LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6215 10.05.2019 Datum des Originals: 08.05.2019/Ausgegeben: 15.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2240 vom 4. April 2019 des Abgeordneten Frank Börner SPD Drucksache 17/5673 Wie bewertet die Landesregierung die wirtschaftliche Bedeutung des Steinkohlekraftwerksstandortes Duisburg? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am Steinkohlekraftwerksstandort Duisburg-Walsum werden derzeit zwei Steinkohlekraftwerksblöcke mit einer elektrischen Leistung von zusammen 1095 MW und einer KWK-Wärmeleistung von zusammen 290 MW betrieben. Mit dem Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (umgangssprachlich „Kohlekommission“) sind auch weitergehende Fragen zur Zukunft der Steinkohlekraftwerksstandorte aufgetreten. Mit dem Abbau von Kraftwerkskapazitäten soll die Steinkohleverstromung einen vergleichbaren Anteil zum Ausstieg aus der Kohleverstromung leisten wie die öffentlich stärker beachtete Braunkohleverstromung. Im Unterschied zur Situation der Braunkohlestandorte (Braunkohlekraftwerke unter Einbeziehung der Förderreviere) wird die Situation der Steinkohlekraftwerksstandorte im Abschlussbericht aber nur sehr zurückhaltend thematisiert. Insbesondere finden sich (abgesehen von der Perspektive auf den teilweisen Ersatz durch Gaskraftwerke am gleichen Standort) keine Vorschläge für konkrete Strukturwandelmaßnahmen an diesen Standorten. Ebenso bleibt die finanzielle Ausstattung für etwaige Strukturhilfen an den Steinkohlekraftwerksstandorten unklar. Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Bodo Löttgen, sprach in diesem Zusammenhang in der Plenardebatte am 20.02.2019 von noch zu verteilenden Sondermitteln, die in keiner Konkurrenz zu den für die Braunkohlestandorte vorgesehenen Mitteln stünden. Diese Position findet sich auch im Entschließungsantrag von CDU und FDP (17/5179). Hier heißt es wörtlich: „(…) Standorte von Steinkohlekraftwerken erhalten bei besonderer Betroffenheit eigene, von den Mitteln für Braunkohlereviere unabhängige, Strukturmittel. (…)“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6215 2 Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2240 mit Schreiben vom 8. Mai 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. 1. Welche über die Energieumwandlung hinausgehenden verbundwirtschaftlichen Beziehungen bestehen am Steinkohlekraftwerksstandort Duisburg (Nutzung von Druckluft und Prozessdampf im Umfeld am Industriestandort, Nutzung von KWK- Wärme in der Fernwärme, Nutzung und Vermarktung von Kraftwerksnebenprodukten)? Das Heizkraftwerk Walsum der STEAG GmbH erzeugt aktuell mit einer installierten Leistung von 370 MW elektrisch in Block 9 und 725 MW elektrisch in Block 10 Strom aus Steinkohle. Zusätzlich zur Stromerzeugung wird am Standort Walsum Wärme für die Fernwärme in Kraft- Wärme-Kopplung (KWK) mit einer Fernwärmeleistung von bis zu 200 MJ/s in Block 9 und bis zu 90 MJ/s in Block 10 erzeugt. Die Wärme wird über eine Wärmetauscherstation am Standort in die Fernwärmeverbundschiene Niederrhein eingespeist. Bis zur Stilllegung der benachbarten Papierfabrik wurde zusätzlich Prozessdampf erzeugt. Zusätzlich werden am Standort zertifizierte Kraftwerksnebenprodukte wie Flugasche und REA-Gips produziert. 2. Wie beurteilt die Landesregierung vor diesem Hintergrund die im Kommissionsbericht enthaltene Empfehlung, Strukturhilfen für Steinkohlekraftwerksstandorte von einem Anteil von 0,9 Prozent der regionalen Wertschöpfung abhängig zu machen? Die Landesregierung begrüßt den Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ nicht zuletzt auch deshalb, weil die Kommission die Forderung der Landesregierung aufgegriffen hat, dass auch die von einem schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffenen Steinkohlekraftwerksstandorte ebenfalls Strukturhilfen erhalten sollen. Die Kommission empfiehlt, Strukturhilfen zu leisten, wenn der Anteil der Steinkohlewirtschaft an der regionalen Wertschöpfung von erheblicher Relevanz ist. Aktuell berät die Bundesregierung darüber, ab welchem Anteil der Steinkohlewirtschaft an der regionalen Wertschöpfung diese von erheblicher Relevanz ist. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat als Orientierungsmaßstab einen Anteil von 0,9% genannt. Hintergrund dieser Empfehlung ist, dass das Mitteldeutsche Braunkohlenrevier mit 0,9% den geringsten Anteil der Braunkohlewirtschaft an der regionalen Wertschöpfung der betroffenen Braunkohlereviere aufweist. Laut einer RWI-Untersuchung ist bezogen auf das Jahr 2016 der Kreis Unna mit einem Anteil der Steinkohlenwirtschaft von 1,39% an der gesamten Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen am stärksten betroffen ist. Es folgen die Stadt Hamm mit einem Anteil der Steinkohlenwirtschaft an der Wertschöpfung von 0,97% und die Stadt Herne mit einem Anteil von 0,8%. Ziel der Landesregierung bei den Verhandlungen in Berlin ist, dass möglichst viele Steinkohlekraftwerksstandorte in Nordrhein-Westfalen von den Strukturhilfen des Bundes profitieren können, wenn sie von dem Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffen sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6215 3 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu am Standort Duisburg geplanten Maßnahmen der Folgenutzung des Steinkohlekraftwerksstandortes vor, insbesondere mit Blick auf die von Minister Prof. Dr. Pinkwart öffentlich in Aussicht gestellte Umrüstung solcher Standorte auf den Energieträger Erdgas? Am Steinkohlekraftwerksstandort Duisburg-Walsum sollen nach Informationen der STEAG bestehende Kraftwerksanlagen nicht auf Erdgas umgerüstet werden. Derzeit wird insbesondere auch mit Blick auf die geplante neue Fernwärmeschiene Rhein Ruhr (FWSRR) geprüft, ob die Errichtung eines neuen Gas- und Dampfkraftwerks (GuD) am Standort umsetzbar ist. Hierzu werden sowohl die Standortgegebenheiten als auch die Verfügbarkeit bzw. Zugänglichkeit zu einer entsprechenden leistungsfähigen Erdgasversorgung begutachtet. Welche Steinkohlekraftwerke zu welchem Zeitpunkt vom Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffen sein werden und vollständig stillgelegt werden, ist derzeit nicht absehbar. Dies ist eine unternehmerische Entscheidung, die auf Grundlage der von der Bundesregierung mit den Kraftwerksbetreibern zu führenden Verhandlungen aufsetzt. Insofern liegen der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine Erkenntnisse über mögliche Folgenutzungen der einzelnen Kraftwerksstandorte vor. 4. Können auch die Kosten der für eine Umrüstung auf Erdgas erforderlichen Erdgas-Versorgungsinfrastruktur, soweit nicht vorhanden, Bestandteil dieser Strukturhilfen sein? Für welche Maßnahmen die Strukturhilfen für die betroffenen Steinkohlekraftwerksstandorte im Einzelnen zur Verfügung stehen werden, ist Gegenstand der derzeitigen Beratungen mit der Bundesregierung. 5. In welcher Höhe bzw. Dimension bewegen sich die von Herrn Löttgen erwähnten Sondermittel nach Wissensstand der Landesregierung und nach welchem Verteilschlüssel würde der Standort Duisburg daran partizipieren können? Im Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ heißt es, dass für die Strukturhilfen an betroffenen Steinkohlestandorten „zusätzliche Mittel“ bereitgestellt werden sollen. Sowohl die Höhe der Sondermittel für die Steinkohlekraftwerksstandorte als auch deren Verteilschlüssel sind Gegenstand der derzeitigen Beratungen der Bundesregierung. Die Landesregierung setzt sich für ein angemessenes Budget und einen fairen Verteilschlüssel ein. d einen fairen Verteilschlüssel ein.