der Behandlung heikler Themen besser Abstand nehmen zu wollen. In einer Resolution zum Thema „Political Correctness“ machte der Deutsche Hochschulverband 2017 auf eine Entwicklung in Deutschland aufmerksam, in der er „alarmierende Anzeichen“ dafür ausmachte, dass die Debatten- und Streitkultur an den Hochschulen bedroht sei. „Problematisch ist, dass Political Correctness zunehmend ausgrenzend und latent aggressiv instrumentalisiert wird, verbunden mit der Attitüde, aus einer moralisch unangreifbaren Position heraus zu argumentieren“, heißt es in der Erklärung1. Gegen den zunehmenden Konformitätszwang, der auf Wissenschaftler ausgeübt wird, weist der Deutsche Hochschulverband auf Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes hin, nach dem die „Freiheit von Lehre lediglich an die Treue zur Verfassung“ gebunden sei und darüber hinausgehende Denk- oder Sprechverbote ausdrücklich ausgeschlossen seien. Dieses Grundrecht steht freilich in einem gewissen Spannungsverhältnis zur Neutralitätspflicht nach § 33 Beamtenstatusgesetz, so dass im Regelfall eine Güterabwägung vorgenommen werden muss. 1https://www.hochschulverband.de/fileadmin/redaktion/download/pdf/resolutionen/ResolutionPoliticalC orrectness-Endfassung.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6139 2 Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 2264 mit Schreiben vom 8. Mai 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Disziplinarverfahren sind seit 2015 an den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen wegen Verstößen gegen § 33 und § 34 des „Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG)“ eröffnet worden (bitte nach Paragraph, Jahr und Hochschule aufschlüsseln)? 2. Wie viele davon endeten mit einer Geldbuße, der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis oder einem Vergleich? 3. Wie viele Disziplinarverfahren laufen derzeit noch? (Bitte benennen Sie die betroffenen Hochschulen)? Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Dem Ministerium liegen keine vollständigen Erkenntnisse zu den an Hochschulen durchgeführten Disziplinarverfahren vor. 1. Disziplinarverfahren werden von den dienstvorgesetzten Stellen eingeleitet. Für diese besteht die Pflicht, die höhere dienstvorgesetzte Stelle über die Einleitung von Disziplinarverfahren zu informieren (vgl. § 17 Absatz 1 Disziplinargesetz). Die zuständigen Stellen für die Beamtinnen und Beamten der staatlichen Fachhochschulen und Universitäten sind folgende: a. Dienstvorgesetzte Stelle der Professorinnen und Professoren, der Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, der Dekaninnen und der Dekane, der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Lehrkräfte für besondere Aufgaben, der wissenschaftlichen Hilfskräfte und der Beamtinnen und Beamten gemäß § 78 Absatz 1 und 3 Hochschulgesetz ist die Rektorin oder der Rektor (§ 33 Absatz 3 Satz 2 Hochschulgesetz). Dienstvorgesetzte Stelle anderer als der in § 33 Absatz 3 Satz 2 Hochschulgesetz genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Kanzlerin oder der Kanzler. Die höhere dienstvorgesetzte Stelle für die vorgenannten Beamtinnen und Beamten sind die Rektorate. Das Ministerium hat mit Erlass vom 21.04.2015 von der Möglichkeit gemäß § 33 Absatz 2 Satz 3, 2. Halbsatz Hochschulgesetz Gebrauch gemacht, die Befugnisse der Obersten Dienstbehörde, die im Rahmen der Disziplinarverfahren bestehen, auf die Rektorate der Hochschulen zu übertragen. Der Erlass vom 21.04.2015 liegt als Anlage bei. Da, wie dargestellt, die Disziplinarverfahren für o.g. Beamtinnen und Beamten an den Hochschulen durchgeführt werden, liegen im Ministerium keine vollständigen Erkenntnisse zu diesen vor. Eine Abfrage bei den Hochschulen ist in der für die Kleine Anfrage gesetzten Frist nicht möglich. b. Gegen Rektorinnen und Rektoren sowie Kanzlerinnen und Kanzler wurden im Zeitraum 01.01.2015 bis 11.04.2019 keine Disziplinarverfahren wegen Verstößen gegen § 33 und § 34 Beamtenstatusgesetz eingeleitet. Diese Information liegt im Ministerium vor, da das Ministerium die Befugnisse der Obersten Dienstbehörde, die im Rahmen der Disziplinarverfahren bestehen, insoweit nicht übertragen hat. Mit Erlass vom 21.04.2015 hat das Ministerium lediglich die Zuständigkeiten und Befugnisse der dienstvorgesetzten Stelle der hauptberuflichen Rektoratsmitglieder auf die Vorsitzenden der Hochschulräte übertragen (vgl. auch § 33 Absatz 3 Satz 1 Hochschulgesetz). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6139 3 2. Gegen Beamtinnen und Beamte der Kunst- und Musikhochschulen wurden im Zeitraum 01.01.2015 bis 11.04.2019 keine Disziplinarverfahren wegen Verstößen gegen § 33 Beamtenstatusgesetz eingeleitet; drei Disziplinarverfahren wurden eingeleitet, die unter § 34 Beamtenstatusgesetz fallen. Diese Information liegt im Ministerium vor, da das Ministerium Oberste Dienstbehörde im Sinne des § 17 Absatz 1 Landesdisziplinargesetz ist. Nach § 27 Kunsthochschulgesetz ist die dienstvorgesetzte Stelle der Rektorinnen und Rektoren sowie der Kanzlerinnen und Kanzler das Ministerium; dienstvorgesetzte Stelle der Professorinnen und Professoren, der Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, der Mitglieder der Fachbereichsleitung, der künstlerischen und wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Lehrkräfte für besondere Aufgaben und der wissenschaftlichen Hilfskräfte ist die Rektorin oder der Rektor; dienstvorgesetzte Stelle anderer als der in § 27 Satz 2 Kunsthochschulgesetz genannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Kanzlerin oder der Kanzler.